Buchenwald durch Bürgerinitiative gerettet

Umweltschützer und die 26 Familien des Weilers Prisăcina sammelten 11.000 Unterschriften

Herkulesbad/Băile Herculane . Es dürfte einzigartig für Rumänien sein, was mehrere Banater Umweltschutzorganisationen gemeinsam mit den 26 Familien des Weilers Prisăcina, Gemeinde Cornereva, im Südbanat geschafft haben: Sie haben durchgesetzt, dass ein Waldstück mit rund 800 uralten Buchen (einstweilen) nicht gefällt werden darf, obwohl im Forsteinrichtungsplan dieses Raums dafür ausersehen. Die alte Waldparzelle liegt am Westhang des Naturschutzgebiets und Bergmassivs Domogled.

Im Verantwortungsgebiet des Forstamtsbezirks Herkulesbad gibt es neben dem ausgewiesenen Naturschutzgebiet Domogled–Cerna-Tal (dort ist u.a. die Schwarzkiefer, „pinus nigra“, ein Relikt der Eiszeit, zuhause, aber auch das artenreichste Schmetterlingsreservat Südost-europas) zahlreiche Waldflecken, die von den Bewohnern der 28 Streusiedlungen und Weiler, die in der Gemeinde Cornereva, der flächengrößten Gemeinde Rumäniens, zusammengefasst sind (sie bedeckt eine Fläche, die dem heutigen Bukarest entspricht), „seit Väter- und Urväterzeiten mit der Holzfälleraxt nicht berührt wurden”.

Laut jüngstem Forsteinrichtungsplan des Forstamtsbezirks Herkulesbad sollten zwei dieser Waldparzellen, jene in der Nähe des Weilers Pris˛cina und jene beim Weiler Scărișoara, durch Kahlschlag „geerntet” werden. Die Initiative zur Weigerung der wenigen Bewohner dieser Weiler fand Unterstützer bei den Umweltschützern des Banats. Es ist eine Gegend, wo heute noch die Saumpferde das einzige Fortbewegungs- und Transportmittel darstellen. Es gibt dorthin nur Saumpfade und bloß den Bewohnern der Weiler bekannte Fußpfade, keinerlei Karren- oder sonstige Wege. Die Bewohner schützen ihre Uraltwälder, die sie seit Generationen wachsen lassen, wie es das Schicksal und der Herrgott wollen, vor dem Gefälltwerden. Sie starteten daher gemeinsam mit den Umweltschützern eine Unterschriftenaktion, um diese potenziellen Urwälder vor der Holzfälleraxt zu retten, aber auch, um eine „Revolution” des Waldbodens durch schweres Forsttransportgerät zu vermeiden. Es ist nämlich wissenschaftlich nachgewiesen, dass der Waldboden, einmal aufgerissen durch die Spuren der schweren Forsttransportmittel (überall dort, wo, wie in den Karpatenwäldern üblich, kaum Forststraßen angelegt werden, was der Holzfällermafia viel zu teuer ist) zu seiner Regenerierung mindestens 30-35 Jahre braucht.

Aufgrund der Demarchen der vereinigten Kräfte der Umweltschutzorganisationen des Banats sind die beiden Wälder in der Nähe von Pris˛cina und Scărișoara, beide zum Forstamtsbezirk Herkulesbad gehörig, einstweilen vom Fällen ausgenommen worden. Nach einer Vor-Ort-Besichtigung durch die Verantwortungsträger der Forstverwaltung hat die Forstgarde Temeswar/Timișoara, gemeinsam mit dem Forstverwalter, dem staatlichen Forstamtsbezirk, entschieden, dass die Absicht des Schlagens dieser Waldstücke einstweilen aufgeschoben wird, bis eine neuerliche Fachanalyse der Lage vor Ort durchgeführt ist, bevor eine endgültige Entscheidung über „die Opportunität forstkulturlicher Eingriffe” gefällt wird. Ein wichtiges Argument für den Aufschub der Entscheidung über Fällen oder Nichtfällen der disputierten Forstparzellen ist auch, dass der Forstamtsbezirk Herkulesbad eine Sonderrolle wahrzunehmen hat: dieser verwaltet Wälder, die durch ihr Feuchtigkeits-Rückhaltevermögen den Wasserhaushalt dieses hauptsächlich aus Kalkstein bestehenden Bergstocks des Domogled mitbestimmen – womit also auch ein Einfluss ausgeübt wird auf die Ergiebigkeit der Thermalquellen des Kurbads Herkulesbad, das sich talabwärts auf der Ostseite des Bergstocks und in einem Paralleltal befindet.

