Projekt „Foto Sárdi“

Archiv des einst wichtigsten Fotostudios in Klausenburg wiederbelebt

Der Verein Renascendis betreibt über die Fotoarchiv-Plattform (Platforma Arhiva de Fotografie) das Projekt „Foto Sárdi“, das sich der Wiederherstellung, Erforschung und wissenschaftlichen Nutzung des Archivs des gleichnamigen Fotostudios widmet, das von Sárdi Elemér zwischen 1936 und 1959 in Klausenburg/Cluj-Napoca betrieben wurde.

Ziel des monografischen Projekts ist es, den gesamten Bestand an Klischees und zugehörigen Dokumentationsmaterialien des in Klausenburg ansässigen Fotografen Sárdi Elemér in den Sammlungen des Fotoarchivs zu digitalisieren, zu dokumentieren und online zu veröffentlichen.  Ausgangspunkt des Projekts war die Entdeckung einer einzigartigen dokumentarischen Ressource: ein Fundus von rund 4000 fotografischen Klischees, die in der Werkstatt „Foto Sárdi“ entstanden sind, davon über 1250 Porträts, die Mitglieder der jüdischen Gemeinschaft verewigen.

Die Bilder sind Reproduktionen nach den ursprünglichen fotografischen Klischees auf Glas und Zelluloid, die vom Renascendis-Verein über die von ihm verwaltete Fotoarchiv-Plattform aus dem Archiv der Fotowerkstatt von Sárdi wiedergewonnen wurden.

Es handelt sich dabei um das größte und wichtigste aktuelle Projekt dieser Art in Rumänien. Seine Einzigartigkeit liegt in der Tatsache, dass im Gegensatz zu anderen Fällen die meisten Porträts von „Foto Sárdi“ identifizierbar und leicht zu datieren sind. Obwohl nur ein Teil des Studioarchivs erhalten geblieben ist, sind die restlichen Klischees erfreulicherweise in ihren Original-Archivumschlägen mit den Notizen des Fotografen (Auftragsnummer und Name des Kunden oder Sujets) aufbewahrt worden.

Ein begnadeter Glamour-Fotograf

Sárdi Elemér (1907-1981) war der geschätzteste und gefragteste Fotograf in Klausenburg in den späten 1930er und frühen 1940er Jahren. Als ausgezeichneter Porträt-Fotograf wurde Sárdi immer wieder beauftragt, weltliche Ereignisse für die Nachwelt festzuhalten, wobei seine Bilder häufig in der lokalen Presse veröffentlicht wurden. Bekannt in Klausenburg und sogar in Budapest als Fotograf der damaligen Promis, stellte sich Sárdi oft als „Fotograf der schönen Frauen“ vor. Ein großer Teil der Klausenburger Einwohner betrat die Werkstatt „Foto Sárdi“. 

Zu seinem Portfolio gehören neben Bildern aus der Klausenburger Gesellschaft auch Produktfotografie für Werbung oder Fotografie von Kunstobjekten.

Das Genre, in dem sich Sárdi auszeichnet, ist zweifellos die Glamour-Fotografie, die er in seiner Werkstatt mit großem Erfolg praktiziert und es schafft, diese in den 1920er Jahren in Hollywood entstandene und entwickelte Bildkunst für seine Kunden anzupassen, mit dem Ziel, filmische Schöpfungen und Kinostars zu fördern. Über den Klausenburger Alltag hinaus fotografierte Sárdi auch viele Stars des ungarischen Kinos, denn ab 1942 begann er eine Zusammenarbeit mit dem ungarischen Fotografen Viktor Csiszar und eröffnete eine zweite Werkstatt in Budapest. Zwischen 1942 und 1944 sollte „Csiszar és Sárdi“ zum Synonym für die offizielle Porträtmalerei ungarischer Filmstars werden.
Plötzlicher Karriereeinbruch

Die Zusammenarbeit zwischen den beiden endete 1945 abrupt durch einen Skandal, der durch finanzielle Probleme und die falsche Anschuldigung Sárdis, er habe mit dem faschistischen Regime bei der Judenverfolgung zusammengearbeitet, ausgelöst wurde. Sárdi kehrt dauerhaft nach Klausenburg zurück und wird von den falschen Anschuldigungen freigesprochen. Sárdi widmet sich voll und ganz der hier ansässigen Werkstatt und arbeitet bis 1959 alleine weiter, als er sich aufgrund gesundheitlicher Probleme, die sein Sehvermögen beeinträchtigt hatten, aber auch der kommunistischen Behörden, dazu entschließt, der örtlichen Genossenschaft beizutreten. Krankheitsbedingt gibt Sárdi nach und nach den Beruf auf, der ihn berühmt gemacht hat, pflegt aber bis zu seinem Tod im Jahr 1981 gute Beziehungen zu seinen ehemaligen Kunden.

