Schallende Schlagwerke

Internationales Perkussionsfestival in Bukarest

Das Festival wurde vom rumänischen Perkussionisten Alexandru Atanasiu koordiniert. Foto: Rumänischer Rundfunk

In der vergangenen Woche fand in Bukarest an sechs aufeinanderfolgenden Tagen das „International Percussion Music Radio Festival“ statt. Vom 10. bis 15. März öffnete der Große Saal des Rumänischen Rundfunks, jeweils abends um 19 Uhr, seine Pforten, um Perkussionisten aus aller Welt, Solisten und Ensembles, alleine oder auch in Verbindung mit herkömmlichen Musikformationen wie Streich- oder Sinfonieorchester, auf die Konzertbühne zu holen und eine – im Vergleich zum sonstigen Musikpublikum – etwas andere Zuhörerschaft in den Radiosaal zu locken.

Künstlerisch koordiniert wurde das Bukarester Internationale Perkussionsfestival von dem rumänischen Perkussionisten Alexandru Atanasiu. Der Absolvent der Nationalen Musikuniversität Bukarest und begnadete Vibraphonist, der im Jahre 2012 auch das erste Vibraphon-Festival weltweit in Bukarest organisierte, hatte für ein abwechslungsreiches, bunt gemischtes, zahlreiche Stile und Epochen umfassendes Programm gesorgt, das für jeden Zuhörer etwas bot, sei er nun Komponist, Instrumentalist, Spezialist vom Fach, Musikliebhaber oder auch nur neugierig auf das, was das Festivalprogramm an klanglichen Überraschungen für ihn bereithielt.

Nach dem Eröffnungsabend mit dem bekannten belgisch-taiwanesischen Marimbaphonisten Chin Cheng Lin, der eigene Solokompositionen zu Gehör brachte, sowie mit der von Alexandru Matei geleiteten rumänischen Schlagwerkformation GAME war ein erster Höhepunkt des Internationalen Perkussionsfestivals das Konzert des zweiten Festivalabends, bei dem eine Welturaufführung zu erleben war.

Der Tokioter Musikprofessor Shiniti Ueno, Gründer und Leiter der Schlagwerkformation PHONIX-Réflexion, die am vierten Festivalabend zu hören war, brachte als Vibraphonist, begleitet von einem zum Rhythmusinstrument transformierten Konzertflügel, die Komposition „New Piece“ von Kaito Nakabori zu Gehör. Das vielfach in sich gegliederte Werk wartete mit allen Finessen der Takt- und Rhythmuskunst auf, mitunter wurde auch die eine oder andere Metallplatte des Vibraphons mit einem Kontrabassbogen angestrichen. Am Ende der Welturaufführung betrat dann der melancholisch dreinblickende Komponist, ein junger Japaner in weinrotem Jackett und mit herbstlaubfarben getönten Haaren, die Bühne und ließ sich von den beiden Instrumentalisten und der versammelten Zuhörerschaft gehörig feiern. Zwei Werke, die von dem japanischen Komponisten Akira Nishimura stammten – weitere seiner Kompositionen wurden am vierten Festivalabend dargeboten –, bei denen Shiniti Ueno an großen Kesselpauken sowie an kleineren Pauken wirkte, rundeten den Soloteil des Programms ab.

Der Programmteil nach der Pause war dann dem Perkussionsensemble „binGbang“ der Musikakademie Zagreb gewidmet, das von Igor Lešnik geleitet wurde und ausschließlich dessen eigene Kompositionen bzw. Arrangements auf die Bühne brachte. Zunächst handelte es sich dabei um die Bearbeitung eines Musikstückes aus der Zeit der Klassik. Es war ein Genuss, das an Mozart gemahnende Werk – man meinte fast den Vogelfänger Papageno aus der „Zauberflöte“ zu vernehmen –, das aus der Feder des Komponisten Johann Christian Fischer stammte, in der Besetzung für Kesselpauken und zwei Marimbaphone (mit vier Spielern) auf sich wirken zu lassen und sich dabei den wunderbar weichen Pianissimo-Klängen der Xylophone hinzugeben.

