Das allgegenwärtige Label „Made in China“

Chinesische Produkte sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken

Ein chinesischer Laden in Temeswar Foto: Zoltán Pázmány

Für meine in Zeiten des Kommunismus aufgewachsene Generation sind die weißen chinesischen T-Shirts mit buntem Print, chinesische Füllfedern oder auch das Kakaopuder „Lacovo“ noch in Erinnerung. In dem allzu grauen rumänischen Kommunismus schienen solche Produkte wie bunte Botschafter einer anderen Welt und in der „Alimentara“ – dem „Markt ohne Super davor“ von damals –, der ganze Regale lang nur Salz, Nudeln und bestenfalls Fischkonserven anbot, hatte „Lacovo“ in gelb-roter Verpackung etwas besonders Buntes und somit Anziehendes an sich und bot mit seiner Süße und seinem Kakao in dem damaligen schokoladenfreien Rumänien eine schöne Portion Himmlisches.

Wir bekamen als Kinder noch Glukose mit Vitaminen aus blauen Metallkonserven mit einem Früchtemotiv, doch als ich heuer wieder Glukose kaufen sollte und man mir das in der Apotheke anbot, rümpfte ich die Nase: Es stand nicht einmal der Name des Herstellers darauf, nur „Made in China“. Also ging ich in den Drogeriemarkt und kaufte dort die in Deutschland hergestellten fruchtigen Glukose-Tabletten mit Vitaminen.

„Made in China“ wurde schlecht

China begann viel zu produzieren, viel und schlecht, billig eben. Außerdem konnten wir in Rumänien nun endlich vergleichen. Und wählen. Und Qualität beurteilen. Aber wer sich trotzdem Markenartikel nicht leisten konnte, der ging dann eben auf die Brâncoveanu-Straße, von den Temeswarern „der Gaza-Streifen“ getauft, eine nicht sehr angenehme Zone mit Basar-Look, wo anfangs vorwiegend Waren aus der Türkei, dann auch immer mehr chinesische Produkte angeboten wurden: Klamotten, Spielsachen, Bürobedarf, Haushaltssachen. Und meistens waren es Chinesen selber, die ein paar Brocken Rumänisch sprachen und ihre Ware anboten. Mittlerweile sind die chinesischen Shops keine Seltenheit mehr, man findet sie auch durchaus zentraler, auf der Circumvalaţiunii-Straße, unweit des Temeswarer 700 Marktes, im Dacia-Viertel und und und. Die Chinesen betreiben die Läden, die Verkäuferinnen sprechen fließend Rumänisch, denn es sind Rumäninnen. So ändern sich die Zeiten.

Heute sind die in China angefertigten Produkte nicht mehr aus unserem Alltag wegzudenken. Ein sympathisches Experiment machte die amerikanische Journalistin Sara Bongiorni mit ihrer Familie: Sie versuchten, ein Jahr ohne chinesische Produkte auszukommen, durchzuhalten sozusagen, denn schon 2007, beim Erscheinen ihres Buches „A Year without «Made in China»“ (ein Jahr später folgten die deutsche Fassung „Ein Jahr ohne «Made in China»“ und auch die rumänische Übersetzung), war es ganz schön schwierig, gewisse Klassen von Produkten zu finden, die außerhalb Chinas hergestellt wurden.

Es stört den Konsumenten wahrscheinlich auch nicht, dass die Produkte „Made in China“ sind. Allerdings ist die Palette von Produkten, die in China hergestellt werden, immer breiter. Vor drei Jahren habe ich die Souvenirläden in Kalamaki, einem kleinen Badeort auf der griechischen Insel Zakynthos auf der Suche nach den dort hergestellten Souvenirs abgeklappert. Lediglich ein Laden rühmte sich mit in Griechenland erzeugten Erinnerungsgegenständen, und die nahmen, sage und schreibe, nur zwei Fächer ein, alles andere war „Made in China“.

Bei Kruzifixen oder auch bei Kunsthandwerksobjekten, die doch das Spezifikum eines jeden Landes oder einer jeden Region zeigen sollen, und die dann „Made in China“ sind, hört mein persönliches Verständnis von einem globalisierten Markt auf. Vor allem einem religiösen Objekt müsste man sich, finde ich, schon bei der Anfertigung mehr zuwenden.

Scheint es mir oder ist es so, dass wir Europäer die Freude und den Stolz aufgegeben haben, gewisse Sachen herzustellen?

Von Badeschuhen zu Smartphones

Außerdem: Von den Badeschuhen sind die Chinesen weggekommen. Im Sommer hätte ich mir gewünscht, wieder die chinesischen Plastikdinger für den Strand zu finden, denn in dem Supermarkt konnte ich nur in Rumänien – leider, mangelhaft – hergestellte Badeschuhe finden.

China kopiert, heißt es immer wieder, billig und schlecht. Stimmt auch. China kann aber auch ganz gut kopieren und China kann durchaus auch innovieren. Nicht zuletzt im Bereich IT. Chinesische Smartphones, Tablets und Laptops sind wegen der Preise gefragt, auch wenn sie den Ruf von Apple oder Samsung nicht erreichen.
Dazu noch ein großes Umkrempeln, das Umdenken verlangt: Eine Suche auf den großen Stellenanzeigenportalen „ejobs“ und „bestjobs“ ergibt: Chinesische IT-Firmen stellen in Rumänien an! Die Chefetage kommt aus China und oft auch das Know-how.

Nicht umsonst stellt man sich die Frage, was die Zukunft bringen wird: Was wird noch „Made in China“ und was „Made in EU“ sein?