Der „Neue Weg“ ist jetzt auf Instagram

Drei Jahrzehnte Tagesgeschehen in Rumänien: Edmund Höfers Fotos werden digitalisiert / Eine Ausstellung

Der Fotograf des „Neuen Wegs“, Edmund Höfer (1933–2014), in Meschen/Moşna im Kreis Hermannstadt, undatiert

Porträt eines Ziegenhirten im Banater Busiasch/Buziaş – 1971

Edmund Höfer: „Ich habe in Bukarest in den ersten Jahren alles gemacht, war auf Baustellen, auf Sportplätzen, in Konzertsälen, immer wieder auf Reisen durch die von Deutschen bewohnten Gebiete Rumäniens, über die der ‘Neue Weg’ berichtete. Es ergab sich, dass ich vor allem in Siebenbürgen unterwegs war. Nach Reschitz bin ich aber immer wieder mal gefahren.“ Im Bild: Stahlarbeiter. Ob das Bild im Reschitzaer Stahlwerk entstanden ist, ist allerdings unbekannt.

Boot im Donaudelta

Eisenhüttenwerk in Hunedoara Ende der 60er-Jahre

Dorfszene

Mittagessen

Cismigiu Park in Bukarest

Sängerin Corina Chiriac; höchstwahrscheinlich während des Goldenen Hirsch Musikfestivals (Cerbul de Aur) 1971

Bucegi Gebirge und Caraiman Gipfelkreuz im März 1957

Porträt eines Mitglieds eines senegalesischen Volkskunstensembles
Fotos: ADZ Archiv/Edmund Höfer

„Ich hatte keine Vorbilder unter Fotografen, aber ich mochte Edmund Höfer, von der Zeitung der deutschen Ethnie „Neuer Weg“, und hatte das Privileg, ihn einige Male bei der Arbeit zu begleiten. Introvertiert, schweigsam und ein sehr talentierter Fotograf. Sehr tiefsinnig, sehr gefühlvoll und ein großer Kämpfer. Er verwendete nur Kameras mit normalem Objektiv und hatte immer eine Rolleiflex (als Deutscher mochte er deutsche Kameras). Originell und kreativ hat er die besten Fotos, die ich in den Jahren in der rumänischen Presse gesehen habe, in der Zeitung veröffentlicht. Obwohl er hochgewachsen war, blieb er unauffällig: Er ging los und kehrte mit den besten Reportagefotos zurück.“ (1)

Mit diesen Worten beschreibt der rumänische Fotoreporter Emanuel Tânjală in seinem Buch „Jurnalul unui fotograf“ den langjährigen Fotografen des „Neuen Wegs“, Edmund Höfer (1933–2014). Ab 1957 und bis zu seiner Ausreise nach Deutschland 1988 hat Höfer im Auftrag der Zeitung das Tagesgeschehen in Rumänien fotografisch festgehalten. Die Einschätzung Tânjal˛s wird nicht nur von vielen anderen Bekannten und/oder Kennern Höfers geteilt, sondern kann auch durch zahlreiche nationale und internationale Preise und Anerkennungen belegt werden.
Deutlich würdigt auch Konrad Klein in einem 2015 in der Zeitschrift „Spiegelungen“ veröffentlichten Nachruf: (…) „Mit Edmund Höfer verliert das rumäniendeutsche Zeitungswesen seinen bedeutendsten Fotoreporter vor 1989 und die Fotokunst in Rumänien einen, wenn nicht den herausragenden Meister. Eine Fotografenlegende war er schon in frühen Jahren.“ (2) Auf die Bezeichnung „legendär“ oder eine ähnlich ausdrucksstarke Wortwahl stößt man regelmäßig und ohne große Mühe, wenn man sich mit Edmund Höfer befasst.