Nach der Darbietung einer weiteren Bearbeitung Igor Lešniks – diesmal handelte es sich um ein Werk Franz Cibulkas – standen dann noch zwei Eigenkompositionen des kroatischen Musikers auf dem Programm. Das Stück „Musketiere“ für Perkussionsensemble begann recht originell. Aus allen Ecken des Radiosaales strömten die Ensemblemitglieder in Richtung Bühne, wobei sie jeweils die beiden Schlägel, die sie in ihren Händen hielten, rhythmisch aufeinander schlugen und so ein ambulatorisches Klanggemälde erzeugten. Auf der Bühne wurden dann Schlaginstrumente zum Schwingen gebracht, aber auch – wie Musketiere ihre Klingen kreuzen – Schlägel gekreuzt, immer freilich in dynamischen und vibrierenden Rhythmen.

Das letzte Stück des Abends mit dem Titel „Dwarfs“ (Zwerge) war dann ein richtiges Happening, das der Komponist als wandernder Zylindertrommler choreografisch und musikalisch leitete. Tischtennisbälle wurden mit Schlägeln von den Trommelmembranen in den Saal geschlagen, als seien die Schlagwerker Golfer, und der farbige Tennisballregen wurde am Ende vom Publikum, das seinerseits zwar nicht zurückschlug, aber zurückwarf, sportlich-musikalisch beantwortet. Ein rhythmisches Sprechstück als Zugabe beendete dann den zweiten Festivalabend, bei dem, inklusive der Welturaufführung, ausschließlich rumänische Erstaufführungen zu hören gewesen waren.

Der dritte Festivalabend brachte dann das Kammerorchester des Rumänischen Rundfunks auf die Bühne des „Mihail Jora“-Saales. Unter der Leitung von Amaury du Closel bot es zunächst das Stück „Elan“ des aus Bromberg/Bydgoszcz stammenden polnischen Komponisten Piotr Moss dar, bevor dann der Marimbaphonist Chin Cheng Lin als Solist seine Eigenkomposition „One World-one Dream-one Love“ für Marimbaphon und Orchester in rumänischer Erstaufführung zu Gehör brachte. Ganz in Schwarzweiß – schwarze Lackschuhe, weiße Hose, schwarze Weste, weißes Hemd, schwarze Brille und Haare – tanzte er geradezu an seinem Schlaginstrument auf und ab und legte ab und zu auch eine Pirouette ein, nicht ohne seine Schlägel dabei in rasantem Glissando über alle Holzklangstäbe gleiten zu lassen.

Nach der Pause wurde dann das Doppelkonzert für Vibraphon, Marimbaphon und Kammerorchester von Emmanuel Sejourné in rumänischer Erstaufführung dargeboten, wobei der Vibraphonpart vom Komponisten selbst interpretiert wurde, während der Marimbapart von Alexandru Atanasiu klanglich kongenial umgesetzt wurde. Das dreisätzige Werk wanderte gleichsam durch alle möglichen Musikstile und -kulturen, von arabischen Rhythmen bis zum Smooth Jazz, und erfreute die Zuschauer durch seinen wohligen Sound und durch die Perfektion seiner Darbietung. Die abschließende Bachsche Orchestersuite Nr. 3 in D-Dur (BWV 1068) mit der berühmten Air (2. Satz) wirkte danach wie aus einer anderen Welt, die sich zur Atmosphäre der soeben vernommenen Schlaginstrumente nicht mehr so ganz fügen wollte. Man hätte das Bachsche Werk wohl besser an den Anfang des Programms des dritten Festivalabends gestellt.

Nach weiteren Konzerten mit Werken von Emmanuel Sejourné, Akira Nishimura, Jordan Gudefin und Ludwig Albert (letztere beide mit Beteiligung des Nationalen Radioorchesters unter der Leitung von Gerd Schaller) klang dann das Bukarester Internationale Perkussionsfestival mit dem Galakonzert am 15. März unter Beteiligung sämtlicher Solisten und Schlagwerkensembles, die im Rahmen des Festivals bereits zu hören gewesen waren, schallend und nachhallend aus.