Bilder vom Alterungsprozess in Rumänien

Friedrich Ebert Stiftung unterstützt Projekt über Senioren

Die Friedrich Ebert Stiftung liefert in Kürze auch statistische Daten und einen Bericht über die Senioren Rumäniens. Diese Informationen werden innerhalb kurzer Zeit veröffentlicht. Abrufbar sind die Foto- und Audio-Episoden unter romaniaimbatraneste.ro. Nicht ausgeschlossen wird eine Ausstellung mit den Fotografien, die das Altwerden in Rumänien dokumentieren.
Foto: Ioana Moldovan

Raue Stimmen hört man, wenn man die Fotos betrachtet. Die Menschen auf den Bildern sprechen über die Erfahrung, die sie gemacht haben: „Das Leben ist hart, es ist trotzdem gut, dass es vergeht“, meint der eine. „Diese Einsamkeit vernichtet mich“, meint ein anderer, der seit ein paar Jahren verwitwet ist. „Da ich als Kind nicht gern gelernt habe, bin ich bei der Landwirtschaft geblieben“, erzählt eine Stimme. Das sind die Stimmen von Männern und Frauen im Seniorenalter aus verschiedenen Regionen des Landes. Durch die Internetseite romaniaimbatraneste.ro soll darauf aufmerksam gemacht werden, dass die rumänische Gesellschaft älter wird. Aktuelle Zahlen und Statistiken stehen als Beweis dafür, dass rund jeder Sechste über 65 Jahre alt ist. Die Altersstruktur wird sich in den nächsten Jahrzehnten verändern, das zeigt eine Bevölkerungsvorausberechnung von Eurostat. Je mehr die Geburtenrate sinkt und die Lebenserwartung steigt, desto älter wird die Bevölkerung.
Unter den Titeln „Ein wenig Alzheimer“, „Ich wurde müde“, „Ich sehne mich danach“ verbergen sich auf der Webseite wertvolle Geschichten von älteren Menschen. Darunter eine Lehrerin vom deutschen Goethe-Kolleg in Bukarest, eine Hausfrau ohne Rente aus Deutsch-Weißkirch/Viscri, eine ehemalige Elektromechanik-Ingenieurin und ihr an Alzheimer leidender Mann, ein 63-jähriger Mann im Altersheim in Botoşani, der nur seine Kinder wiedersehen will. Der Journalist Laurenţiu Diaconu-Colintineanu und die Fotografin Ioana Moldovan haben sich vorgenommen, der vielschichtigen und wenig erkundeten Welt der älteren Menschen hierzulande näherzukommen.

In der letzten Zeit wurde so viel über Renten und Altwerden gesprochen, dass sie sich gefragt haben: „Nun wird Rumänien alt, aber wie findet dieser Prozess statt?“. Nach einem Jahr ist ihr Projekt umgesetzt worden: Die Doku besteht aus Fotos und Audio-Episoden, die in sieben Teilen strukturiert wurden. 21 ältere Leute erzählen über ihren Alltag, Wünsche, Probleme und Hoffnungen. Jedes Porträt ist die Geschichte eines Menschen. „Wir haben versucht verschiedene Menschentypologien zu identifizieren, die aktuelle Richtungen aus der rumänischen Gesellschaft oder Situationen beim Altwerden vertreten. Dann haben wir Menschen gesucht, die willig waren, über das Thema zu sprechen“, erklären die Initiatoren. Das Ziel des Journalisten und der Fotografin war es, sich mit einem tiefgründigen Thema zu beschäftigen und dem Publikum eine weniger bekannte Wirklichkeit zu zeigen. Dokumentiert haben sie mehrere Facetten des Altwerdens. Sie wollten zeigen, wie die jetzige Rentnergeneration aussieht. An die rumänischen Senioren erinnert man sich meistens, wenn es um das Rentensystem geht.

Die Gesellschaft ignoriert die älteren Menschen: „Der politische Diskurs ist auf wirtschaftliche Aspekte begrenzt, die natürlich wichtig sind, aber nicht die ganze Welt des Altwerdens in Rumänien repräsentieren. Es geht um die Beziehungen zwischen den älteren und den jüngeren Generationen, um Gefühle und Probleme des rumänischen Systems“, erklären sie. Damit wollen die Autoren keine Parallele zu anderen Ländern aus dem Westen ziehen, denn es gibt zu viele wirtschaftliche, auch kulturelle und historische Unterschiede zwischen Rumänien und zum Beispiel Deutschland. „Die Älteren sind nicht nutzlose Leute, die von öffentlichen Geldern unterstützt werden. Sie sind Menschen mit altersspezifischen Freuden und Problemen“, meinen die Initiatoren des Projektes. Die klischeehafte Wahrnehmung soll gegenüber den älteren Leuten verändert werden. Auf der Webseite wird klar gemacht, dass die Senioren die Gesellschaft prägen. Im Monat Mai haben die Europawahlen stattgefunden. Die Menschen im dritten Lebensabschnitt sind die, die am meisten ihre Stimme abgegeben haben. Sie können also viel Einfluss auf die Wahlen ausüben und sind deshalb oft die Zielgruppe der Politiker.