Fred Nuss, der ab 1968 als Fotograf der „Hermannstädter Zeitung“ (HZ) Höfer regelmäßig in Hermannstadt begleitete, fasste seine Erinnerungen folgendermaßen zusammen: „Im Stillen muss ich zugeben, dass ich ihm gerne auf die Hände geschaut habe. Ich habe versucht herauszubekommen, wie er das Bild in seinem Kopf sieht, bevor er auf den Auslöser drückt. Zugegeben: Er war für mich ein Morgenstern. Besonders schätzte ich seine dynamische Art zu fotografieren, seine Menschenkenntnis, seine Fähigkeit, mit wenig Licht auszukommen. Er war für mich ein Vorbild.“ (3)
Höfer selbst schlug einen bescheideneren Ton an. Auf die Frage in einem Gespräch mit Herta Drozdik-Drexler nach seiner Auswanderung, welcher seiner Preise ihm denn am meisten bedeute, antwortete er recht nüchtern: „Die Goldmedaille, die ich Mitte der sechziger Jahre bei einem internationalen Fotowettbewerb in Wien bekam. Es war die erste Goldmedaille für einen Fotografen aus Rumänien überhaupt. Das ich der war, das hat mich schon gefreut.“ (4)

Um sich selber ein Bild von der Arbeit des Reporters und Künstlers zu machen, greift man aber selbstverständlich am besten auf seine Fotos zurück. Und seit einigen Wochen ist dies – wie es sich für den Fotografen einer Tageszeitung eigentlich gehört – beinahe im Tagesrhythmus möglich. Aus dem Fotoarchiv des „Neuen Wegs“ und der ADZ, welches in der Bukarester Redaktion der Zeitung aufbewahrt worden ist und mehrere Zehntausend Bilder – hauptsächlich, aber nicht nur, von Edmund Höfer – umfasst, wurden in den vergangenen beiden Jahren mehrere Tausend Fotonegative eingescannt. Zwar fühlt es sich ein wenig ernüchternd an, lediglich einen Bruchteil dieses verblüffenden Archivs abgearbeitet zu haben, allerdings ist es bereits bei Weitem genug, um auf mittlere bis lange Sicht in regelmäßigen Abständen die Aufnahmen Höfers zu veröffentlichen. In einem ersten Anlauf ist seit einigen Wochen unter dem hierfür eingerichteten Konto auf dem populären Sozialen Netzwerk „Instagram“ (unter https://www.instagram.com/adz_foto/ abrufbar) bereits verwirklicht. Etwa drei- bis viermal die Woche kann hier das „Tagesgeschehen“ der 60er-, 70er- und (seltener) 80er-Jahre verfolgt werden (in größeren Abständen auch über Facebook und Twitter) (5). Eine kleine Bildergalerie, die beständig weiterwächst, ist dabei schon zustande gekommen.
Die meistens auf 6x6 Zentimeter große Negative aufgenommenen Fotos passen zur ursprünglich auf das quadratische Format ausgerichteten Plattform zum Teilen von Fotos wie angegossen. Dass die Negative nicht immer in hervorragendem Zustand erhalten sind, macht die auf Instagram sehr beliebten „Vintage“-Fotofilter, die den Bildern einen klassischeren oder abgenutzten Hauch verleihen sollen, eigentlich überflüssig.

