Bitte recht unangenehm!

Foyer des Bergmanntheaters vor der Renovierung

Bergmanntheater während der Renovierung
Fotos: der Verfasser

Der Blick des Besuchers, der in den letzten Jahren durch Lupeni im Schiltal fuhr, wurde unweigerlich von der Ruine eines einst stolzen Gebäudes angezogen, das auf der Fassade die anspruchsvolle Aufschrift „Kulturpalast“ trägt. Das ehemalige Theater der Bergleute, eröffnet im Jahr 1927, rottete jahrelang vor sich hin und war das einsturzgefährdete Dach für die Obdachlosen der Umgebung.
Bei der letzten Fahrt durchs Schiltal stellte ich erfreut fest, dass die Stadtverwaltung begonnen hatte, das Theater zu sanieren, und beim näheren Hinsehen sogar ganz ordentlich, keine Selbstverständlichkeit hierzulande.

Kaum hatte ich meinen Fotoapparat aus der Tasche geholt um diese gute Nachricht zu dokumentieren, stürmte ein als Bauarbeiter verkleideter Zerberus herbei und schrie mich übergangslos an.
„Warum fotografierst du das Gebäude?“
Ich antwortete ehrlich: „Weil ich mich freue, dass es so schön renoviert wird.“
Die Antwort kam postwendend:
„Du darfst hier nicht fotografieren!“
„Warum?“
Dieses Wörtchen bringt in Rumänien jeden, der meint, etwas zu sagen zu haben zuverlässig auf die Palme. So auch jetzt.
„Weil ich es sage!“
„Wer sind Sie überhaupt?“
Es folgte eine Antwort, die in eine andere Sprache nur schwer übersetzbar ist, nämlich:„Şeful de post.“ Der Ausdruck „Şef de post“ ist mehrdeutig, es ist der Leiter einer Baustellenniederlassung, der Leiter einer Polizeiwache nennt sich ebenfalls so, kurz,  es ist jemand, der eingesetzt ist, darauf zu achten, dass alles seine Richtigkeit hat. Aber so leicht ließ ich mich nicht beeindrucken.
„Ich stehe auf öffentlichem Grund. Das Bauwerk ist kein Militärgebäude, das nicht fotografiert werden darf. Solange ich nicht auf Ihrem Grundstück stehe, darf ich fofografieren.“
„Nein, darfst du nicht! Du brauchst eine Bewilligung vom Bürgermeister!“
„Das ist wohl ein Witz?!“
„Nein, hier darf nicht jeder fotografieren wie er möchte. Du brauchst eine Bewilligung vom Bürgermeister!“ Mittlerweile hatte sich die Stimme des Zerberus zur Laustärke eines startenden Jumbos gesteigert.

Ich ließ den Zerberus kläffen und fotografierte. In dem Moment, in dem ich das Schild ablichten wollte, an dem Bauherr und Vollendungsdatum angeschrieben sind, wurde er  erst richtig aggressiv.
„Du darfst das nicht fotografieren. Verschwinde endlich, sonst hau ich dir in die Fresse.“
Jetzt wurde ich rabiat: „Das Schild ist vom Gesetzgeber explizit als öffentliches Informationsschild vorgesehen. Das ist öffentlich!! Kapiert?“
„Du brauchst eine Bewilligung vom Bürgermeister! Du darfst das nicht fotografieren!“ heulte der Baustellenleiter und machte nun wirklich Anstalten, mir ans Leder zu gehen, auch rotteten sich ein paar Bauarbeiter zusammen, die bis dahin teilnahmslos auf den Gerüsten gestanden sind, also ließ ich das Fotografieren sein und ging zum Wagen. Mit Bauarbeitern aus einem Bergbaugebiet wollte ich es lieber auf keinen Zusammenstoß ankommen lassen.
Auf der Fahrt heimwärts ließ ich mir die Begebenheit noch mal durch den Kopf gehen. Jeder andere hätte wahrscheinlich gesagt, dass der aggressive Baustellenleiter etwas zu verbergen hatte. Wer weiß, welche unsaubere Geschäfte er zu kaschieren versuchte. So weit gehe ich aber nicht. Es ist wie so oft in diesem Land: Selbst wenn man etwas Gutes tut, tut man es auf möglichst unangenehme Weise.