Bestandsaufnahme: Deutschland und Rumänien in der NATO

Konferenz über die Herausforderungen des Bündnisses

Außenamtsmitarbeiter Jasper Wieck (links) und Außenminister Bogdan Aurescu (rechts) erläuterten die aktuellen Hauptaufgaben der NATO angesichts der aktuellen politischen Lage. Durch die Diskussion führte Emil Hurezeanu (Mitte), designierter Botschafter Rumäniens in der Bundesrepublik Deutschland.
Foto: der Vervfasser

Diplomatisch und bündnispolitisch ist 2015 für die Bundesrepublik Deutschland und Rumänien ein besonderes Jahr: Beide Länder feiern ihre seit 135 Jahren bestehenden Beziehungen, und für Deutschland jährt sich zum 60. Mal die Aufnahme in die NATO. Beide Jubiläen waren ein Anlass für die Deutsche Botschaft Bukarest, gemeinsam mit dem New Europe College und seinem Vorsitzenden Andrei Pleşu für ein Zwischenfazit am 2. Juli zu einer Podiumsdiskussion zu laden: „Deutschland und Rumänien – sicherheitspolitische Partner in der NATO“. Die Position Deutschlands innerhalb der NATO habe sich, so Pleşu, fundamental gewandelt: Die Gründung des Militärbündnisses sollte einst ein Gegengewicht zur Sowjetunion schaffen und den Einfluss Westdeutschlands eindämmen – heute jedoch sei die Position Deutschlands innerhalb der Allianz ungleich bedeutender. In Rumänien indessen sei die Allianz in der jüngeren Vergangenheit höchst unterschiedlich bewertet worden: „Früher galt die NATO als das Böse schlecht-hin, doch heute wird sie allgemein als wichtiger Bündnispartner gesehen – interessanterweise oft sogar von jenen, die sie früher verteufelten.“

Werner Hans Lauk, Botschafter der Bundesrepublik Deutschland, hob indessen die Bedeutung eines Dialogs zwischen NATO und Zivilgesellschaft hervor – dieser sei bereits 2013 von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier angeregt worden. Auch die Begegnung in Bukarest widme sich diesem gewünschten zivilgesellschaftlichen Dialog. Jasper Wieck, im Auswärtigen Amt zuständig für die Koordinierung der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik, verwies auf die dramatische Veränderung der politischen Großwetterlage in Europa: „Die europäischen Werte stehen auf dem Spiel – darunter die Freiheit von Ländern, über die Zugehörigkeit zu Bündnissen selbst entscheiden zu können.“ Die NATO habe dabei insbesondere den östlichen Mitgliedern stets ihren Beistand garantiert und werde dies auch weiterhin tun. Deutschland leiste hier seinen Beitrag mit der Überwachung durch AWACS-Aufklärungsflugzeuge und die Teilnahme an Militärübungen an der östlichen Flanke des Bündnisses.

Bogdan Aurescu, seit November 2014 Außenminister Rumäniens, nannte die aus seiner Sicht bedeutendsten Problemsituationen unter-dessen beim Namen: „In der Ostukraine herrscht eine spezielle Situation. Die verdeckten Militäroperationen während der Annexion der Krim im vergangenen Jahr und die bis heute andauernden Gefechte im Osten unseres Nachbarlandes haben das Verhältnis zu Russland grundlegend geändert.“ Zuvor hätten beide Seiten ein kooperatives Verhältnis zueinander gepflegt, doch Russland sehe die NATO seither als Gegner. Dies beruhe jedoch nicht auf Gegenseitigkeit: „Wir wollen die Kooperation jederzeit wieder aufnehmen“, betonte Aurescu. Weitere bedeutende Herausforderungen für die Allianz seien die Migrationsströme an ihrer Südflanke sowie ein „Bogen der Instabilität“ jenseits ihrer Südostgrenze. Zugleich untermauerte er die Aufnahmebereitschaft des Bündnisses: So wie die „Politik der offenen Tür“ 2004 den Beitritt Rumäniens ermöglicht habe, so solle auch in Zukunft weiteren Ländern die Möglichkeit einer Mitgliedschaft geboten werden. Nächster Kandidat hierfür sei Montenegro, über dessen Aufnahme im Dezember entschieden werden solle. Abschließend verwies der Minister auch auf die bevorstehenden internen Aufgaben des Bündnisses: „Die Vorteile einer NATO-Mitgliedschaft sowie des Beistandsartikels 5 müssen besser kommuniziert werden.“