An dieser Stelle ist ein Hinweis auf den Nachruf von Konrad Klein angebracht: „Seine Schnappschüsse, Industrieaufnahmen oder auch ganz ‘normalen’ Pressefotos wirken heute noch dank ihrer oft ungewohnten Perspektive und Dynamik frisch und unverbraucht.“ (2)
Wobei es Edmund Höfer selber ist, der im Interview mit Herta Drozdik-Drexler am besten beschreibt, worauf man sich bei seinen Fotos freuen kann: „Ich habe in Bukarest in den ersten Jahren alles gemacht, war auf Baustellen, auf Sportplätzen, in Konzertsälen, immer wieder auf Reisen durch die von Deutschen bewohnten Gebiete Rumäniens, über die der ‘Neue Weg’ berichtete. Es ergab sich, dass ich vor allem in Siebenbürgen unterwegs war. Nach Reschitza bin ich aber immer wieder mal gefahren.“ (...) „Es gab auch eine Porträt-Serie deutscher Kulturschaffender, wie das damals offiziell hieß. Dafür habe ich unter anderen Alexander Tietz und Rolf Bossert fotografiert. Begegnungen mit Musikern wie David Oistrach, Swjatoslaw Richter, Yehudi Menuhin, Sergiu Celibidache, Herbert von Karajan, um nur einige zu nennen, sind natürlich ein großes Erlebnis. Sie alle haben in Bukarest konzertiert. Für das kulturelle Leben der Hauptstadt waren die sechziger Jahre eine gute Zeit. Ich habe aber auch viele Arbeiter porträtiert.“ (…) „Neben Landschafts- und Industriefotos habe ich auch Aktfotos gemacht und als Theaterfotograf gearbeitet. Ich habe u. a. Werbe- und Programmfotos für das berühmte Bulandra-Theater gemacht.“ (…) (4)

Einen kleinen Dämpfer gibt es allerdings: Zumal Höfer bei seiner Auswanderung selbstverständlich nicht seine gesamte Arbeit zurückgelassen hat, ist es unwahrscheinlich, dass seine bekanntesten und preisgekrönten Bilder und Serien im Bukarester Fotoarchiv doch noch zum Vorschein kommen. Was aber nicht bedeutet, dass diese verloren sind oder für immer versteckt bleiben werden.
Nette Überraschungen gibt es allerdings auch. Höfer ist vor allem wegen seinen Schwarzweiß-Bildern bekannt. Laut eigener Aussage hat er erst 1988, im Jahr seiner Aussiedlung und über 30 Jahre nach Beginn seiner Karriere, das erste Mal Farbbilder ausgestellt – es handelte sich um Aufnahmen aus dem jüdischen Ghetto in Venedig, die in München gezeigt wurden. Schon zu Beginn über eine Sammlung von knapp tausend farbigen Bildern, hauptsächlich aus den 70er-Jahren, im Archiv zu stoßen, kommt daher etwas unerwartet. Und, wenig überraschend, rücken diese Bilder Höfer auch nicht in ein schlechteres Licht, ganz im Gegenteil.
Für die nächste Zukunft steht der Planungsbeginn für eine erste Ausstellung der Archivfotos an. Wenn möglicherweise auch noch kein Bildband, so wird mindestens eine umfangreiche Broschüre diese begleiten. Um die Erwartungen aber nicht allzu schnell hochzuschrauben: Der schlechte Zustand so mancher zeigenswerter Bilder und die für eine Ausstellung nötigen Retuschierarbeiten könnten die Vorbereitungen noch in die Länge ziehen.
Wer aber jetzt schon Abzüge von Edmund Höfers Fotos sehen möchte, kann dies im Monat Mai im Bukarester Green Hours jazz-café an der Calea Victoriei 120 tun. Hier ist noch bis Ende des Monats die von Hanno Höfer, dem Sohn des Künstlers, in die Wege geleitete Ausstellung „25 Unknown Portraits of American Jazz Giants“ – von Höfer fotografierte Jazzmusiker – zu besichtigen.
   
(1) Emanuel Tânjală, „Jurnalul unui fotograf“, Humanitas, 2013, S. 34
(2) auch hier nachzulesen:
 https://www.siebenbuerger.de/zeitung/artikel/interviews/14838-edmund-hoefer-eine-rumaeniendeutsche.html
(3) Nachruf HZ unter: http://www.hermannstaedter.ro/?p=3004
(4)  Das Interview mit Herta Drozdik-Drexler:
http://laender.freepage.de/cgi-bin/feets/freepage_ext/41030x030A/rewrite/banat/hoefer.htm

(5) https://www.facebook.com/allgemeine.deutsche.zeitung.fuer.rumaenien/ bzw. https://twitter.com/ADZ_Redaktion