Allianz der technischen Universitäten

Offener Brief an die Regierung legt große Probleme in der Bildungspolitik frei

Der Rektor der Universität „Politehnica“ Temeswar, Viorel-Aurel Şerban, ist gegenwärtig auch Vorsitzender der Rumänischen Allianz der Technischen Universitäten. Im Foto der Amtssitz des Rektors des Temeswarer Polytechnikums
Foto: Zoltán Pázmány

Die Leitungen der fünf Top-Universitäten mit technischem Profil in Rumänien haben am 24. Juni die Gründung einer Allianz unterzeichnet. Die „Rumänische Allianz der Technischen Universitäten“, zu der die Universität „Politehnica“ Bukarest, die Universität „Politehnica“ Temeswar, die Technische Universität Klausenburg sowie die Technische Universität „Gheorghe Asachi“ aus Jassy und die Technische Baufakultät Bukarest gehören, soll als Plattform für eine engere Zusammenarbeit dienen. Der Vorsitz der Allianz soll jährlich im Turnus von einem der Rektoren der fünf Universitäten besetzt werden. Als Erster bekleidet Viorel-Aurel [erban, der Rektor der Universität „Politehnica“ Temeswar, dieses Amt.

Bessere Ausbildung

Außer der engeren Zusammenarbeit erhoffen sich die Universitäten auch eine starke gemeinsame Stimme zu erlangen, die in der Verbesserung der Bildungs- und Forschungspolitik gehört wird. Oberste Zielsetzung der Allianz ist die Steigerung der Qualität der Ausbildung der Absolventen im Hinblick auf den Arbeitsmarkt. „Große wie auch kleine und mittelständische Unternehmen brauchen gut vorbereitetes Humankapital, um auf einem Arbeitsmarkt, der auf Wettbewerb beruht, gute Ergebnisse zu haben. In diesem Sinne kommt die Allianz den Empfehlungen des Rates der Europäischen Union entgegen, die sich auf das nationale Reformprogramm Rumäniens für 2015 beziehen, durch die Steigerung der Qualität und der Relevanz des technischen Hochschulwesens für den Arbeitsmarkt und die Konsolidierung der angewandten Forschungsprojekte für den Konsummarkt“, hat die Universität „Politehnica“ Temeswar auf ihrer Webseite bekannt gegeben.

In diesem Sinne haben die fünf Rektoren bereits einen offenen Brief an die Regierung geschickt, in dem sie darauf aufmerksam machen, dass „die Politiken im Bildungsbereich und vorwiegend jene im Hochschulwesen zu großen Ungleichgewichten im Bildungswesen geführt haben und ohne eine Beratung mit den relevanten Institutionen aus dem Bereich getroffen worden sind, sodass die Wirtschaft und das Bildungswesen in naher Zukunft hohen Risiken ausgesetzt sind“, wie es im Schreiben heißt. Die fünf Universitäten wollen demnächst eine Analyse der Umsetzung des Bologna-Prozesses in Rumänien durchführen, die „ein klares und messbares Bild der Leistungen“ bieten soll.

Argumente weisen auf Probleme hin

Die fünf Top-Universitäten haben mehrere Argumente für ihre Initiative angegeben: Erstens wurde die gesetzliche Bestimmung, die die Zuteilung von sechs Prozent aus dem Bruttoinlandsprodukt für das Bildungswesen vorsieht, nicht umgesetzt. „2015 waren es 3,7 Prozent des BIP, wobei Rumänien einer der EU-Staaten mit der niedrigsten Finanzierung für diesen Bereich ist“, so der Wortlaut des Briefes. Zweitens ist die Finanzierung pro Student jährlich gesunken. Drittens hat die Regierung aufeinanderfolgende Lohnerhöhungen beschlossen, ohne für die nötigen Haushaltsmittel zu sorgen, sodass die Universitäten für die Versprechen der Regierung aufkommen mussten. Auch für die Gerichtsentscheide, die die nachträgliche Zahlung von Gehaltsansprüchen vorsehen, mussten in vielen Fällen die Universitäten mit anderen Ressourcen aufkommen als der Staatshaushalt.

Es handelt sich dabei um die Rückzahlung von Gehaltserhöhungen, die die Professoren und Angestellten der Universitäten durch Gericht beansprucht hatten, weil ihnen das Geld wegen gesetzlicher Fehler, die vom Parlament oder von der Regierung begangen wurden, nicht ausgezahlt worden war. Ein fünftes Argument, das die fünf Rektoren anführen, ist, dass Rumänien den letzten Platz in Europa belegt, was die Finanzierung der Forschung betrifft. Sechstens geht es um die „ständige Verhinderung“ des Zugangs zum Europäischen Sozialfonds. Dieser Fonds wird von den Unterzeichnern des Briefes als das einzige Instrument angesehen, das zu Stabilität führen könnte. Die Unis werden als eine wichtige Etappe in der Ausbildung von Fachleuten angesehen und gerade die Absolventen der technischen Universitäten werden in den letzten fünf Jahren auf dem Arbeitsmarkt in boomenden Branchen gesucht wie Bauwesen, Elektronik, Software- und Hardware-Industrie sowie Automotive.

Konkrete Maßnahmen gefordert

Die Rektoren der fünf Universitäten verlangen des Weiteren konkrete Maßnahmen von der Regierung: Erstens fordern sie die Rücknahme des Regierungsbeschlusses Nr. 20/2016, welcher Änderungen in den Gehaltsauszahlungen für 2016 vorsieht. Zweitens verlangen sie „eine erhebliche Erhöhung der Finanzierung pro Student“. Drittens werden „feste Termine für die Zuwendung der sechs Prozent vom Bruttoinlandsprodukt für die Bildung und ein Prozent für die Forschung“ verlangt. Ein weiterer Punkt ist die Optimierung des Prozesses der Implementierung von Projekten. Fünftens verlangen die Rektoren Unterstützung für ein Gesetz des Steuerabzugs für Ausgaben im Bereich Entwicklung und Forschung ähnlich wie das in anderen strategischen Bereichen wie im IT der Fall ist. Um die Qualität zu steigern, wird auch explizit verlangt, dass „die Anbieter von Ausbildungsgängen, die sich keinerlei Qualitätsbewertungen unterwerfen, daran gehindert werden, Universitätsdiplome zu verkaufen, die die Kompetenzen der Absolventen auf keinen Fall widerspiegeln“.

Zum Schluss wird unterstrichen, dass die Universitäten zu Rate gezogen werden sollen, wenn es um die Umsetzung der fünf verlangten Punkte geht. „Sollten die Maßnahmen nicht durchgeführt werden, haben wir vor, juristisch vorzugehen und zu öffentlichen Protesten aufzurufen, um der Unterfinanzierung des rumänischen Bildungswesens entgegenzuwirken“, so endet der offene Brief. Das wiedergegebene Schreiben ist vom Rektor der Universität „Politehnica“ Temeswar und dem gegenwärtigen Vorsitzenden der Rumänischen Allianz der Technischen Universitäten, Viorel-Aurel Şerban, sowie von den Rektoren der anderen vier technischen Top-Universitäten des Landes unterzeichnet: Mihnea Costoiu (Universität „Politehnica“ Bukarest), Vasile Ţopa (Technische Universität Klausenburg), Dan Caşcaval (Technische Universität „Gheorghe Asachi“ Jassy) und Radu Sorin Văcăreanu (Technische Baufakultät Bukarest).