Chaotische Subventionierung des Nahverkehrs

Drohendes Vertragsverletzungsverfahren hat Rathaus Reschitza überschuldet

Wie bereits berichtet, ist das Rathaus Reschitza momentan im Wortsinn zahlungsunfähig, weil seine Konten gerichtlich zugunsten des Nahverkehrsunternehmens Spedition Ro-a-Tir gepfändet wurden. Dies, weil die Vorgänger des amtierenden Bürgermeisters, Ioan Popa (PNL), Mihai Stepanescu und Ioan Crina (beide PSD), 2013 entschieden hatten, die Subventionszahlungen der Stadt einzustellen. Dadurch haben sich rund fünf Millionen Lei Schulden angehäuft, von denen das Gericht 2,2 Millionen Lei anerkannt hat und durch die Pfändung, infolge einer Gerichtsklage von Ro-a-Tir, die Stadt nun zwingt, die Gelder aus den laufenden Einnahmen zu überweisen. Wie sich inzwischen in Reschitza herausgestellt hat, geht die Einstellung der Subventionsüberweisungen im Jahr 2013 auf eine Warnung seitens der EU-Vertretung in Rumänien sowie seitens der Bukarester Beratungsfirma SC Metroul Bucure{ti SA zurück, die Stadt könne durch diese Subventionszahlung, welche die von der EU festgelegten Höchstgrenzen überschreitet, ein Vertragsverletzungsverfahren angehängt bekommen.

Die entsprechenden Regelungen für Verkehrssubventionierung sind im EU-Regelwerk CE 1370/2007 enthalten. Die  2013 für die Einstellung der Subventionszahlungen Verantwortlichen, der damalige Bürgermeister Mihai Stepanescu und sein Vize Crina (die laut Aussagen des Rathauspersonals die Entscheidung zuerst unter sich abgesprochen hatten), haben zwei Jahre zuvor im Stadtrat Reschitza den Beschluss HCL 178/08.06.2011 durchgesetzt, durch den der Nahverkehr von Reschitza der Spedition Ro-a-Tir in Form eines Vertrags für Öffentliche Dienstleistungen für sechs Jahre überlassen wurde. Ab September 2011 war das dann umgesetzt worden. Inzwischen steht fest, dass die „Fachleute“ des Rathauses Reschitza, die den Vertrag ausgearbeitet haben, keine blasse Ahnung  von den EU-Regelungen im Bereich gehabt haben – obwohl zu jenem Zeitpunkt Rumänien bereits seit dreieinhalb Jahren EU-Mitglied war. Das Reglement (EU-Kürzel: CE) 1370/23.Oktober 2007, für das das EU-Parlament und der Rat zeichnen, bezieht sich auf öffentliche Dienstleistungen im Schienen- und Straßen-Reiseverkehr und definiert die Art und Weise, wie „kompetente Kommunal- oder andere Behörden“ im öffentlichen Personenverkehr eingreifen können, um diese Dienstleistungen am Bürger, die von allgemeinem Interesse sind, zu garantieren und zu stützen.

Außerdem werden die Bedingungen festgelegt, unter welchen die „kompetenten Behörden“, im Falle der vertragsmäßigen Bindung an öffentliche Dienstleistungen dieses Bereichs, die Betreiber solcher Verkehrs- und Transportdienstleistungen  in Form von „Kompensationen“vergüten können. Das bezieht sich sowohl auf die Subventionierung der Kosten solcher Dienstleistungen, wie auch auf die Gewährung von „eventuellen Exklusivrechten“ sollten die Vertragsverpflichtungen voll und ganz erfüllt werden.
Die Schlamperei des Rathauses bei der allzu großzügigen Festlegung (und vertraglich eingegangenen) Kompensierung/Subventionierung wurde von jenem Bukarester Team (SC Metroul Bucureşti SA) aufgedeckt, welches im Auftrag der Stadt einen Mobilitätsplan für die nächsten Jahrzehnte ausgearbeitet hat. Das Team schreibt in seinen Schlussfolgerungen: „Solange die bestehende Situation anhält und der Vertrag nicht an die europäischen Regelungen angepasst wird, riskiert das Munizipium Reschitza, dass seitens der EU ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet werden kann, weil der Vertrag unfaire Konkurrenz auf dem Markt der Nahverkehrsdienstleistungen begünstigt und weil eine Überkompensierung praktiziert wird.

