Besonderes Orgel-Jubiläum in Kronstadt

Vortrag und Konzert zum 180-jährigen Bestehen der Buchholz-Orgel

In der Aula der „Transilvania“- Universität konnte das Publikum auf einer Leinwand das Geschehen am Spieltisch beobachten. Foto: Christine Chiriac

Schon seit 180 Jahren erklingt die große Buchholz-Orgel auf der Empore der Schwarzen Kirche in Kronstadt/Brașov. Sie hat zahlreiche einschneidende Ereignisse und historische Zäsuren überlebt, viele Generationen von Kirchgängern, Besuchern und Musikfreunden mit ihren Klängen inspiriert, erfreut, getröstet und entzückt. Auf den Tag genau 180 Jahre nach der Einweihungsfeier der Orgel, am 17. April, konnte das Kronstädter Publikum im Rahmen eines Vortragsabends mit musikalischen Beispielen in die Geschichte der Orgelmusik in Kronstadt eintauchen und den Klängen der größten Orgel der Stadt lauschen.


Den Vortrag hielt der Kantor der Schwarzen Kirche, Steffen Schlandt, in der Aula der „Transilvania“-Universität. Es sei zurzeit nicht möglich, die Veranstaltung in der Schwarzen Kirche über die Bühne gehen zu lassen, so Schlandt: Zum einen sei es in der Kirche noch sehr kalt, zum anderen hätte das zahlreiche Publikum keinen Zugang zur Empore und somit zur Orgel. Doch auch wenn der Musikabend in die gemütlichere Aula verlegt wurde, konnten die Klangfarben der Buchholz-Orgel gewissermaßen mitgenommen werden: Die digitale Orgel der Universität ermöglicht es, Klänge einer anderen Orgel mittels einer Software einzuspielen und zu reproduzieren. Wie Steffen Schlandt erklärte, sei schon 2014 jeder einzelne Ton der Buchholz-Orgel aufgezeichnet worden, sodass ein relativ realitätsgetreues Klangbild wiedergegeben werden könne – auch wenn der Reichtum der natürlichen Töne und die Resonanz im Kirchenraum digital unerreichbar seien.

Der Abend verlief in Form eines chronologischen Überblicks über die Geschichte der Orgelmusik und der Instrumente in der Schwarzen Kirche, angefangen von der ersten gotischen Orgel über diverse urkundlich erwähnte Instrumente bis hin zur Zäsur durch den großen Stadtbrand am 21. April 1689, der Orgeln, Kirche und Stadt zerstörte. Hier ergriff Stadtpfarrer Christian Plajer die Gelegenheit, den Vergleich zum Brand in der Kathedrale Notre Dame in Paris zu ziehen. „Ähnlich wie Notre Dame ein Schatz der gesamten Menschheit ist, gehören auch die Schwarze Kirche und ihre wertvolle Orgel nicht ‚nur‘ den Siebenbürger Sachsen“, so Plajer. „Sie sind gemeinsame Werte, sie vereinen, geben Hoffnung und Zuversicht.“

150 Jahre nach dem Stadtbrand in Kronstadt konnte dann am 17. April 1839, einem Mittwoch, die Orgel von Carl August Buchholz eingeweiht werden – mit den 63 Registern, 3993 Pfeifen, vier Manualen und zwölf Windladen war dieses Instrument seinerzeit eins der größten und bedeutendsten in Europa. Steffen Schlandt untermalte seinen Vortrag mit Musikbeispielen aus drei Jahrhunderten, die den Klangreichtum und die vielfältigen Möglichkeiten, die die Buchholz-Orgel bietet, veranschaulichten. Neben den unterschiedlichen Registerfarben verfügt die Orgel über Klangfrequenzen zwischen 17 Hz und 10 kHz und zudem über die technischen Mittel, dynamische Steigerungen (crescendo) zu realisieren. Der Organist spielte das Choralvorspiel „O Mensch, bewein‘ dein‘ Sünde groß“ von Bach, eine Auswahl von kammermusikalischen und sinfonischen Werken aus Barock und Romantik und zum Schluss die überwältigende Chaconne aus der Partita in d-Moll für Violine solo von Bach, in der Orgelbearbeitung von Henri Messerer. Er lud das Kronstädter Publikum ein, den „echten“ Klang der Orgel im Rahmen des diesjährigen Orgelsommers in der Schwarzen Kirche zu erleben. Die Konzerte werden wie jedes Jahr vom ersten Dienstag im Juni bis zum letzten Dienstag im September stattfinden.