„Gewöhnliche Menschen“ auf der Theaterbühne

Held oder Verräter – Was bringt Menschen zur Geheimnisenthüllung

Transparency International bescheinigte Ende 2013 in der Europäischen Union nur Großbritannien, Luxemburg, Slowenien und Rumänien einen guten Schutz von Whistleblowern.
Foto: National Theater Radu Stanca

Hermannstadt – Whistleblower sind gewöhnliche Menschen, Personen, die für die Allgemeinheit wichtige Informationen aus einem geheimen oder geschützten Zusammenhang an die Öffentlichkeit bringen. Sie haben nichts zu gewinnen, aber viel zu verlieren. Von den betroffenen Unternehmen oder Behörden werden sie als kriminelle Geheimnisverräter angesehen, welchen der Prozess gemacht werden muss. In der Öffentlichkeit, wenn sie denn ihre Identität enthüllen, werden sie häufig als Helden gefeiert. Der wohl bekannteste Whistleblower unserer Zeit ist Edward Snowden, der das geheime Programm PRISM, zur Überwachung und Auswertung elektronischer Medien und elektronisch gespeicherter Daten der amerikanischen Nationalen Sicherheitsbehörde aufdeckte. Es sind in der Regel die einfachen Angestellten, die es als ihre moralische Pflicht erachten, Missstände oder Verbrechen, von denen sie an ihrem Arbeitsplatz erfahren, aufzudecken. Nicht persönlicher Nutzen steht bei dieser Aufklärungsarbeit im Vordergrund, sondern das Wohl der Gesellschaft, der Transparenzgedanke oder der Kampf gegen Ungerechtigkeit. Nach der Veröffentlichung ist die Karriere meist ruiniert, oft hat der Geheimnisverrat auch Auswirkung auf Gesundheit und Familie. Die einzige Stütze ist dann die Gewissheit, die moralisch richtige Entscheidung getroffen zu haben.

Gianina Cărbunariu, „das Enfant terrible des zeitgenössischen rumänischen Dramas“, hat acht Whistleblower aus Großbritannien, Italien und Rumänien zu ihren Aufdeckungen im Gesundheitswesen, dem Finanzbereich und im Bildungssystem interviewt. Entstanden ist „nicht nur eine Theatervorstellung, sondern auch eine Recherchearbeit“, so Direktor Constantin Chiriac, ein dramatischer Text, der ein gesellschaftlich kontrovers diskutiertes und juristisch undurchsichtiges Phänomen auf die Theaterbühne bringt. Es ist aber auch kein Dokumentartheater, wie Cărbunariu betont, denn die Szenen sind Eigenkreationen, „eine Mischung aus Fiktion und Realität, so wie wir sie uns vorstellen.“
Die Vorpremiere des Stückes „Gewöhnliche Menschen“ (Oameni obişnuiţi) findet am Dienstag, den 26. Januar, um 19 Uhr im National Theater Radu Stanca statt. Besonders am Herzen, so Cărbunariu auf der Pressekonferenz zur Vorstellung, liegt ihr auch der Dialog mit dem Publikum im Anschluss an die Vorführung.