Christus, Brückenbauer zwischen Himmel und Erde

Im Sommer fahren wir immer wieder nach Rosenau, wo die Kinder acht Tage in einem Zeltlager verbringen können. Malerisch unterhalb des Bucșoiu am Bucegi gelegen, neben einem Fluss aufgebaut, passen die Baumwollzelte gut ins Landschaftsbild. Doch wenn Gewitter droht, so nimmt diese malerische Landschaft noch intensivere Farben an, die dann vom Grünen ins Graue und vom Blauen ins Schwarze schimmern. So war es auch an dem Tag, wo der Regen die Landschaft überschwemmte. Am Folgetag regnete es nicht mehr, aber der Fluss führte nicht mehr bloß 20 cm Wasser, welches man gut mit dem Kleinbus durchfahren konnte. Was tun, da es weit und breit noch keine Brücke gab? Die Eltern waren sorglos, dachten nicht mehr an das Unwetter vom gestrigen Tag, denn heute schien die Sonne ganz schön und wir verfrachteten abseits vom Blick der Eltern Kinder und Gepäck in den Bagger, welcher durch sein größeres Gewicht und die größeren Räder dem reißenden Fluss trotzte. Heute, wenn ich ins Glăjărie-Tal fahre, denke ich noch manchmal an diese Tage zurück, wenn ich ganz bequem über die feste Betonbrücke fahre, welche sich vom rauschenden Wasser nicht beeindrucken lässt.

Brückenbauer machen eine gute Arbeit, denn sie nehmen dem wilden Wasser einen großen Teil der Schrecken: Ufer werden gerichtet, Pfeiler in den Untergrund eingelassen, große Träger aufgelegt und Geländer befestigt. Von so einem Brückenbauer wird erzählt, dass er von einem Kind gefragt wurde, ob seine Arbeit denn schwer sei. Diese sei nicht so schwer, denn mit Stahl und Beton kann man ganz gut bauen, war die Antwort. Doch die anderen Brücken, setzte der alte Mann fort, die werden eher in den Träumen gebaut, aber schwerer in der Realität. Das Kind fragte, was das denn für Brücken seien und da sinnierte der Alte: eine Brücke von der Gegenwart in die Zukunft, von der Dunkelheit zum Licht oder von der Traurigkeit zur Freude. Was das für Brücken seien, verstand das Kind nicht so ganz, es dachte aber nach und zeichnete bedächtig einen schönen Regenbogen, den der nachdenkliche Mann erhielt.

Ein Brückenbauer ist auch Jesus, einer, der am Steg zwischen den Menschen und Gott gebaut hat. Er wird Hohepriester genannt, was im römischen Sprachgebrauch auch Brückenbauer hieß und sicherlich auf Jesus passt. Da er Mensch und Gott war, hatte er Zugang zu beiden Brückenköpfen – dem im Himmel und dem auf der Erde. Ein Hohepriester tat zur Zeit des Alten Testaments das, was Gott ihm aufgetragen hatte, er ging einmal im Jahr ins Allerheiligste im Tempel, um das Volk mit Gott zu versöhnen, zu beten und das Volk vor Gott zu vertreten. Das war ein besonderer Moment, der zeigt, dass wir Menschen nicht ohne Weiteres vor Gott erscheinen können. Der Hohepriester war dafür vorbereitet und ausersehen. Er konnte vor Gott treten als Repräsentant des Volkes. Anderen Menschen, die Gott sehen wollten, sagte Gott, dass sie das nicht aushalten würden. Doch Jesus wird im He-bräerbrief, im 4. Kapitel, der „große Hohepriester“ genannt, welchen „wir“ im Himmel haben. Wie oft treten wir denn vor Gott und versuchen alleine zurecht zu kommen. Wie oft ist das einzige Gebet, welches wir über die Lippen bringen – Herr hilf. Wir, die Menschen, haben nun im Himmel jemanden, der einer von uns ist, einer, der weiß, wer wir sind, und einen, der mit unserer Art als Menschen zurecht kommt. Wenn wir mal etwas mit dem Himmel zu tun haben, wenn wir überlegen, wie wir beten können oder wenn uns etwas schwer bedrückt, dass wir nicht genau wissen, was Gott denn dazu meint, so können wir dieses gewiss wissen – wir haben bei Gott einen Fürsprecher, der weiß, wie es mir geht und der mein Anliegen vor Gott bringt. Darum enden auch viele Gebete, welche wir sprechen in der Form – „...ich bitte dich (Gott), durch Jesus Christus, deinen Sohn, der für mich bereits so viel getan hat...“.

Hebräer 4,14-16 : „Weil wir denn einen großen Hohepriester haben, Jesus, den Sohn Gottes, der die Himmel durchschritten hat, so lasst uns festhalten an dem Bekenntnis (zu ihm). Denn wir haben nicht einen Hohepriester, der nicht könnte mit leiden mit unserer Schwachheit, sondern der versucht worden ist in allem wie wir, doch ohne Sünde. Darum lasst uns freimütig hinzutreten zu dem Thron der Gnade, auf dass wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden und so Hilfe erfahren zur rechten Zeit.“