Quellen zu den Deutschen in Rumänien 1944 - 1953

Eine Sammlung von Annemarie Weber unter Mitarbeit von Hannelore Baier

„Die Deutschen in Rumänien 1944 - 1953. Eine Quellensammlung“. Herausgegeben von Annemarie Weber unter Mitarbeit von Hannelore Baier. Böhlau Verlag Köln Weimar Wien, 2015. 408 S. Schriften zur Landeskunde Siebenbürgens, Band 35. ISBN 978-3-412-22528-5

Annemarie Weber und Hannelore Baier, als Publizistinnen beide hierzulande keine Unbekannten,  legen eine umfassende Quellensammlung in deutscher Sprache vor. Diese umfasst 140 Dokumente, die bis auf einige wenige, die original auf Deutsch vorlagen, aus dem Rumänischen übersetzt und somit einem breiteren deutschsprachigen Publikum zugänglich gemacht wurden. Den abgedruckten Dokumenten ist eine knappe inhaltliche Einleitung und Übersicht vorangestellt sowie ein kurzer Abriss über die Geschichte der Publikation der Nachkriegsquellen.

Unter der Überschrift „Editorische Hinweise“ folgen Erläuterungen zur archivalischen Auswahl und Herkunft – zum Beispiel stammt der überwiegende Teil der Quellen aus dem Bukarester Historischen Zentralarchiv. Der Fokus liegt also auf der Darstellung der politischen und administrativen Vorgänge aus rumänischer Sicht. Eine Auflistung der Dokumente, Literatur und Quellenangaben sowie ein Personen- und Ortsregister folgen im Anhang. Da die Auflistung der Dokumente rein chronologisch erfolgt, hätte man sich zur Orientierung hier vielleicht noch ein Schlagwortregister gewünscht, um besser bestimmte Themen verfolgen zu können. Als hilfreich erweisen sich die kurzen biografischen Angaben, die dem Haupttext als Fußnoten für die meisten bedeutenden Personen angefügt sind.

Vereinzelte Veröffentlichungen (nur als Beispiel: Weber, Annemarie: „Die geplante Umsiedlung der Rumäniendeutschen 1944-46 in unveröffentlichten Archivdokumenten“, 2011, oder Baier, Hannelore: „Germanii din Romania 1944-1956 Culegere de documente de arhivă“, 2005) sind als Vorarbeiten hier mit eingeflossen, wurden in dem vorliegenden Band überarbeitet, ergänzt und vervollständigt. Weitgehend verzichtet wurde dabei auf bereits hinlänglich publizierte Quellen zur Thematik der Deportation in die Ukraine 1945 (hier 1945 nur unter Dokument 20-25) und die Verschleppung in die Bărăgan-Steppe 1951 (Dok. 128, 1951, S. 325 unter Punkt 7).

Zeitlich setzen die Dokumente mit dem 31. August 1944 ein, also kurz nach dem Sturz Antonescus durch König Michael (Mihai I.), in denen bereits die Aberkennung der Staatsbürgerschaft rumäniendeutscher Angehöriger der deutschen Armee gefordert wird. Das letzte Dokument vom 14. Januar 1953, nur wenige Monate vor dem Tod Stalins, hat die Auflösung der Minderheitenorganisationen, u. a. des Deutschen Antifaschistischen Komitees, sowie die Einwohnerzahlen der einzelnen Minderheiten zum Inhalt.

Als weitere historische Zäsur gilt der 30. Dezember 1947, an dem der König Michael I. zur Abdankung gezwungen wurde. Der hier unmittelbar folgende Geheimbericht der Sicherheitspolizei des Banats, Dokument 101 vom 13. März 1948, beschäftigt sich mit der Stimmungslage der deutschen Bevölkerung, Auswanderungsbestrebungen, aber vor allem mit der Unzufriedenheit über das fehlende Recht zur Wahl für die große Nationalversammlung, die im Juni desselben Jahres folgen sollte.

Der chaotischen Lage 1944 – also noch mitten im Krieg – entsprechen die widerstreitenden Überlegungen in den Ministerratssitzungen (Dok. 8 und 10) über die Annahme der Evakuierungsersuche der deutschen Reichsregierung. Zum Teil wurde von deutscher Seite auch zwangsevakuiert – z. B. in Katzendorf/Caţa (Dok.12). Dem folgten jedoch bald Anweisungen zur Internierung und Verhaftung der Führer der Volksdeutschen.
Zusammen mit der weitgehenden Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte erfolgten die massenhaften Enteignungen und natürlich Entlassungen aus dem Staatsdienst. Die Zwangsdeportation zum Wiederaufbau – überwiegend in die Ukraine – wurde von der Sowjetführung verfügt und durchgesetzt.

