Dem Senator folgte das Feuer

Brand auf einem wiederaufgeforsteten Kahlschlag im Nationalpark Semenik

Mihai Goţiu (Jahrgang 1973), Journalist, Schriftsteller, seit 2016 für die USR Vizepräsident des Senats Rumäniens, hat unlängst getan, was jeder engagierte und wirklich am Schicksal dieses Landes interessierte Politiker regelmäßig tun müsste: Er mobilisierte Berater, Experten für Forstwirtschaft und Biodiversität und fuhr unangekündigt in zwei unlängst zum Weltkulturerbe der UNESCO erklärte Forste, in den Nationalpark Semenik – Karasch-Schluchten und in den Nationalpark Nera-Schluchten – Beuşniţa-Wasserfälle. Sein Bericht darüber ist noch nicht dem Senat vorgelegt worden, aber inzwischen „passierte“ etwas, das man als radikale Antwort auf das von ihm Festgestellte verstehen könnte: Ein Teil der vom Senator fotografisch dokumentierten Kahlschläge am Bergstock des Semenik fiel einem Waldbrand zum Opfer. Die Vermutung der Brandstiftung zur Verwischung der Spuren liegt nahe.

Nach seinem Dokumentationsbesuch im Banater Bergland erklärte Go]iu: „Ich habe es vermieden, die Forstbehörden und die Bereichsverantwortlichen von meinem Besuch vorher zu unterrichten, vor allem nicht Romsilva (= die staatliche Forstverwaltung). Ich wollte nicht das Risiko eingehen, auf sterilisierten Trassen wandern zu müssen. Fest steht aber: Aufgrund des von mir vor Ort Festgestellten werden mir künftig die verantwortlichen Institutionen auf viele Fragen antworten müssen.”

Der aus Klausenburg stammende USR-Senator zeigte sich äußerst besorgt wegen dem in beiden Nationalparks Festgestellten: „Eines der am meisten frustrierenden und irritierenden Dinge, die man erleben kann, ist, vor Ort und direkt zu konstatieren, wie Gesetze und Normen, deren einziger Zweck es ist, Urwälder zu schützen – im besonderen die Nationalparks – einfach zum Vorwand umgebogen werden, sie durch Fällen zu zerstören. Das Ergebnis ist dann ein diskutabler finanzieller Profit. Auf die Palme gebracht hat mich auch die Vergeudung, die man beim Holzeinschlag feststellen kann. Nach mehreren Stunden des Begehens der Forste konnte ich Dutzende Kubikmeter Baumstämme sehen, die einfach liegengelassen wurden, dort, wo vorher gefällt worden war. Ich nehme an, weil ihr Herausziehen aus dem Holzschlag und ihr Verkauf als Brennholz bei weitem nicht so rentabel scheint wie der Verkauf ganzer Stämme zum Zersägen in den Sägewerken. In einer Zeit, wo viele Kommunen unter einer akuten Brennholzkrise leiden, lassen die einfach im Wald alles liegen, was beim Zurechtschneiden der Baumstämme wegfällt. Das sind nichts anderes als Beweise für die Verantwortungslosigkeit der Holzeinschlagunternehmen!” Zu seinen Aussagen präsentierte Senator Go]iu reichlich fotografische Beweise – „eine Vorpremiere zum Bericht, an dem ich arbeite”.

Kaum war der Senator fort, machten erste Angaben über seinen Besuch die Runde unter Forstleuten und Holzfäller-Unternehmen. Da meldeten Wanderer der Feuerwehr einen Brand auf einer gerodeten Fläche am Bergstock des Semenik, im Nationalpark Semenik – Karasch-Schluchten. Verdächtig war den sofort an Ort und Stelle aufgetauchten Umweltschützern, dass der Brand ausgerechnet dort ausgebrochen war, wo der Senator ein paar Tage vorher „Tätigkeiten hart am Rande der Legalität” festgestellt hatte – auf einem Holzschlag von 2012-13, der als wiederaufgeforstet gemeldet war. Und genau hier „brannten plötzlich alle angeblich im vergangenen Herbst gepflanzten Lärchen und Tannen”.

Der Brand war am Freitag, dem 14. Juli, um die Mittagszeit bemerkt und von der Reschitzaer Militärfeuerwehr, den freiwilligen Feuerwehren aus Weiden-thal/Brebu Nou und Franzdorf/Văliug und der Bergrettung Salvamont, denen, mit einiger Verzögerung, auch Förster des Forstamtsbezirks Franzdorf zu Hilfe geeilt waren, unter Kontrolle gebracht und scheinbar gelöscht worden. Über die Nacht zum Samstag aber hatte, infolge der Dürre „und des Fortbestehens von Glutherden unter Felsen” der Brand weitergeglimmt. Über Nacht zum Sonntag aber flammten die Brände wieder auf. Erst Montag konnte vom Forstamtsbezirk Franzdorf offiziell als sicher angegeben werden, dass der Brand gelöscht ist. „Das Feuer hat mehrere Hektar Lärchen- und Tannenpflanzungen vernichtet, auf einer Parzelle, die vor vier Jahren kahlgeschlagen worden war, ohne dass damals irgendwelche Forstnormen eingehalten worden wären”, meldeten die Umweltschützer von „STOP defrişărilor!” (Stopp den Rodungen!).

