Der Dieb schreit: „Diebe!“

Gunther Krichbaum, Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Angelegenheiten der EU, forderte vergangene Woche den Vizepräsidenten der Europäischen Kommission, Frans Timmermans, auf, gegen Rumänien „ein Verfahren nach Art. 7 des Vertrags der Europäischen Union (EUV)“ einzuleiten. Anlass ist die Vorladung der Spitzenkandidatin für den Vorsitz der Europäischen Generalstaatsanwaltschaft, Laura C. Kövesi, vor die im Oktober 2018 gegründete „Abteilung zur Ermittlung von Straftaten in der Justiz“. Damit sei endgültig klar, in welche Richtung sich die „Justizreformen“ Rumäniens bewegen.

Die Gründung der „Abteilung zur Ermittlung von Straftaten in der Justiz“ war schon von Beginn an im In- und Ausland umstritten. Die Venedig-Kommission übte Kritik, weil mit ihr „die konkrete Befürchtung“ (Krichbaum) verbunden wurde, „mit dieser Abteilung könnten Vertreter der Justiz gezielt eingeschüchtert werden“, so der Pforzheimer, der zu den besten Rumänienkennern gehört. Mit Art.7 des EUV kann ein Land auf Zeit aus der EU ausgeschlossen werden.

Dass die Realität die schlimmsten Befürchtungen in den Schatten stellt, zeigt das jetzige Vorgehen des hinterlistig-kriecherischen Justizministers Toader und seiner Protegée, der stellvertretenden Leiterin der umstrittenen Abteilung, der von Präsident Johannis abgelehnten Kövesi-Nachfolgerin Florea („Ja, ich habe in meiner Karriere Forderungen seitens der Politik in Betracht gezogen“, soll sie zur Selbstempfehlung für das Amt der Obersten Korruptionsjägerin Rumäniens bei der Anhörung gesagt haben). Gefragt, ob sie nicht gewusst habe, dass Kövesi am selben Tag, als sie vor die Strafverfolgungsabteilung für Justizbeamte als Verdächtigte zur Anhörung zitiert wurde, in Brüssel eine wichtige Anhörung für den von ihr anvisierten EU-Posten angesetzt war, hatte Florea blauäugig (aber sichtlich nervös) geantwortet: „Das muss ich nicht wissen!“

Wir haben es offensichtlich mit einer frustrierten, weil in ihren Karriereambitionen gestoppten Juristin zu tun, der Protegierten eines hinterwäldlerischen, aber von sich bis zum psychoanalytischen Paradebeispiel begeisterten und von der Unfehlbarkeit seiner „wissenschaftlichen Beurteilungen“ überzeugten Justizministers, der alle Finten und Fallen eines (wohl in voller Absicht) lückenhaften und widersprüchlichen Justizsystems nutzt, um Missliebige wenn nicht zu Fall, so doch zumindest zum Straucheln zu bringen.

MdB Krichbaum formuliert das gegenüber Timmermans diplomatischer: „Es handelt sich dabei um dieselbe Person, die Justizminister Toader gegen das Votum des Obersten Magis-traturrates und gegen die Bedenken des Staatspräsidenten als Nachfolgerin von Frau Kövesi in der Leitung der Abteilung der Antikorruptionsbehörde DNA durchsetzen will.“ Krichbaum ist auch über den Anzeigeerstatter gegen Kövesi bestens informiert: „Grund der jetzigen Vorladung ist ausgerechnet die Anzeige eines ehemaligen Parlamentsabgeordneten, der sich der Strafverfolgung durch eine Flucht nach Serbien entzogen hat.“

Dass, nach festen Regeln des rumänischen Rechtswesens, derjenige, der andere eintunkt – zu Recht oder zu Unrecht – für sich Vergünstigungen erwartet, ist hinlänglich bekannt. Spannend wäre es sicher zu wissen, was Hampelmann Toader als Justizminister dem einiger Straftaten verdächtigten Ex-PSD-Abgeordneten für die Anzeige gegen Kövesi versprochen hat. Nur zur Augenauswischerei war Toader ja nicht in Belgrad und hat wegen Sebastian Ghiță vorgesprochen. Dass er auch Ghiță traf, wird vermutet…

MdB Krichbaum ist kategorisch: „Für mich sind die eingeleiteten Ermittlungen ganz klar politisch motiviert (…) Dies erinnert an die dunkelsten Zeiten der kommunistischen Diktatur (…)“. Und er fragt Timmermans, wie lange die Kommission noch zögert, bevor sie gegen Rumänien nach Art.7 des EUV vorgeht?

Dieser Frage schließen wir uns an.