Der Schmiergelddoktor ist sauber

Kreisgericht Karasch-Severin konnte bei Sebastian Telbis keine Geldwäsche erkennen

Der ehemalige Chefarzt der Dienststelle für ärztliche Evaluation der Rentenkasse Karasch-Severin, Dr. Sebastian Telbis, ist von einer neuerlichen Anklage der Staatsanwaltschaft des Hohen Gerichts- und Kassationshofs Bukarest vom Kreisgericht in Reschitza freigesprochen worden. Der Prozess folgte, nachdem Dr. Telbis eine dreijährige Gefängnisstrafe wegen hundertfacher Schmiergeldannahme abgesessen hatte. Er war in diesem Frühjahr aus dem Gefängnis Arad entlassen worden. Daraufhin hatte ihn die Staatsanwaltschaft der Geldwäsche beschuldigt und verklagt.

Im Prozess wegen der Schmiergeldannahme – bei der es mehrere hundert Videoregistrierungen gab, die belegten, dass Telbis sich am laufenden Band schmieren ließ, um Krankenrenten zu genehmigen, die in mehreren Fällen an die Bewohner ganzer Ortschaften vergeben wurden – hatte das Kreisgericht Arad neben der dreijährigen Haftstrafe auch einen teilweisen Vermögenseinzug des auf über eine Million Euro geschätzten Vermögens der Familie Telbis verfügt (die Frau des Schmiergelddoktors, Luminiţa Telbis, war bis zum Beginn der Strafverfolgungen gegen ihren Mann Richterin am Kreisgericht Karasch-Severin in Reschitza, ging aber dann in Frührente), weil das Vermögen der Familie allein aus ihrem (gar nicht unbeträchtlichen) legalen Einkommen nicht zu rechtfertigen war. Telbis hatte gegen diesen Teil des Urteils Berufung eingelegt und aus dem Gefängnis immer wieder dagegen angekämpft.

Die Staatsanwälte des Hohen Gerichts- und Kassationshofs (ÎCCJ) vertieften daraufhin die Untersuchungen bezüglich des Vermögenserwerbs und der beträchtlichen Vermögensakkumulationen der Familie Telbis und erhoben dann Anklage wegen Geldwäsche gegen Sebastian Telbis. U. a. forderten die Staatsanwälte den Einzug des größten Teils des eingetragenen Vermögens des Ehepaars Telbis sowie von deren Tochter, einer Studentin, die nie gearbeitet hat, aber auf deren Namen, so die Meinung der Staatsanwälte des Obersten Gerichts, Sebastian Telbis mehrere Wohnungen, Immobilien, Garagen und Grundstücke in Temeswar gekauft hatte.
Vor Gericht rechtfertigte der ehemalige Chefarzt der Rentenkasse sein Vermögen, indem er erklärte, dass es aus dem Handel mit Gebrauchtautos stamme, die er aus Deutschland eingeführt habe, sowie aus seinen „Aktivitäten“ während des Treibstoffembargos der Nato gegen Ex-Jugoslawien, als er Treibstoff schmuggelte, wie fast seine gesamte Geburtsgemeinde, die Bulgarenortschaft Dudeştii Vechi/Altbeschenowa bei Großsanktnikolaus. Zudem habe er eine Menge Geld immer vor seiner Frau, der Richterin, versteckt. Tatsache ist – und das haben zahlreiche Zeugen vor Gericht unter Eid ausgesagt –, dass Telbis mit einem eigenen Boot auf der Donau Treibstoffschmuggel betrieben hat (damals ist im Banater Bergland die Redewendung aufgekommen, „ich beschäftige mich mit dem Embargo“, womit der Treibstoffschmuggel gemeint war) und auch, dass er mit Gebrauchtautos gedealt hat. Allerdings: alles am Fiskus vorbei.

Anders gesagt: Der Schmiergelddoktor rechtfertigte sein illegal erworbenes Vermögen vor Gericht mit illegalen Tätigkeiten, derer er aber in diesem Prozess nicht angeklagt war – was ihm das Gericht in Reschitza vollinhaltlich abkaufte und ihn freisprach. Seine Tochter, die Medizinstudentin in Temeswar ist, erzählte dem Gericht, wie sie in Temeswar Zehn-tausende Euro geborgt habe (indem sie mit dem erworbenen Vermögen für die spätere Rückzahlung des Geborgten gebürgt habe) und wie sie immer wieder umfangreiche Geldgeschenke von ihren Großeltern aus Altbeschenowa erhalten habe. Der Besitz, der auf ihrem Namen registriert sei, habe überhaupt nichts mit den Schmiergeldern zu tun, die der Papa in Reschitza mit größter Selbstverständlichkeit eingesteckt hatte. Auch das kaufte das Gericht als Zeugenaussage und Vermögensrechtfertigung ab. Der Antrag der Staatsanwaltschaft des Obersten Gerichts auf Beschlagnahmung des nicht zu rechtfertigenden Teils des Telbis-Vermögens wurde abgelehnt. Damit ist der größte Schmiergeldnehmer, der bisher im Banater Bergland in flagranti überführt wurde, gerichtlich vom Vorwurf der Geldwäsche freigesprochen worden. Den Staatsanwälten steht noch der Weg des Einspruchs gegen das Urteil bis kommende Woche offen.