Medien und Umweltschützer spekulieren, ob es einen Zusammenhang gibt zwischen dem ein paar Tage vorher stattgefundenen „Dokumentationsbesuch” von Senator Go]iu (er hatte sich als Journalist in der Sache des alten Goldbergwerks von Ro{ia Montană einen Namen gemacht und darüber ein mehrfach preisgekröntes Buch herausgegeben, das seinen Ruf als Enthüllungsjournalist begründete) und dem Brand ausdrücklich auf einer von Go]iu und seinem Team untersuchten Waldrodung, die als „wiederaufgeforstet” verzeichnet ist. Go]iu hatte seine Fotos kommentiert ins Netz gestellt, etwa der Art: „Lasst euch vom Anschein der Landschaft nicht trügen! Aus dem Forst fehlen große Brocken Wald, die durch Kahlschlag zu jener Almwiese wurden, die auf dem Foto abgebildet ist und die bis zum nächsten Waldrand reicht.” Das ist genau die Fläche, wo ein paar Tage später der Brand wütete. Wo diejenigen, die 2013 dort den Wald (unter bislang nicht geklärten Voraussetzungen und mit halblegalen „Genehmigungen”) gerodet haben, aber dann der gesetzlich festgeschriebenen Verfügung nachgekommen waren, nach der Rodung wieder aufzuforsten.
Senator Goţiu hatte angekündigt, dass er fordern werde, dass Untersuchungen auf dieser Rodung stattfinden sollen, sowohl bezüglich der Genehmigung der Rodung, als auch bezüglich der Wiederaufforstung. Jetzt kann dort nur noch Asche untersucht werden.

Unter dem Siegel der Anonymität erklärten nach dem Brand sendungsbewusste Forstleute: „Wer etwas von Waldwirtschaft versteht, wird auf den ersten Blick bemerkt haben, dass beim Holzeinschlag von 2013 nicht die forstwirtschaftlichen Normen respektiert wurden: Das Fällen geschah in sehr kurzer Zeit, keinerlei Samenbäume zur Waldverjüngung sind stehengelassen worden, sondern – auf hohen Druck seitens der Medien und der Umweltschutzverbände hin – hat man wiederaufgeforstet, aber auch das unter Minimalbedingungen. Das erklärt nun die jetzige Spurenvernichtung durch Brand...” Ein anderer Förster meinte im Vorbeigehen: „Nach den Strünken, die verkohlt dastehen, haben die bloß je ein Bäumchen gepflanzt, weit auseinander, und nicht die ganze gerodete Fläche bedeckt.” In Franzdorf war zu hören: „Als das Gerücht aufkam von der Untersuchungskommission, die der Senator ins Leben rufen will, brachte der Forstamtsbezirk ein paar Roma, denen er Geld versprach, wenn sie die Stelle säubern, denn die war nicht in Ordnung: voller Dornbüsche, hohes Gras, im Gras verkümmerte, einzelne Kleintannen und -lärchen.” Auch die Haltung der Forstleute des Forstamtsbezirks Franzdorf beim Feuerlöschen schien einigen Beobachtern „ziemlich seltsam”, als ob sie das Feuer gar nicht so recht löschen wollten. Und noch etwas fiel auf: „Das Feuer brannte drei Tage lang ausschließlich auf jenen Flächen, die 2013 gerodet und 2016 aufgeforstet wurden. Wieso griff es keinen Augenblick auf die Tannenwälder rundherum über?”

Mag sein, dass die Natur liebenden Laien, die solche Bemerkungen fallenließen, einfach an Verschwörungstheorien glauben. Dazu bleibt aber immer noch die Meinung studierter Forstingenieure, die allerdings ihre Posten nicht aufs Spiel setzen möchten und anonym zu bleiben wünschen. Auch bliebe zu erklären, wieso der Brand beiderseits des Forstwegs wütete – wo man doch weiß, dass bei Flächenbränden (und derer gibt es im Banater Bergland im Frühjahr und im Herbst jede Menge, wenn die Heuwiesen und Weiden abgefackelt werden), diese nie Pfade oder Forstwege überqueren... Ziemlich logisch, wenn die Umweltschützer kategorisch meinen: „Da ist ein Brand beiderseits des Forstwegs gelegt worden.” Damit wäre das ein Fall für die Staatsanwaltschaft.

Mihai Bona, der Leiter des Forstamtsbezirks Franzdorf, der in der Folge leicht in die Bredouille geraten kann, erklärte am Montag, den 17. Juli, vor den Medien: „Das Feuer ist von den Förstern gelöscht worden und, tatsächlich, von der Feuerwehr. Ich war dort. Alle Institutionen sind von mir am Samstag telefonisch verständigt worden. Die Direktion hat darüber ein Protokoll verfasst. Dieses wurde der Forstgarde, der Feuerwehr, der Polizei, allen, zugeschickt. Einschließlich Sonntag bis Montag morgen war ich vor Ort, die ganze Nacht lang. Das war ein Krimineller, der die Pflanzung abgefackelt hat. Auch jetzt glimmt alles wegen der Dürre, auch jetzt sind meine Förster dort. Es glimmt unter allen Felsen. Gestern, um 18 Uhr, zogen die Feuerwehren ab. Die haben Dutzende Tonnen Wasser verspritzt, aber bei einer solchen Dürre glimmt und schwelt es noch lange unter den Felsen. Ich war überrascht, das Feuer am Freitag eingedämmt zu sehen, so dass am Samstag kaum noch etwas zu bemerken war, und dass am Sonntag das Feuer wieder aufflammte.”