Im Zuge der zunehmenden Machtverschiebung vom Ministerrat auf das Politbüro der Rumänischen Kommunistischen Partei rückt das Problem der „deutschen Frage“ in den Fokus. Bis 1946 erfolgten immer wieder verschiedene Überlegungen und Versuche seitens der rumänischen Führung, die gesamte deutsche Volksgruppe auszuweisen, wie dies in Teilen Europas mit den Schlesiern oder Sudetendeutschen unmittelbar nach Kriegsende geschehen war, die jedoch immer wieder auch durch Stalin selbst abgelehnt wurden (Gheorghe Gheorgiu-Dej: „…Wir möchten sie ausweisen.“ Stalin: „Der Krieg ist aus. Ausweisen ist schwierig geworden.“ Dok. 60,1946 S. 157).

Bereits 1947 wurden erstmals Überlegungen angestellt zur Umsiedlung der Rumäniendeutschen in andere Landesteile, besonders für die Bauernschaft des Banats, die in die Überschwemmungsgebiete der Donau (Dok. 84 ,10. Januar 1947, S. 199) verbracht werden sollte. Die Willkür und die Auswüchse der sogenannten „Agrarreform“, bei der ortsfremde „Kolonisten“ an der einheimischen rumänischen Bevölkerung vorbei mit den Gütern der Deutschen versorgt wurden (u. a. über Kolonistenkonflikt: Dok. 26, 13. April und 27., 25. April 1945) bzw. nicht autorisierte Eigenmächtigkeiten (z. B. die Affäre „Frontul Plugarilor in Kronstadt, Dok. 47, 7. Okt. 1945), ebenso wie das Eingeständnis ihrer äußerst schädlichen Wirkung belegen verschiedene Berichte über die Lage der deutschen Bevölkerung (Dok. 104 und 105, Mai und Juni 1948).

Hatten die Maßnahmen zu Lasten der deutschstämmigen Bevölkerung bis zum Sturz des Königs weitestgehend nationalistischen Charakter – als Stellvertreter einer jetzt feindlichen Macht –, änderte sich das nach der kommunistischen Machtübernahme. So wurden die bisher verbliebenen Großbauern und Besitzer nun im Sinne des Klassenkampfes enteignet, aber es gab zugleich Angebote für die deutsche Arbeiterschaft zur Integration und Rehabilitation als mitwohnende Minderheit, die somit auch eine eigene Organisation, und sei es zur Umerziehung und Durchsetzung der sozialistischen Agenda, benötigte (Dok. 106, Juli 1948). Diesem Ziel sollte die Gründung des Deutschen Antifaschistischen Komitees dienen (Dok. 114), aus dessen Verlaufsprotokoll 28./29. Mai 1949 zur Vollversammlung hier Auszüge abgedruckt sind. Innerhalb des Protokolls wird mehrfach darauf verwiesen, dass die rein „antideutschen“ Ressentiments nicht mehr statthaft waren, wenn nicht ideologische faschistische oder imperialistische Gründe angeführt werden konnten (S. 275-274).

Bereits vor der kommunistischen Machtübernahme hatte es von Seiten deutscher sozialistischer Kreise Beschwerden über die mangelnde juristische Differenzierung zwischen Nazis und „antihitleristischen“ Bewegungen gegeben. Hier seien vor allem die Briefe des Banater Gewerkschaftsaktivisten und Sozialdemokraten Coloman Müller angeführt ( Dok. 42, 13. Sept. 1945 in der ADZ vom 24. Okt. 2001 und Dok. 63., 12. Juni 1946). Bereits im ersten Brief beschwert er sich ausdrücklich darüber, dass die Verbrechen der Hitleristen übersehen werden, während das gesamte Volk bestraft wird, was er als „gewöhnlichen Racheakt“ bezeichnet. Der zweite Brief, in dem es ihm grundsätzlich um das nicht gewährte Wahlrecht geht, wird noch wesentlich deutlicher mit dem Vorwurf, dass der „deutsche Bürger“ als „Nutznießer der faschistischen Zeit“, im Gegensatz zum „enteigneten Kleinbauern“, nicht belangt wurde. Es würden „99,50 % …entrechtet für die Tat einiger Hundert Verbrecher, die größtenteils frei und unbelästigt auch heute ihr Unwesen treiben“ (S. 165).

Dass nach der Machtübernahme durch die kommunistische Partei mit der Gründung des Deutschen Antifaschistischen Komitees trotz aller Repressalien eine Möglichkeit zu einem Neuanfang gesehen wurde, der die Gründung eines eigenen Presseorgans „Neuer Weg“ und eigener kultureller Aktivitäten (Dok. 131, Januar 1952 – Bericht über das Literatur- und Kunstschaffen in Hermannstadt) erlaubte, versteht sich nur im Kontrast zu der aussichtslosen Lage, wie sie sich in den Berichten vor 1948 niederschlägt. Auch wenn man die folgende Politik dem Einfluss Moskaus zuschreiben möchte, so erscheinen Missgunst und Argwohn seitens der rumänischen Regierung gegenüber den nationalen Minderheiten keineswegs ausgeräumt, sondern eher charakteristisch für deren generelle Einstellung, wie sie sich nicht zuletzt in den Verhandlungen zur Schließung der nationalen Komitees der nationalen Minderheiten zeigten (Dok. 138. 14. Jan. 1953 , S. 369-370).