Andererseits wird es unter diesen Umständen nie eine EU-Förderung für die Erneuerung des Fahrzeugparks für den Nahverkehr geben. Doch der Eu-widrige Nahverkehrsvertrag, den das Munizipium Reschitza mit Ro-a-Tir abgeschlossen hat und der die Bestimmung CE 1370/2007 nicht einhält, stellt grundsätzlich die Existenz der Staatshilfe für den Nahverkehr in Frage. Deshalb kann nicht einmal von der Notwendigkeit der Notifikation für den Zugang zu Infrastrukturfonds der EU die Rede sein.“ Nicht zuletzt gibt es im EU-Regelwerk CE 1370/2007 auch eine gute Handhabe zur Überprüfung der Qualität der Nahverkehrsdienstleistungen, die im Vertrag für Öffentliche Dienstleistungen (rumänisches Kürzel: CSP) zwischen der Stadt Reschitza und Ro-a-Tir fehlt. Nun muss das neue Team im Reschitzaer Rathaus die Dinge zurechtbiegen. In erster Linie muss auf der offiziellen Anzeigenseite der EU die Absicht kundgetan werden, auf Wettbewerbsbasis die Öffentliche Dienstleistung des Nahverkehrs auszuschreiben. Von da an wird ein Jahr vergehen, bis der Vertrag dazu unterzeichnet wird.

Endtermin für die Ankündigung ist August 2016. Ausnahme könnte die Realisierung der Absicht des neuen Bürgermeisters Ioan Popa sein, einen eigenen Nahverkehrsdienst der Stadt ins Leben zu rufen. Popa sagte im Wahlkampf wiederholt, dass er es für das Sinnvollste halte, wenn die Stadt wieder eine Art Stadtbewirtschaftungsunternehmen nach Art der früheren Kommunalwirtschaft oder der in Westeuropa arbeitenden Stadtwerke gründen würde. Zudem empfehlen die Experten aus Bukarest die neuen Trassen, die in ihrem Zukunftsmodell des Nahverkehrs festgeschrieben wurden, gleich ins Ausschreibungsangebot aufzunehmen. In dieser Zeitspanne muss Ro-a-Tir nach dem bisherigen Vertragswerk arbeiten, allerdings mit einem Vertragszusatz, welcher die „je weitgehendere Anpassung“ an CE 1370/2007 enthalten muss, „um so den angepeilten Zugang zu EU-Fördermitteln für den Nahverkehr zu ermöglichen.“

Den Zusatzvertrag, so der Vorschlag der Bukarester, soll „die Risiken einer Überkompensierung des Nahverkehrsbetreibers und das Risiko einer unkompatiblen Staatshilfe minimieren“, um so den Zugang zu EU-Fördermitteln für den Ankauf neuer Verkehrsmittel durch das Munizipium zu ermöglichen. Vor allem aber empfehlen sie eines: „Die buchhalterische Übersicht der Einnahmen und der Kosten des öffentlichen Nahverkehrs sind eine Verpflichtung der  Öffentlichen Dienste, „wobei ein korrektes Berechnen der Einkünfte, durch die Differenz zwischen Tarifunterschieden und einem vernünftigen Gewinn, offengelegt werden muss.“ Parallel dazu müsse der neue Vertrag für den Nahverkehr für August 2017 vorbereitet werden. Und die vertraglich zugesicherte „Überkompensierung“ des Nahverkehrs, die Folge des Vertrags von 2011, muss abgestottert werden, denn der entsprechende Gerichtsentscheid ist rechtsgültig.