Wo ist der Conscious-Rap geblieben?

Mehr Sozialkritik im Hip Hop statt Gangster-Getue

Hip Hop hat es schwer. Nicht nur die ständigen Identitätskrisen machen dem jungen Musikgenre zu schaffen: Es wird schwer ernst genommen. Geht auch schwer, wenn man sich heutige Vertreter anschaut: Bushido oder Fler sind die Vorbilder. Sie inszenieren sich als Unterschichtdeutsche, die in gefährlichen Vierteln aufgewachsen sind, die ein romantisches Bild vom Gangster verkaufen und damit besonders Jugendliche aus der Mittelschicht ansprechen.

Gangsta-Rap ist halt kommerziell tragbar. Conscious-Rap sucht man dagegen vergeblich. Sozialkritik wird vereinfacht dargestellt. Es werden die Guten und die Bösen identifiziert, die einen verherrlich, die anderen verunglimpft. Zwischendurch sorgen halb nackte Frauen für Ablenkung, während Pistolen geschwungen werden und die Interpreten mit Euroscheinen um sich schmeißen.

Auch in Rumänien ist es nicht anders. Eines der erfolgreichsten Hip Hop-Gruppen, B.U.G. Mafia sorgte auch nur mit Fäkalsprache und Gangstergehabe für Schlagzeilen. Als Conscious-Rapper könnte man Guess Who bezeichnen, der in seinen erfolgreichsten Liedern von der rumänischen Nachwendegesellschaft spricht. Auch Rapper wie „Paraziţii“ wollen durch ihre Texte sozialkritische Themen ansprechen.

In Deutschland startete der Hip Hop mit den Fantastischen Vier sowie mit Advanced Chemistry durch. Während die ersten auf Ironie und Klamauk setzten, setzte Advanced Chemistry of politische Message. Sie machten aus dem Phänomen Hip Hop eine massentaugliche Sache. Mit „Fremd im eigenen Land“ schafften sie den Sprung in die Charts. Darin thematisierte die Rapper die schwierige Migrantenfrage in Deutschland: „Ich habe einen grünen Pass mit ‘nem goldenen Adler drauf/ Dies bedingt, dass ich mir oft die Haare rauf/ Jetzt mal ohne Spaß: Ärger hab’ ich zuhauf/ Obwohl ich langsam Auto fahre und niemals sauf/ (All das Gerede von europäischem Zusammenschluss)/ Fahr’ ich zur Grenze mit dem Zug oder einem Bus/ Frag’ ich mich, warum ich der Einzige bin, der sich ausweisen muss/ Identität beweisen muss!“

Zwar gibt es auch heute Vertreter des Conscious-Rap in Deutschland. Curse, Prinz Pi, Spax, Anarchist Academy, Chaoze One, Albino, Freundeskreis, Meyah Don sowie Blumio werden mit ihren gerappten Kommentaren zum aktuellen Weltgeschehen zu dem Genre gezählt.   
Die Wurzeln des Conscious Rap reichen zurück bis zur amerikanischen Bürgerrechtsbewegung der 1960er Jahre. Die amerikanischen Vertreter des Genres sind eher im Underground angesiedelt. Zum Conscious Rap im weitesten Sinne werden unter anderem Public Enemy, 2Pac, Boogie Down Productions/KRS-One, Atmosphere, A Tribe Called Quest, Arrested Development, Brand Nubian, De La Soul, Gang Starr, Jungle Brothers, Common, Mos Def, The Roots oder Talib Kweli gezählt. Zwei der ersten Lieder dieser Richtung sind The Message und New York, New York von Grandmaster Flash & the Furious Five aus den Jahren 1982 und 1983.