Von der Walz nach Hermannstadt

Konzert und Lesung von ehemaligen für gegenwärtige Wandergesellen

Geselle Klimbim und Dr. Ingeborg Szöllösi (Bildmitte) begrüßten das Publikum im Namen der Veranstalter.

Die in Hermannstadt weilenden Gesellen gingen mit den Liedern mit.

Vor der Gesellenherberge las Julian Letsche am Sonntagnachmittag.
Fotos: Cynthia Pinter (2), Hannelore Baier (1)

Hermannstadt – Ein Open-Air-Konzert mit einer Wandergesellenband war am Samstagabend eine weitere Premiere im Rahmen des Wandergesellenprojektes. Konzertiert haben am Huetplatz/Hof der evangelischen Stadtpfarrkirche „Lads go buskin’“, was im Irisch-Keltischen in etwa „Jungs, lasst uns musizieren“ heißt. Für die sechsköpfige Band bedeutete der Auftritt eine doppelte Premiere: Speziell vor Wandergesellen hatten sie noch nicht konzertiert und schon gar nicht so weit entfernt von Deutschland. Zum Konzert in Hermannstadt/Sibiu kam es dank Bandmitglied Julian Letsche. Der Mandoline-Spieler ist auch Schriftsteller und war als solcher von der Deutschen Gesellschaft e.V. Berlin (die das Wandergesellenprojekt seit 2007 fördert) für eine Lesung engagiert worden. Gelesen hat der Rolandsbruder am Sonntagnachmittag aus seinen Romanen „Auf der Walz. Die abenteuerliche Reise des Hannes Fritz“ und „Mit Stock und Hut“. Zu Papier gebracht hatte er darin Erfahrungen aus seiner dreijährigen Wanderschaft – die bei der Lesung vor der Gesellenherberge/Casa Calfelor von den Bandmitgliedern auch dargestellt und musikalisch untermalt worden sind. Zum interessierten Publikum gehörte auch die deutsche Konsulin Judith Urban.

Die Welt der reisenden Gesellen wird in den Songs der seit 2004 als sechsköpfige Band auftretenden „Lads“ thematisiert. In ihr Programm mit dem Titel „3 Jahreszeiten + 1 Tag – Lieder und Geschichten von der Walz“ wurden alte Gesellenlieder und Texte aufgenommen, die mit neuen, von Sänger und Gitarrist Jimmy Maas auf der Walz verfassten durchmischt worden sind. Die volkstümlich-rockig-irischen Melodien ließen die anwesenden, rund 20 Wandergesellen und  -gesellinnen sowie das immer zahlreicher werdende Publikum bald nicht mehr stillstehen und es wurde lustig getanzt. Neben ihren Songs boten die Bandmitglieder Infos über die Symbole und die Geschichte der Wandergesellen, deren Bruderschaften sie als Vorläufer der Gewerkschaften identifizierten, doch wurde auch die Etymologie von Wortwendungen wie Schlitzohr, etwas am Kerbholz haben oder blauer Montag erläutert – die aus der Welt der Tippelei stammen. 

Wie es der Name der 1993 im Kreis Reutlingen und also in Baden-Württemberg gegründeten Band andeutet, wurde zunächst irische Musik gemacht, die die Bandmitglieder bei längeren Irlandaufenthalten kennengelernt hatten. Irische Folkmusik gab es als nicht mehr endende Zugabe am Huetplatz, da sich vor der Bühne eine richtige Pub-Atmosphäre eingestellt hatte. Dazu beigetragen haben die zwei Fass Freibier, eines von dem Verein Casa Calfelor, das andere vom deutschen Generalkonsulat gespendet, wie dies Geselle Klimbim (Stefan Walter) und Ingeborg Szöllösi (von der Deutschen Gesellschaft) bei der Begrüßung des Publikums mitgeteilt hatten. Mit dem schönen alten deutschen Volkslied „Ade nun zur guten Nacht“ endete der dreistündige Auftritt der Wandergesellenband – zum Bedauern des Publikums. Bleibt zu erwähnen, dass der Samstagabend und Sonntagnachmittag dank Förderung durch das Auswärtiges Amt und die Allianz Kulturstiftung möglich waren.