Bedenkenswertes über 2018

Der britische „The Economist“ pflegt gegen Jahresende Umfragen unter Spitzenpolitikern über politische Entwicklungstendenzen des folgenden Jahres zu organisieren. John McCain, Senator, Ex-Präsidentschaftskandidat, sieht 2018 als Scheideweg zwischen „der Akzeptanz des Niedergangs oder eines Neubeginns. (...) Wir müssen uns den Mantel derjenigen überziehen, die das erfolgreichste Arrangement der Geschichte ausgearbeitet haben und uns versichern, dass es weitere 70 Jahre überlebt.“ McCains kategorischer Imperativ: Die liberale Ordnung muss verteidigt werden, die liberale Welt muss sich auf neuen Grundlagen sammeln und illiberale, „ethno-nationalistische Leidenschaften, Einflusssphären oder Exzesse der Machtpolitik“ abwehren. Inwiefern diese Forderung bei Donald Trump greift?

Zustimmungssignale aus der US-Administration gibt es.

Beim Reagen Defense Forum hat General H. R. McMaster, Trumps Sicherheitsberater, die akutesten Bedrohungen der USA aufgelistet – in einem Sprachduktus, der dem McCains ähnelte. McMaster sprach vom „russischen und chinesischen Revisionismus“, die die Nachkriegsordnung bedrohen. Er forderte eine „Gegengewichtung“ zum „politischen Krieg Moskaus gegen die Demokratie(n)“, für eine „Sprengung der Einheit der demokratischen Staaten und Nationen“, für „neue Polarisierungen“ (mit Bezug auf Katalonien und den Einsatz der Moskau-Protegées Julian Assange und Edward Snowden).

Rex Tillerson, Chef des State Departments, hat binnen eines Jahres seinen Diskurs geändert. Der Ex-Wirtschaftsmanager spricht heute von einer „Entente der Demokratien im indisch-pazifischen Raum“. Ziel: die strategische Einschnürung Chinas. Vor seiner jüngsten Europatournee sprach er im Woodrow-Wilson-Center über „Die USA und Europa: Konsolidierung der transatlantischen Allianzen“, wobei er auf Theodore Roosevelt hinwies und an den Jahrestag des Eintritts der USA in den Ersten Weltkrieg erinnerte – entgegen der „America-First“-Optik des damaligen Präsidenten Wilson... Das klang wie eine Ohrfeige für Trump. Tillerson erinnerte an die Grundprinzipien westlicher Demokratien: Freiheit, Gleichheit, Menschenwürde, die eine „politische Architektur verteidigen“ muss, die sich auf Trennung der Macht im Staat, Vorherrschaft des Gesetzes, repräsentative Regierungen und eine implizierte Zivilgesellschaft stützt.

Wen wundert es, dass zur gleichen Zeit jene unmissverständliche Warnung des State Departments an Rumänien die Runde machte, die von der Bukarester Regierungsmehrheit in balkanisch salopper Tumbheit heruntergespielt wurde?

Laut Tillerson sind „Rechtsstaat und repräsentative Regierungen leere Hülsen, wenn sie von einer energischen Zivilgesellschaft und tiefem Respekt vor offensichtlichen Wahrheiten getrennt werden. Wir können noch so viele geo-strategische Schlachten gewinnen: Wenn wir nicht permanent auf der Hut sind in unserem eigenen Verhalten, dann können unsere Völker trotzdem langfristig verlieren.“ Auch das ein rügender Seitenblick auf seinen Chef Trump – der wiederholt signalisierte, auf der Suche nach einem Nachfolger seines Außenministers zu sein...

Tillerson bezog sich auch aufs hundertjährige Jubiläum der russischen Revolution und erinnerte die Europäer an das „sowjetische Erbe“, an „Gulag, Eisernen Vorhang, Berliner Mauer“, an „was passieren kann, wenn wir nicht effizient die westlichen Prinzipien der Freiheit und Souveränität verteidigen“.

Direkter als Tillerson war sein neuer Assistent für europäische Angelegenheiten, Wess Mitchell. Der redet vom „atavistischen Revisionismus“ Moskaus, das stur Richtung Destabilisierung seiner Nachbarn und Spaltung Europas bohrt. Deshalb: „1945 war unsere Aufgabe Kreativität, 1989 Ausweitung, heute Wahrung, Konservierung des Abendlands als Raum der Freiheit.“

Hat sich die US-Diplomatie von Trumps „America first“ abgewandt?