Verbrecherkartell von der Westgrenze vor neuem Urteil

47 ehemalige Grenzpolizisten, Zöllner und Zigarettenschmuggler erwarten ein Urteil

Bukarest/Orawitza - Die Taten beziehen sich auf die Zeitspanne Oktober 2010 – Januar 2011. Die Nationale Antikorruptionsbehörde DNA schlug gegen die des organisierten Verbrechens und der Bildung einer Verbrecherbande verdächtigten Grenzpolizisten, Zöllner und Zigarettenschmuggler an der Grenze Rumäniens zu Serbien im November 2011 zu und verhaftete 55 Personen in einer der spektakulärsten ihrer Aktionen, mit Hubschraubern, einem Großaufgebot mit Nachtsichtgeräten ausgerüsteter Polizisten und Großraumfahrzeugen zum Abtransport der Verhafteten direkt zum DNA-Hauptsitz nach Bukarest.

Vier Jahre nach der medienwirksamen DNA-Aktion und 14 Monate nach der Verkündung erster Urteile des Appellationsgerichts Temeswar/Timişoara gegen 48 der Beschuldigten – fast alle wurden mit Gefängnisstrafen bzw. Gefängnisstrafen auf Bewährung und der Beschlagnahmung unterschiedlicher (aber vergleichsweise bescheidener) Geldsummen verurteilt – steht nun beim Bukarester Obersten Justiz- und Kassationshof (ÎCCJ) das endgültige Urteil gegen 47 Mitglieder der Verbrecherbande aus dem Raum Orawitza-Naidăş an, die eigentlich zum Schutz der Südwestgrenze Rumäniens aus unseren Steuergeldern bezahlt waren (ein Mitglied der „organisierten Verbrechergruppe“ hat inzwischen Selbstmord begangen).

Alle von der DNA-Staatsanwaltschaft Behelligten sind nach Bukarest gefahren, viele unter ihnen schon mit gepacktem Koffer, um sich gleich nach Urteilsverkündung der Polizei wegen Antritts der erwarteten Strafe zu stellen. Die unumstößlich feststehenden Tatsachen, die von den DNA-Staatsanwälten nachgewiesen wurden, besagen, dass die gesamte Gruppe – wie gesagt: Grenzpolizisten, Zöllner, Zigarettenschmuggler – Hand in Hand gearbeitet hat, unter der Stabführung des Leiters des Grenzübergangs von Naidăş, Valentin Bărăgan (in erster Instanz zu vier Jahren Gefängnis und Beschlagnahmung von 340 Euro und 140 Lei wegen Schmiergeldannahme im Wiederholungsfall und Zugehörigkeit zu einem organisierten Verbrecherkartell) und der Zöllnerin Camelia Mihăilă (der Frau des Oberstaatsanwalts des Stadtgerichts Orawitza, die sich sofort nach Ausbruch der Strafverfolgungen ohne jedwelche materiellen Ansprüche scheiden ließ, offensichtlich, um die angehäuften Vermögenswerte nicht zu verlieren, u.a. eine luxuriöse Villa – und die in Temeswar ein identisches Urteil wie Bărăgan, plus konfiszierte 1435 Euro, abbekam). Sorin Marian Pantea wurde ebenfalls zu vier Jahren Gefängnis verurteilt, alle  anderen zu unterschiedlich langen Gefängnisstrafen, teils auf Bewährung.

Alle diese ersten Urteile fällte das Temeswarer Berufungsgericht am 29. Januar 2014, worauf die DNA-Staatsanwaltschaft sofort in Revision ging und nun das Urteil des Obersten Justiz- und Kassationshofs erwartet wird.  Die allgemeine Anklage lautet nach wie vor: Bildung einer organisierten Verbrechergruppe, Schmier-geldannahme im Wiederholungsfall, Begünstigung des Zigarettenschmuggels mit Schädigung des Fiskus um Millionen Euro.

Im Temeswarer Prozess mussten die 48 Verurteilten auch Gerichtskosten von durchschnittlich 8000 Lei/Person übernehmen. Der Hauptgrund, weshalb die DNA-Staatsanwaltschaft in Revision gegangen war, war weniger die relative Milde der Gefängnisstrafen angesichts der Unverschämtheit, mit der Grenzpolizisten und Zöllner am Gesetz vorbei agiert und erbarmungslos in die eigene Tasche gewirtschaftet haben, als die sehr nachsichtigen pekuniären Rekuperationsmaßnahmen des Temeswarer Gerichts, das lächerlich geringe Summen von den im Wiederholdungsfall schuldig Befundenen beschlagnahmen ließ – angesichts der geschätzten Höhe des Gesamtschadens, den die auf Staatskosten und im Dienste von Staat und Fiskus Tätigen dem Staat zwecks persönlicher Bereicherung zugefügt hatten.