Aspekte der Wahrheit

Rumäniens Haushalt 2018 ist auf einem Wechselkurs von 4,55 Lei/Euro aufgebaut. Er pendelt schon jetzt bei 4,60-4,68 Lei/Euro, was die Prognosen der Wirtschaftsanalysten (sie vermuteten Ende 2017 für Ende März einen mittleren Wechselkurs von 4,7 Lei/Euro) bezweifeln lässt. Die der Regierungskoalition geschuldeten Probleme der Wirtschaft Rumäniens haben 2017 ihren Ursprung. Ihre Verschärfung – neben dem Wechselkurs das Handelsdefizit, die Preise der Grundnahrungsmittel, von Strom, Brennstoffen usw. – hat die Inflation bereits auf die Drei-Prozent-Marke hochgetrieben. Unabhängige Analysten meinen, Rumänien habe Glück, wenn die Inflation diese Marke 2018 nicht überschreitet.

Die Preisspirale wird sich weiter hochdrehen. Das ergäbe ein „kleines Paradoxon“, meint der Wirtschaftsanalyst Constantin Rudniţchi: Trotz einer relativ stabilen Inflationsrate um drei Prozent werden manche Waren und Dienstleistungen zweistellige Preissteigerungen erfahren, die im täglichen Warenkorb enthalten sind – also die Kasse des Normalverbrauchers belasten.

Ein Ausdruck dieser Preisspirale ist die Erhöhung des Leitzinses der Nationalbank auf zwei Prozent. In ihrem Schlepptau: die Steigerung der Kreditzinsen. Analysten sehen mit der Erhöhung des Leitzinses durch die BNR noch keinen Stopp der Preisspirale. Zur Jahresmitte könnte der Leitzins „bis um die 2,5 Prozent“ erhöht werden. Bezüglich der Zinsen für die zwischenbankliche Ausleihrate des Leu, ROBOR (Romanian Interbank Offer Rate), hüten sie sich, Prognosen auszusprechen. Einzige Schlussfolgerung: Die Zeiten des billigen Geldes sind in Rumänien passé!

Das trifft jetzt diejenigen, die Kredite in der Landeswährung aufgenommen haben. Durch die Wechselkursschwäche des Leu trifft es auch alle anderen Kreditnehmer. Also die Mehrheit der aktiven Bevölkerung.

Hohe Preise, hohe Zinsen, ein starker Euro – all das vor dem Hintergrund eines noch anhaltenden Wirtschaftswachstums. Und der Mehrwertsteuersplittung, die angeblich bloß Firmen impliziert, die Mwst-Schulden haben oder in Insolvenz sind. Nur: Alle Firmen, die mit diesen Beziehungen pflegen, zappeln im selben Sog. Kompliziert wird´s mit den Steuern der Firmen, die Geschäfte bis zu einer Million Euro abwickeln. Der entsprechende Eilbeschluss ist 2017 nicht mehr im Parlament diskutiert worden – also müssen diese Firmen, statt der Gewinnsteuer, eine Umsatzsteuer entrichten. Dadurch werden manche Firmen benachteiligt (z. B. wenn sie unter 6,25 Prozent Profit schreiben). Bevorteilt sind Firmen, die Investitionen getätigt haben, eventuell sogar Verluste schreiben.

Problematisch wird´s mit dem Gesetz, das den Fiskusangestellten einen „15-Prozent-Anteil“ an den Strafgeldern sichert, die sie austeilen. Diese „Gewinnbeteiligung“ birgt Übergriffspotenzial, Amtsmissbrauch. Dazu kommt das vom Parlament nicht zu Ende gedachte „Präventionsgesetz“, das mit dem „Gewinnbeteiligungsgesetz“ teilweise kollidiert, weil kein Ministerium die Straftaten aufzählt, die dieses Gesetz sanktioniert. Das andere Gesetz, das mit dem „Gewinnbeteiligungsgesetz“ im Widerspruch steht, ist das „Schuldturmgesetz“ („închisoarea datornicilor“), das ebenfalls nicht zu Ende gebracht wurde. Kein Wunder! Haben Sie schon mal nachgerechnet, wie viele Tage ein rumänischer Parlamentarier monatlich arbeitet? – Acht, haben rumänische Zeitungen ausgerechnet!

Nicht zuletzt sprechen die Finanzanalysten von einem „Rückfall auf 2007“ (BCR) betreffs Wirtschaftswachstum. Nach der „Überhitzung“ 2006-08 kamen die „Stagflation“ (beschränkte Wirtschaftsentwicklung bei hoher Inflation) und ein Wiederaufschwung (mit gedämpfter Inflation). Worauf die heutige Überhitzung aufgrund der Maßnahmen der Technokratenregierung Cioloş einsetzte...

Was uns die Regierungskoalition zukunftsfroh verkauft, ist die halbe Wahrheit.