Weiterhin ein abwechslungsreiches Musikprogramm

Temeswar: Jahresendkonzerte von Schülern und Studenten, Anspruchsvolles und Überlappungen

Im Juni werden regelmäßig die Resultate des Schul- und Hochschuljahres dem Publikum präsentiert, aber, in Temeswar, auch Spielzeiten der Konzert- und Aufführungstätigkeit zusammengefasst. Die Philharmonie „Banatul“ hat ein Konzert organisiert, das den Absolventen des Musikkollegiums „Ion Vidu“ und der Musikhochschule Gelegenheit gab, an Seiten des Berufsorchesters sich vorzustellen, indem sie wichtige Bezugsstellen der Musikgeschichte interpretierten und dabei ihre Neigungen und solistischen Fähigkeiten unter Beweis stellten. Vom Dirigentenpult aus hat Peter Oschanitzky mit hohem künstlerischem Einfühlungsvermögen und pädagogischem Fingerspitzengefühl diejenigen angeleitet, die sich zum ersten (oder, höchstens, zweiten) Mal in dieser Position höchster Verantwortung befanden.
Wenn die beiden Flötenspielerinnen Georgiana Groza und Rebeca Birgean in der Fantasie nach Rigoletto von Fr. Doppler mir noch zurückhaltend schienen, so war die Arie Non piú andrai mit Ion Brehuescu und der Teil I des Konzerts für Klavier Nr. 24 von W. A. Mozart mit Teodora Chircă für diese ein Nachweis zusätzlicher Prästanz – und dies auch dank dem Komponisten –, aber der erste Teil der Violinkonzerts von P. I. Tschaikowsky war für den Schüler David Duma Anlass zu einer wahren künstlerischen Bestätigung.

Im zweiten Teil des Abends traten die Studenten der Musikhochschule auf und vervollständigten die Palette der Instrumente mit dem Klarinettisten Marius Roman, allerdings auch nur mit Fragmenten, etwa dem I. Teil des Konzerts Nr. 2 von C. M. von Weber. Als attraktivere Lösung erwies sich die vollständige Aufführung des Violinkonzerts von Jan Sibelius mit den beiden Solistinnen Ştefania Manga-Gligor und Andreea Constantinescu, die beide die selbe Klasse besuchten und also eine interpretative Einheitlichkeit boten, wobei gerade die kleinen Unterschiede das Schöne des Auftritts ausmachten. Das Ende des Konzerts transponierte uns in die Gegenwartsmusik, durch die zwei Teile des Konzerts für Schlagzeug von A. Jolivet, wo als Solist der talentierte Csongor Zsolt  Szabó auftrat. Schade, dass im selben Zeitfenster die Studenten der Gesangsabteilung der Musikhochschule im Rosenpark das Musical „My fair Lady“ von Fr. Loewe darboten, sodass man als Musikliebhaber vor die Wahl gestellt und zum Verzicht gezwungen war.

Das sinfonische Konzert der Woche erinnerte an den 150. Geburtstag von Richard Strauss und bot uns die Gelegenheit, die Burleske für Klavier und Orchester in einer Erstintrepretation durch den jungen Dirigenten Mircea Holiartoc und den geschätzten Pianisten Horia Mihail neuerlich zu hören. Das schwierige und anspruchsvolle Opus zeigte einerseits die wahren interpretativen und technischen Ressourcen des Klaviersolisten, war aber auch eine Überraschung seitens des Dirigenten, der dem Klaviersolisten mit temperamentvoller Ungezwungenheit zur Seite stand und die, beide, von seinem Auftritt richtig genießenden Torino Tudorache an den Kesselpauken sekundiert wurden. Ansonsten gab es Werke von großer Popularität zu hören, etwa dem aufschneiderischen Spanischen Capriccio von N. Rimski-Korsakow und den zwei Suiten  aus „Peer Gynt“ von E. Grieg, die außerordentlich suggestiv interpretiert wurden. Vom Italiener Michelangelo Carbonara hörten wir dann einen interessanten Klaviervortrag, vor allem durch die von ihm gewählte Programmstruktur, mit Liszt und Scarlatti, mit viel Rigorosität und auch Tumult, gespielt im Foyer des Philharmoniegebäudes. Zugegeben: das Instrument, auf dem er spielte, kam Carbonara nicht immer entgegen. Trotzdem bekamen die Sonaten von Scarlatti durch ihn Klarheit und mediterrane Frische und entführten die Gedanken zum Geiste Mozarts, während die meisterhafte pianistische Verkleidung von Themata aus Verdi und Wagner in den Paraphrasen und Phantasien von Liszt einen wohlkontrollierten klanglichen Tumult entfalteten.

Das sinfonische Konzert vom letzten Freitag hatte wieder ein Klavierstück im Programm: Beethovens Klavierkonzert in C-Dur Nr.1, mit viel Elan und Temperament von der Klaviersolistin der Temeswarer Philharmonie, Manuela Iana-Mihăilescu vorgetragen. Ihr Spiel, gleichermaßen im Mozartschen Stil verankert, ließ trotzdem klar die Beethovenschen Akzente durch, wobei sie der Dirigent József Horváth erfolgreich und diskret unterstützte. Die Zusammenarbeit unseres heute in Deutschland lebenden ehemaligen Schülers, des Trompetisten  Franz Tröster, und Corneliu Meici, auf den wir immer stolz waren, brachte uns zwei Barockwerke zu Gehör, von A.Vivaldi und F. Manfredini. Wir hörten strahlende und starke Trompetenklänge, die den Orchesterbeitrag in den Schatten drängten. Vielleicht wäre es zweckdienlich gewesen, mal die Orchestertraditionen außer Acht zu lassen und das Orchester zahlreicher auftreten zu lassen. In der Sinfonie Nr. VIII, die Unvollendete von Franz Schubert, die aus bloß zwei Teilen besteht, trat das Orchester in den Vordergrund und folgte einem unspektakulären, diskreten, aber expressiv arbeitenden Dirigenten von ganz hoher Exaktheit, der allerdings mir bei den Tempos etwas eilig schien. Vielleicht gab es aber auch einen gewissen Druck, das Konzert schneller zu beenden, weshalb auf die traditionelle Pause verzichtet wurde. Denn im Sommergarten der Philhamonie „Banatul“ trat eine Band auf, die man wohl nicht stören wollte. Oder umgekehrt.