Das Herz als Ackerfeld

Als Geistesmenschen benötigen wir neben den materiellen Dingen auch geistige Güter, z.B. Liebe, gegenseitiges Vertrauen und Verstehen, Verzeihungskraft, Hilfsbereitschaft, Herzlichkeit, Güte und noch viele, viele andere geistige Qualitäten. Wo aber erhält man diese notwendigsten aller Güter? Ohne diese können wir unser Leben weder gut, noch schön, noch glücklich gestalten. Gibt es auch für geistige Güter Selbstbedienungsläden? Das wäre fantastisch. Du gehst in diesen Laden, kaufst dir Gottvertrauen, Hoffnung, Lebensmut, Charakterstärke, Pflichtbewusstsein, Freundschaft und Treue ein. Gäbe es doch auch ein Kaufhaus der Tugenden! Du gehst als fehlerhafter, sündiger Mensch hinein und kommst als guter Mensch, mit allen vortrefflichen Eigenschaften ausgestattet, wieder heraus. Nur – gibt es ein solches Kaufhaus?

Ein junger Mann betrat im Traum einen Laden. Hinter der Theke stand ein Engel. Hastig fragte er ihn: „Was verkaufen Sie, mein Herr?“ Der Engel antwortete freundlich: „Alles, was Sie wollen.“ Der junge Mann begann aufzuzählen: „Ich hätte gern das Ende aller Kriege, bessere Lebensbedingungen für die Randgruppen der Gesellschaft, Beseitigung der Elendsviertel in den Großstädten und in der dritten Welt, Arbeit für die Arbeitslosen, mehr Gemeinschaftssinn unter den Menschen, mehr Liebe in der Kirche und… und...“ Da fiel ihm der Engel ins Wort: „Entschuldigen Sie, junger Mann! Sie haben mich falsch verstanden. Wir verkaufen keine Früchte, wir verkaufen nur den Samen!“ 

Es gibt tatsächlich einen Laden, wo wir uns alle geistigen Güter, die wir für ein gutes, schönes und glückliches Leben benötigen, besorgen können, nämlich das Evangelium, die Lehre Christi. Hier ist alles Notwendige zu finden, allerdings nur in Form von Samen. Das Evangelium Christi ist ein „Samenladen“. Doch um diesen Samen zu erhalten, müssen wir nicht teures Geld ausgeben wie für die Gartensämereien, – er wird uns geschenkt. Soll aber der Samen sich zu reifer und köstlicher Frucht entwickeln, müssen wir ihn auf das Ackerfeld unseres Herzens aussäen. Das meint Christus mit dem Gleichnis vom Samen und dem Sämann. Er vergleicht seine Lehre mit dem guten Samen, der ausgesät werden muss. Aber mit dem bloßen Säen ist noch lange nicht alles getan. Der Erfolg hängt nicht vom Samen allein ab. Eine gute Ernte ist nur dann zu erwarten, wenn das Ackerfeld hergerichtet ist und der Eigentümer eifrig „Kulturenpflege“ betreibt. Auf einem vernachlässigten, verwilderten Feld bringt auch der beste Samen keine, oder nur sehr geringe Frucht.

Unsere Vorfahren, die nach den Türkenkriegen ins Banat kamen, handelten in ähnlicher Weise. Sie fanden eine verwilderte Landschaft vor. Dornen, Disteln, Unkräuter und Sümpfe bedeckten das Land. Das Gestrüpp wurde gerodet, Disteln und Unkräuter auf Haufen verbrannt, Sümpfe trockengelegt, Ackerfurchen gezogen, Samen gesät, das Feld sorgfältig bearbeitet und aus dem Banat wurde eine Kornkammer. Das alles kostete natürlich viel Schweiß und harte Arbeit. Aber so ist es eben im Leben: „Ohne Schweiß kein Preis!“
Wir legen ein sonderbares Benehmen an den Tag. Den Hausgarten pflegen wir sorgfältig und halten ihn in peinlicher Ordnung. Den Garten des Herzens vernachlässigen wir, ja viele lassen ihn verwildern. Andere machen ihn durch Laster zu einer Wüste. So werden sie zu „Wüstlingen“. Wie soll da der Samen des Evangeliums keimen, wachsen und Früchte bringen? Da hilft nur eine radikale Änderung unserer Mentalität. Wo sollen wir den Hebel ansetzen?

Ein hochgestellter Herr klagte beim hl. Petrus von Alcántara, wie schlecht die Welt sei und dass es nicht einmal den gewaltigsten Bußpredigten gelungen sei, die Sitten zu bessern. Der Heilige versetzte, er wisse ein Mittel, um diesen Zustand zu ändern: „Wenn Sie und ich so sind, wie wir sein sollten, so wäre das der erste Schritt zur Besserung der Welt. Der Missstand ist, dass wir immer nur die Fehler der anderen bessern wollen, keiner aber die eigenen Fehler. So bleibt alles beim Alten.“

Schauen wir nicht ständig über den Zaun in den ungepflegten Garten des Nachbarn. Konzentrieren wir uns auf den eigenen Herzensgarten. Der Samen Christi ist von bester Qualität. Bereiten wir ihm ein gutes Feld. Guter Samen auf gutem Ackerfeld bringt gute Ernte!