Asphalt soll Kopfsteinpflaster ersetzen

Der Kampf um den Erhalt der Geschichte geht in die letzte Runde

Temeswar: Historische Straßen mit Kopfsteinpflaster sollen 2018 asphaltiert werden. Foto: Zoltán Pázmány

Dies soll der letzte Winter sein, den die historischen Straßen mit Kopfsteinpflaster in der Temeswarer Elisabethstadt erleben werden. Im Frühling sollen diese Straßen mit Asphalt versehen werden, heißt es seitens des Temeswarer Bürgermeisteramtes, nachdem die Institution einen letzten Prozess gewonnen hat.

Das Thema ist nicht neu. Seit mehreren Jahren streiten Temeswarer Beschützer des historischen Erbes mit der Stadtverwaltung um den Erhalt der Pflastersteine auf den Straßen im geschichtsträchtigen Stadtviertel von Temeswar. Es war nicht total umsonst, denn die Stadt durfte bisher die Asphaltierungspläne nicht umsetzen – bereits mehrere Prozesse verhinderten dies. Nun soll alles von zwei Genehmigungen des Umwelt- bzw. Denkmalschutzamtes abhängen. Doch laut Angaben des Bürgermeisteramts müssen diese Genehmigungen infolge eines Gerichtsurteils, das dem Bürgermeisteramt recht gibt, ausgestellt werden.

Insgesamt 14 Temeswarer Straßen sind seit mehreren Jahren im Visier des Bürgermeisteramtes. Der Pflaster-Bodenbelag soll entfernt und die Straßen sollen mit Asphalt versehen werden. Die ersten Diskussionen diesbezüglich fanden bereits 2014 statt, als die Domplatzsanierung in vollem Gange war. Der Platz wurde in eine Fußgängerzone umgewandelt, sodass auch die Ungureanu-Straße vor dem serbischen Vikariat ebenfalls mit Kopfsteinpflaster versehen werden sollte. Der Temeswarer Bürgermeister, Nicolae Robu, kündigte damals an, dass dafür Granit-Kopfsteinpflaster von einigen Straßen entfernt und am Domplatz verwendet werde. Letztendlich hat man Steinpflaster für den Domplatz gefunden, auch ohne die gepflasterte Straße zu beschädigen, doch die Vertreter des Bürgermeisteramtes gaben die Idee der Asphaltierung dieser Straßen nicht auf. Im Herbst des darauffolgenden Jahres haben die Stadträte eine Machbarkeitsstudie für die Investition „Modernisierung der gepflasterten Straßen in Temeswar“ genehmigt. Die Begründung des Projekts war, dass der technische Zustand dieser Straßen für einen optimalen, ruhigen und angenehmen Autoverkehr nicht geeignet sei. Die Sicherheits- und Komfortbedingungen seien nicht passend, fügte sogar Robu hinzu. Die 14 Straßen des Asphaltierungsprojekts sind folgende: Argeş, Dr. Ioan Mureşan, Ludwig van Beethoven, Mitropolit Varlaam, Putna, Remus, Sfânta Rozalia, Sorin Titel, Topliţa, Virgil Madgearu, Béla Bartók, Filaret Barbu, Arcidava, Romulus. Davon befindet sich die Hälfte in der Elisabethstadt.

Dies sorgte gleich für Empörung unter Temeswarer Architekten und Förderern des Stadterbes. Der Verein „Salvaţi Patrimoniul Timişoarei“ (deutsch: „Rettet das Temeswarer Stadterbe“) hat kurz darauf das Bürgermeisteramt vor Gericht zitiert. Einige der Begründungen: Die Machbarkeitsstudie sei von einer Firma aus Großwardein/Oradea durchgeführt worden, welche die Straßen als uneben und mit beschädigten Pflastersteinen beschreibe, die gefährlich für den Autoverkehr sein könnten. Die Firma habe aber, laut Angabe des Temeswarer Architekten Victor Popovici, die Variante der Sanierung mit Beibehaltung des Pflasters gar nicht erst in Betracht gezogen. Die einzige in der Studie genannte Variante sei dagegen die des Asphaltierens. Dabei sollen diese Straßen mit rund 14,5 Millionen Lei samt Mehrwertsteuer mit neuem Bitumenbelag versehen werden.

Die Straßen in der Elisabethstadt sind seit über hundert Jahren mit Kopfsteinpflaster versehen. Es gibt gleich mehrere Vorteile für die gepflasterten Straßen, weiß Architekt Victor Popovici zu schätzen: „Während des Sommers erhitzen sich diese Pflastersteine nicht so stark wie der Asphaltbelag, der in der Sommersonne bis zu 70 Grad Celsius erreichen kann. Das Wasser gerät bei starken Regenfällen schnell in den Boden, ohne Pfützen zu bilden und die Kanalisierung zu überlasten. Der Autoverkehr erfolgt langsam, ohne Lärm und ohne Luftverschmutzung. Autos werden nie auf solchen Straßen rasen, dabei das Leben der Fußgänger gefährden und die Wohnqualität der Einwohner auf diesen Straßen stören. Die Instandhaltung der gepflasterten Straßen erfordert geringe Unterhaltskosten, wogegen der Asphaltbelag meistens nach drei bis vier Jahren repariert werden muss. Nur die jeweils beschädigten Steine müssen von Neuem gelegt oder ersetzt werden“, erklärt Victor Popovici, der als gebürtiger Temeswarer in der Elisabethstadt aufgewachsen ist. Als Nachteil betrachtet der Temeswarer Architekt unter anderem auch den Verlust der Identität des historischen Stadtviertels.

Das Bürgermeisteramt wurde wegen dieses Projekts gleich zweimal vor Gericht zitiert. Der erste Prozess wurde vom Umweltamt initiiert, da das Bürgermeisteramt ohne Genehmigung Pflastersteine von der Ioan-Mureşan-Straße entfernt hat, und das zweite Verfahren wurde vom Temeswarer Kulturverein initiiert. Gabriel Tuşinean und Victor Popovici verlangten seitens des Kulturvereins, dass der Stadtratsbeschluss und die Genehmigung für die Machbarkeitsstudie zurückgezogen werden. In erster Instanz haben sie den Prozess gewonnen, jedoch kurz darauf beim Schiedsgericht verloren. Das Bürgermeisteramt hat auch den Prozess mit dem Umweltamt gewonnen, was heißt, dass die ersten Asphaltschichten auf den jeweiligen Straßen bereits kommendes Jahr gegossen werden könnten. Dafür fehlt bloß die Genehmigung seitens der Umweltbehörde, die aber laut Angaben von Nicolae Robu rechtspflichtig ist. Zuerst soll noch die Ausschreibung für die Durchführung der Arbeiten erfolgen, sodass bereits im Frühling 2018 die Asphaltierung beginnen könnte.