400 Kommunalpolitiker in der Schwebe

Wendehalsverordnung als Damoklesschwert: Parlament muss nun entscheiden

Reschitza – 24 Bürgermeister des Banater Berglands und an die 400 Kommunalräte haben im vergangenen Herbst das von der Ponta-Regierung per Dringlichkeitserlass geöffnete fünfundvierzigtägige Zeitfenster genutzt, um die Partei straffrei zu verlassen, auf deren Listen sie gewählt wurden (d.h.: ohne ihrer Posten verlustig zu gehen, wie es das Gesetz über die „Migration der Kommunalpolitiker“ bestimmt, dessen Wirkung für 45 Tage ausgesetzt wurde). Nun hat das Verfassungsgericht die Wendehalsverordnung für verfassungswidrig erklärt, wodurch sie, nachträglich, ungültig wird, hat aber einiges im Ungewissen gelassen bzw. dem Parlament zur Beschlussfindung/Korrektur zugeschoben.

Dabei geht es hauptsächlich um das Schicksal von landesweit tausenden „Nutznießern“ der Wendehalsverordnung. Denn einerseits gilt auch in Rumänien die Grundregel, dass Gesetze bzw. Gesetzesnovellierungen nicht rückwirkend angewandt werden können, andrerseits, dass in diesem Land nun tausende durch demokratische Wahl zu Posten und Zusatzeinkommen Gekommene als Gesetzesbrecher dastehen und eigentlich ihrer Posten und Pfründe verlustig gehen müssten, indem sie ihre Positionen räumen und von den (auf den Wahllisten) Nachrückenden besetzen lassen müssten, während für die Bürgermeisterämter Neuwahlen auszuschreiben wären. Nur: das Verfassungsgericht hält sich von einer klaren Definition zu den Folgen seiner Entscheidung zurück. (Es gibt ja auch keine Erklärung darüber ab, wieso es erst nach nahezu einem halben Jahr zum von Vizepremier Liviu Dragnea initiierten Wendehalsbeschluss Stellung nimmt. Man könnte sich allerdings mit einiger Berechtigung fragen, ob das Verfassungsgericht erst mal ruhig abgewartet hat, wie die Präsidentschaftswahlen ausgehen, deretwegen der Wendehalsbeschluss gefasst wurde...)

Die Hauptarbeit fällt aber jetzt dem Parlament zu, das den Wendehalsbeschluss und seine Folgen im Einklang mit dem Grundgesetz neu formulieren und korrigieren muss. Interessant dürfte es auch sein, die Meinung von Präsident Johannis zu dieser neuesten Wendung im ausgiebig und kontrovers diskutierten politischen Übergriff der Ponta-Regierung vom vergangenen Spätsommer/Herbst zu hören (die seinerzeit ausdrücklich gegen ihn als Präsidentschaftskandidat gerichtet war) – einer mehr in der Serie, die zu Gunsten des aalglatten Premiers und PSD-Parteichefs gefasst, ja direkt auf ihn zugeschnitten wurde. Wenn das Parlament die jüngste Entscheidung des Verfassungsgerichts, in seinem Geist, als Gesetzesnovellierung umsetzt, dann könnte es bloß den radikalen und einzig richtigen Weg gehen: alle Parteiwechsel vom September-Oktober 2014 als Bruch des Parteiengesetzes zu definieren, mit der Folge, dass alle Wendehälse ihre Positionen verlören und für die Bürgermeisterämter Neuwahlen ausgeschrieben werden müssten. Das ist zwar im rumänischen Kungelparlament unwahrscheinlich, wäre aber grundsätzlich möglich. Mit dem Preis, dass sich die Parteien zugunsten von Moralität und Ehrlichkeit ins eigene Fleisch schneiden...

Im Banater Bergland trifft die Entscheidung des Verfassungsgerichts  folgende Kommunen und ihre Bürgermeister: Herkulesbad/Băile Herculane (Nicuşor Vasilescu), Băuţar (Romulus Barbescu), Bolvaşniţa (Petru Mihăilescu), Bozovici (Adrian Stoicu), Brebu Nou/Wolfsberg-Weidenthal (Iosif Bordea), Ciuchici (Ion Orbulescu), Domaşnea (Petru Lorinţ), Lăpuşnicel (Ilie Canea), Marga (Nicolae Beg), Păltiniş/Valea Boului (Ion Popovici), Vermeş (Ion Iacob Damian), Prigor (Vintilă Miclău), Deutsch-Saska/Sasca Montană (Ion Poplicean), Brebu (Viorel Roşca), Dalboşeţ (Sorin Piţar Băncilă), Luncaviţa (Ion Velescu) und Lăpuşnicu Mare (Ion Lala) sowie die Kommunen, deren Bürgermeister parteilos wurden: Iablaniţa (Petru Haţegan), Slatina Timiş (Gheorghe Roma), Sacu (Gheorghe Daminescu), Copăcele (Ion Hârţoacă Ilie), Rumänisch-Tschiklowa/Ciclova Română (Gheorghe Percea), Ticvaniu Mare (Aurel Ivan) und Franzdorf/Văliug (Sorin Blaga). Mehr als die Hälfte der hier angeführten Wendehalsbürgermeister ist mit dem Gesetz ohnehin im Konflikt. Für sich persönlich, so die Meinung in den meisten ihrer Ortschaften, haben sie mit dem Überwechseln (überwiegend zur PSD) Schutz vor dem Arm des Gesetzes gesucht.