Der erste Schneefall

Symbolfoto: sxc.hu

Wenn es das erste Mal im Spätherbst anfängt zu schneien, gibt es Menschen, die sich darüber freuen, und Menschen, die den weißen Niederschlag hassen. Ich kann beide Gefühlsäußerungen nachvollziehen, dabei stelle ich fest, dass man die beiden Gruppen nach Alter trennen kann. Die einen, die begeistert davon sind, zählen mehrheitlich zu den Kindern und Jugendlichen. Ab drei Jahren beginnt das Kind sich zu erinnern, dass es schon einmal Schnee gesehen hat. Es freut sich, wenn die Landschaft wieder in schönes Weiß eingehüllt ist. Vor allen Dingen wenn über Nacht der erste Schnee fällt und es vom hellen Schein morgens geweckt wird. Beim Blick aus dem Fenster springt es plötzlich glücklich herum, als ob es unerwartet ein Geschenk bekommen hätte.

Es ist in der Tat ein Geschenk, ein Geschenk des Himmels. Und wie es mit Geschenken so ist, kommen sie bei einigen gut an und bei anderen eher weniger. Wenn ich an meine Kindheit zurückdenke, war der Wintereinbruch eine der größten Freuden im Jahr. Endlich, nach langem Warten war er da und jedes Kind hoffte auf einen nie endenden Winter.

Meistens lag noch zu wenig Schnee auf dem Boden, da zog ich schon den Schlitten aus dem hintersten Eck des Schuppens hervor. Für die drei Schneekugeln, die zum Schneemannbauen nötig waren, reichte die dünne Schneedecke gerade. Wie es aber in Siebenbürgen oft ist, war das nur der Anfang, man brauchte nur einige Tage Geduld zu haben und schon lag so viel Schnee, dass alle Wintersportarten in Angriff genommen werden konnten. Vor allem wurden die Straßen nicht geräumt und wenn es gar zu sehr schneite, fuhr ein Fahrzeug mit einem Schneepflug die Straße auf und ab und drückte den Schnee eher fester, statt ihn wegzuschieben. Zur Freude der Kinder, denn nun konnten die Schlittschuhe angezogen werden und Wettrennen auf der Straße stattfinden oder man erinnerte sich an die verschiedenen Pirouetten vom letzten Winter.

In der Schule war keine Rede mehr von Konzentration auf den Lehrstoff, immer wieder fielen die Blicke auf das Schneetreiben und je größer die Flocken waren und je heftiger es schneite, umso eher sehnte man sich nach dem Ende des Unterrichts. Unsere erfahrene Lehrerin wusste, wie es um ihre Schützlinge bestellt war, und ließ uns in den Schulhof raus zur Schneeballschlacht mit selbstgebauter „Abwehrmauer“.

Auch die Jugendlichen hatten ihr Vergnügen am Wintereinbruch. Mit alten Skiern auf den Schultern gingen sie zu den besten Abhängen, um die erste Abfahrt zu genießen, vorher musste jedoch die Piste „plattgedrückt“ werden. Zum mitgenommenen Proviant gehörte auch eine Thermoskanne mit Glühwein, der sein Übriges tat.

Ab einem gewissen Alter, beobachte ich, sieht man dem einkehrenden Winter mit gewisser Skepsis entgegen. Man stellt sich viele Fragen: Ob der Winter nicht noch ein wenig hätte warten können? Ob der erste Schnee vielleicht doch nur ein kurzes Intermezzo ist? Ob man gesund durch den Winter kommt? Diese Gruppe wünscht sich vor allem einen milden und kurzen Winter. Einerseits ist es zu verstehen, da die kalten Monate höhere Kosten verursachen, die Ansteckungsgefahr bei Erkältungen groß ist, das Bewegen im Freien eingeschränkt wird und, nicht zu vergessen, die glatten Wege, die zur Gefahr für Fußgänger aber auch für Autofahrer werden.

Bei aller Achtung vor dieser Jahreszeit empfehle ich den „Winterpessimisten“, sich an dem ersten Schneefall zu freuen, so wie Kinder das tun. Vom Wintereinzug werden wir meistens Tage vorher von den Meteorologen informiert, sodass man Vorkehrungen treffen kann.

Es ist nur eine Frage der Einstellung. Und zum Schluss mal ehrlich, wer von uns, der in der gemäßigten Klimazone wohnt, würde nur noch Sommermonate haben wollen?