Geringe Einkommen und karge Lebensqualität

Reschitzaer Bürgermeister führt Hauptgründe des Auswanderns an

Reschitza – Am Rande der Wahlversammlung der PNL vom Mittwoch, bei der Bürgermeister Ion Popa, Senator Marcel Vela und die Abgeordnete Valeria Schelean die Gastgeber für den PNL-Parteivorsitzenden Ludovic Orban und den Spitzenkandidaten Rareş Bogdan abgaben, führte der Reschitzaer Bürgermeister mit den Journalisten ein Gespräch, bei dem er darauf angesprochen wurde, wie er die massive Auswanderung sehe, mit der Rumänien konfrontiert ist, und wieso auf den Wahlversammlungen diese so wenig zur Sprache komme.

„Einerseits“, so Popa, „sollte niemand den Fehler begehen, zu glauben, dass als Auswanderungsgrund allein die besseren Verdienstmöglichkeiten für gleiche Arbeit im Westen ins Feld zu führen sind. Gleichermaßen bewegen das dauernd wacklige Gesundheitsfürsorge- und -betreuungssystem und der jämmerliche Zustand der Infrastruktur viele Menschen, nicht nur bessere Arbeits- und Entlohnungsbedingungen, sondern auch einen normaleren Staat mit besserer und gesicherter Lebensqualität zu suchen. Es ist bedauerlicherweise auch ein Zeichen, dass viele, vor allem die jüngeren Generationen, die Hoffnung aufgegeben haben, so etwas in ihrer Heimat zu erleben.“

Die vier bis fünf Millionen Bürger Rumäniens, die in den vergangenen 15 Jahren das Land verlassen haben, hätten das mit Sicherheit aus den zwei Hauptgründen, Geld und Lebensqualität, getan, ist Popa überzeugt. „Aufgrund auch des Kohäsionsfonds bewegen wir uns jedoch auf einen Ausgleich des Lohngefälles zwischen Ost und West zu“, sagte Popa.  „Ich weiß aber aus den von mir gesuchten Gesprächen mit den Auswanderungs- oder auch Heimkehrwilligen, dass die miserablen Zustände in den Krankenhäusern und der erbärmliche Zustand der Gesundheitsbetreuung ganz allgemein eine immer größere Hürde fürs Leben hier und die Rücksiedlung darstellen. Zudem: man hat den Glauben verloren, dass sich hier in absehbarer Zeit etwas entscheidend ändert. Nicht zuletzt durch das Wirken der gegenwärtigen Regierung. Wo sind zum Beispiel die hochgepriesenen modernen Regionalkrankenhäuser? Nicht einmal im Planungsstadium! Es ist unvorstellbar: als Patient musst du im Krankenhaus vorstellig werden mit eigenem Verbandszeug, Injektionen, Arzneien, Tampons; im Krankenhaus kriegst du ein Rezept, um dir in der erstbesten Apotheke die nötigen Arzneien zu deiner Gesundung zu kaufen… Das sind heutige Wahrheiten, das ist abschreckend, das bewirkt, dass alle fort wollen und keiner zurück will!“

Widernatürlich sei auch, dass ein Land von der EU bekniet werden muss, doch das zur Verfügung stehende Infrastruktur-Entwicklungsgeld abzurufen. „Wenn wir im verhältnismäßig kleinen Reschitza imstande waren, 43 EU-Projekte auszuarbeiten und rund 160 Millionen Euro zu akquirieren, wie steht´s dann mit der Ressourcenverwaltung durch die Ministerien? Wie steht´s mit den menschlichen Ressourcen bei denen, die zu nichts fähig sind? Speziell im Transport- und Verkehrsministerium, im Gesundheitsministerium. Wofür werden dort die einschlägigen Ressorts bezahlt? Wieviel Geld akquirieren die für Rumänien?“

Die überwiegend nach Verdiensten für ihre Partei oder durch Bekanntschaft mit Parteibonzen Angestellten in den Ministerien hätten keine Ahnung, weder von Fremdsprachen, noch, was sie dort als Dienstpflicht zu tun hätten. Keiner werde nach Leistung, alle nach Parteiunterordnungsbereitschaft bezahlt. Hohe und verantwortungsvolle Posten allein nach Parteizugehörigkeitskriterien zu besetzen sei der schädlichste Unsinn, den eine Regierung erdulden müsse. So etwas sei die schlimmste Entwicklungsbremse eines Landes.

„Ich bin stolz, wenn meine Parteikollegen mir vorwerfen, dass ich mich im Rathaus Reschitza mit Technokraten umgeben habe. In meinen Augen ist das der einzig richtige Weg. Sie beherrschen ihren Beruf und beweisen, dass man sogar innerhalb eines zunehmend restriktiven und parteiischen Systems etwas bewegen kann.“