Man einigte sich dahingehend mit den Bewohnern der Weiler, dass die einzigen Holzmengen, die momentan gefällt werden dürfen, jene zum Decken des Brennholzbedarfs für den kommenden Winter sind – wie das seit Generationen hierorts gehandhabt wurde, mit oder ohne dem Einverständnis der Forstverwaltung.
Die gemeinsame Aktion der Bewohner der Weiler und der Umweltschützer begann im Mai 2018, als die Absicht des Forstamtsbezirks betreffs Schlagen der Wälder durch den für die Forste bei Pris˛cina verantwortlichen Förster im Weiler bekannt wurde. Eine wichtige Rolle bei der Mobilisierung der Bewohner der Weiler hatten der orthodoxe Dorfpfarrer und der obengenannte, für diese Gegend verantwortliche Förster aus Pris˛cina, der zwar Angestellter des Forstamtsbezirks ist, aber als Ortsansässiger sich mit den Bewohnern der beiden Weiler solidarisierte und diese laufend informierte über die neuesten Absichten der staatlichen Forstverwaltung Romsilva. Sie wandten sich mit einer Unterschriftenaktion sowohl an Romsilva, als auch an die Forstgarde in Temeswar. Und hatten Erfolg.

In ihrer Petition schrieben sie, die Buchenwälder, für deren Fortbestand sie eintreten, seien noch nie geschlagen und von ihren Vätern und Vorvätern immer als Ganzes und etwas Schützenswertes betrachtet worden. Zur Unterstützung der Petition konnten die Umweltschutzorganisationen – allen voran die von Alin Ciprian Ciulă geleitete Banater Filiale des Vereins „Atitudine” (= „Haltung, Sichtweise, Einstellung, Gesinnung”) mit Sitz in Temeswar – über 11.000 Unterschriften sammeln. A.C. Ciul˛ argumentiert: „Gegenwärtig gibt es keine Straße und auch keinen Karrenweg dort, die Ortsansässigen bewegen sich über Pferdepfade, mittels Saumpferden. Wenn die Holzeinschlaggesellschaften in einer solchen Gegend mit ihren Kettensägen, Bulldozern und Gelenktraktoren auftauchen, zerstören sie nicht nur die Schönheit des Raums, sondern auch dessen Authentizität. Der Raum gehört noch zu einem Nationalpark, hat einen besonderen Wert – niemand kann dort ohne Weiteres und bloß aus irgendwelchen wirtschaftlichen Gesichtspunkten einen derart einzigartigen Raum zerstören, weil er meint, mit ein paar hundert mächtigen Buchenstämmen noch reicher werden zu können. Forsteinrichtung hin oder her.”

Alin C. Ciulă wandte sich im Namen von „Atitudine” auch an die Verwaltung des Nationalparks Domogled-Cerna-Tal und forderte die ausdrückliche Aufnahme der beiden Waldparzellen Prisăcina und Scărișoara in den Nationalpark – sie liegen ohnehin in dessen erweitertem Schutzgebiet – und deren Eintragung in den Nationalen Katalog der Urwälder und urwaldnahen Wälder, aber auch, dass das gesamte hydrographische Einzugsgebiet des oberen Cerna-Tals zum Schutzgebiet erklärt und dem Nationalpark Domogled–Cerna-Tal angegliedert wird. Dieser Initiative gegenüber hat die Temeswarer Forstgarde Zurückhaltung angemeldet, weil das gesamte hydrographische Becken des oberen Cerna-Tals nicht alle Kriterien für eine Inklusion in ein Vollschutzgebiet erfülle.