160 Jahre Mittelschule in Suceava

Fast 1000 Seiten über ein Lyzeum, seine Lehrkräfte und erfolgreichen Absolventen

Ein außerordentliches verlegerisches und schulgeschichtliches Ereignis stellt die Herausgabe dieses Buches dar: Bisher hat noch keine Bukowiner Schule eine derartige, umfassende Geschichte. Es handelt sich um ein illustriertes Lexikon mit Lyzeallehrerund Mittelschulabsolventen-Persönlichkeiten von 966 Seiten (2023, ISBN 978-606-022-084-8). Im Bild das Titelblatt der Dokumentation zu 160 Jahre seit der Gründung des orthodoxen Obergymnasiums/ heute Lyzeums Stefan cel Mare Suceava

Titelblatt eines Jahrbuches des Lyzeums „Stefan cel Mare“ von vor 90 Jahren, als es Knabenlyzeum war. Die Jahrbuchreihe hatte ihren Anfang bereits in der Zeit des Herzogtums Bukowina. Der Einführungsbeitrag ist dem ehemaligen Schüler des Obergymnasiums Ciprian Porumbescu (1853-1883) gewidmet. Dem traditionellen Aufbau folgend werden in dieser Ausgabe (68 Seiten) im Mittelteil die Lehrkräfte vorgestellt und die Liste der Abiturienten und Schüler veröffentlicht. Den Namenslisten folgt eine Aufschlüsselung der Schülerzahlen nach ethnischer (305 Rumänen, 86 Juden, 47 Deutsche, 10 Polen, fünf Ruthenen, drei Armenier, zwei Lippowaner) und konfessioneller Zugehörigkeit, wichtige Selbstbekenntnisse wie zu Kronland-Zeiten, sowie zur sozialen Herkunft (die meisten, 149, waren Bauernkinder).

Beispiel eines Gymnasial-Zeugnisses aus dem Jahr 1898 für Silviu Dimitrovici, Pfarrerssohn, später studierte er Bodenkultur, Meteorologie, Klimatologie sowie Forstwesen in Wien, dann Rechtsund Staatswissenschaften in Wien und Czernowitz. Wurde höchster Beamte des größten Bukowiner Wirtschaftsunternehmens, dem Religionsfonds, ausgezeichnet mit dem königlichen „Stern“-Orden Rumäniens. Gestorben und beigesetzt ist der „refugiat“ aus Czernowitz 1962 in Siebenbürgen, in Elisabethstadt/Dumbrăveni.

Ein Autoren-Trio mit nahezu 100 Mitarbeitern hat ein umfangreiches und schwieriges Vorhaben vollbracht: Eine Chronik des ältesten Obergymnasiums / Lyzeums der südlichen Bukowina, in Suceava, das im Laufe der Zeit unterschiedliche Namen trug, mit einem Lexikon der Gründer sowie Lehrerund Absolventenpersönlichkeiten dieser Schule. Es handelt sich um das heutige Kolleg „Stefan cel Mare“, wobei die gegenwärtige Bezeichnung der Mittelschule (Lyzeum) nicht die in Deutschland übliche Bedeutung hat, sondern an das französische Schulsystem angelehnt ist.

Ein halbes Jahrhundert nach der Gründung des ersten Obergymnasiums in der Bukowina in Czernowitz/Cernăuți (1808) erhielt die zweitgrößte Stadt des Herzogtums durch Dekret vom 10. Juni 1860 ein „Kaiserlich-königliches“ orthodoxes Obergymnasium, wobei im Namen gewollt die Bedeutung der Konfession, und nicht die der ethnischen Zugehörigkeit hervorgehoben wurde. 1877 schätzte der damalige Schulinspektor und spätere Nationalpoet der Rumänen, Mihai Eminescu, die Bildungsanstalt als die „beste rumänische Sekundär-Schule“ ein. Das 2023 erschienene Buch belegt, dass sie tatsächlich die bedeutendste Mittelschule für die Orthodoxen der Bukowina war. Aber nicht ausschließlich für Rumänen und Ruthenen, sondern offen ebenso für Armenier, Deutsche, Juden und Polen.

Nach einem Vorwort und einem Argument-Text zum Zweck dieser Dokumentation – unter anderem Anschreiben gegen das Vergessen, als Nachschlagewerk und für eine entsprechende Einordnung in die rumänischen Gesamtliteratur – folgt in alphabetischer Reihenfolge eine Sammlung biobibliographischer Texte zu Gründungslehrkräften sowie Lehrerund Absolventen-Persönlichkeiten, die aus dieser traditionsreichen Mittelschule hervorgegangen sind, darunter ein Friedens-Nobelpreisträger (Chemieingenieur Gheorghiță Crețu, Team-Preis). Erfasst wurden in dem reich illustrierten Buch 481 Persönlichkeiten – ohne Anspruch exhaustiv zu sein -, darunter etwa ein Dutzend deutschstämmige (Buchenländer, Galizianer, Österreicher). So beispielsweise der Direktor des Lyzeums, Johann Limberger, ein Galizianer (1822-1903), der stellvertretende Direktor Marian Scheffel aus Jadowa, heute Ukraine (1933-2019), der bedeutende Musiklehrer, Dirigent und Komponist August Karnet, ein gebürtiger Wiener (1870), auch Theaterkapellmeister in Regensburg, oder Deutschund Latein-Lehrer Peter Tomaschek (1882-1940 in Sereth/Siret), der für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen war.

Eine bedeutende Buchenländer Absolventen-Persönlichkeit des Obergymnasiums war beispielsweise August Hargesheimer, Lehrersohn, in Galizien gebürtig, evan gelischer Pastor, ordiniert 1902 in Eger (heute Cheb), ab 1903 bis 1929 langjährigster und bedeutendster Pastor in der Geschichte der evangelischen Gemeinschaft Neultzkany Suceava. Zugleich war er 1924 bis 1932 Dechant der Evangelischen Kirche in der Bukowina und 1931-1932 Stadtpfarrer in Czernowitz. Gestorben ist er am 10. Januar 1932 in Czernowitz, Sterbeortund Sterbedatum fehlen in der Dokumentation.

Beispielsweise noch zu erwähnen wären der Lokalhistoriker, und Museumskustos in Suceava, Rudolf Gassauer, der bekannte Komponist und Universitätsprofessor Armin Kaufmann, geboren in NeuItzkany, oder von den jüngsten die rumänisch schreibende Dichterin Utta Siegrid König, geboren während der Umsiedlung 1943 im damaligen Posen (Poznan / Polen).

Eine kurze Zusammenfassung in Deutsch, Englisch und Französisch sowie ein umfangreiches Literaturund Quellenverzeichnis beschließen dieses Lexikon, das deutsch unzutreffend als Wörterbuch (Dicționar) bezeichnet bzw. als solches übersetzt wurde.