Archiv für den Klausenburger Zeitgeist

Das Archiv „Foto Sárdi“ verewigt den Zeitgeist der damaligen Klausenburger Gesellschaft und spiegelt die soziale Struktur der Stadt wider. Sárdis Fotos von Ungarn, Rumänen, Juden und Deutschen sind Zeugnisse einer vielfältigen und multiethnischen Stadt, in einer Zeit, die von politischen und sozialen Veränderungen geprägt war. Daher erweist sich Sárdis Werk als ein überraschender Träger kollektiver Erinnerung.

Alle digitalisierten Bilder werden in eine nach wissenschaftlichen Kriterien organisierte Online-Datenbank hochgeladen (www.fotosardi.ro). Das Bildmaterial wird außerdem auf den Facebook-Seiten des Projekts www.facebook.com/fotosardi und www.facebook.com/ArhivadeFotografie sowie auf der Plattform Flickr unter www.flickr.com/photos/199488140@N03/ veröffentlicht. Das Projekt umfasst außerdem eine Ausstellung (virtuell und physisch) mit einer Auswahl an Bildern sowie die Umsetzung primärer Konservierungs- und Archivierungsmaßnahmen des Fotomaterials.

Gesichter der Opfer der Judenverfolgung verewigt

Einige der Bilder, nämlich Porträts von Mitgliedern der jüdischen Gemeinschaft in Klausenburg, wurden im Rahmen des vom Renascendis-Verein in den Jahren 2021-2022 durchgeführten Projekts „Juden von Sárdi“ digitalisiert, recherchiert sowie im Museon, dem Museum für jüdische Geschichte in Klausenburg, ausgestellt und werden auch in das Online-Archiv aufgenommen. Die in der Ausstellung reproduzierten Bilder – Einzelporträts, Gruppenfotos, Familienporträts oder Hochzeitsporträts – sind in vielen Fällen die einzigen visuellen Zeugnisse, die nach den Deportationen übrig geblieben sind. Die fotografischen Dokumente im Archiv „Photo Sárdi“ geben den Opfern der Judenhetze endlich auch eine Gestalt, teilen ihre Geschichte den Besuchern mit und die verlorenen Familienfotos kehren endlich an die Überlebenden zurück.

Die Fotoarchiv-Plattform wurde als gemeinschaftsorientiertes und von der Gemeinschaft unterstütztes Projekt aufgebaut. Die im letzten Jahr eingegangenen Spenden an wertvollem Fotomaterial zeigen, dass die Öffentlichkeit daran interessiert ist, zur Erhaltung und Förderung des einheimischen Fotoerbes beizutragen. Daher ist die Öffentlichkeit ermutigt, weiterhin Fotomaterial an die Plattform zu spenden, das digitalisiert, recherchiert und online veröffentlicht werden soll.

Das Projekt wird kofinanziert von der Verwaltung des Nationalen Kulturfonds.

Der Verwalter der Fotoarchiv-Plattform, der Renascendis-Verein, ist eine gemeinnützige Organisation, deren Ziele darin bestehen, das materielle und immaterielle, bewegliche und unbewegliche Kulturerbe Siebenbürgens zu schützen, bewahren, wiederherzustellen, weiterzunutzen und zu fördern, um schwach entwickelten ländlichen und städtischen Gemeischaften beim Vorgang der wirtschaftlichen, sozialen und nachhaltigen Entwicklung zu helfen sowie junge Erwachsene, insbeson-dere Studierende und angehende Forscher, bei ihren beruflichen Spezialisierungsbemühungen zu unterstützen. Der Verein ist im Dorf Felmer in der Gemeinde Scharosch/[oar{, Kreis Kronstadt/Bra{ov, tätig, wo er die Verwaltung der evangelischen befestigten Kirche, des Gebäudes der früheren evangelischen Schule und des ehemaligen evangelischen Pfarrhauses übernommen hat, um sie zu sanieren, zu modernisieren und zum Wohle der örtlichen Gemeinschaft und für eigene Projekte wiederzuverwenden.