Der ungehobene Schatz von Pankota

Erdölvorkommen im Wert von einer Milliarde Euro entdeckt

Der ehemalige gräfliche Schulkowsky-Palast, heute das Rathaus im Stadtzentrum, zeugt noch immer von der einstigen Glanzzeit des Kleinstädtchens Pankota.
Foto: Zoltán Pázmány

Eine Nachricht geisterte dieser Tage kurz aber heftig durch die von Politik und Korruption geschwängerten rumänischen Medien: In der Nähe von Pankota/Pâncota – wo ist das nur, fragten sich wohl viele im Land – wurde ein Erdölvorkommen von zirka 1,5 Millionen Tonnen mit einem geschätzten Wert von über einer Milliarde Euro entdeckt. Wenn man den allgemeinen Hunger nach Energie in unserer Welt, vor allem die Gier nach dem Erdöl, die unaufhaltsame und stressige Klettertour der Spritpreise in Betracht zieht, ist das doch wenigstens eine gute unter vielen schlechten Nachrichten, die uns wie die Motten ins Haus fallen. Außerdem: Rumänien fördert jährlich kaum vier Millionen Tonnen Erdöl!

Die Hurranachricht platzte in die derzeit auf Hochtouren laufende eher negative öffentliche Debatte über „den imminenten Ausverkauf des Vaterlandes“, „das Verscherbeln der rumänischen Bodenschätze“, über Gold, Kupfer, Schiefergas, Erdöl und was sonst noch an den Mann gebracht werden kann. Wegen des sagenhaften Reichtums dieses Landes erhitzten sich schon in alten Zeiten die Köpfe in Rom: Nicht die Naturschönheiten oder die gut gehende Viehzucht im Dazien des Dezebal brachten Kaiser Trajans Legionen nach Dazien. Es war erstens das Gold der Westkarpaten, aber auch das Eisen, Salz, der Marmor und... das Erdöl. Die ganze Sache hatte stets einen Haken. Der Dichter Octavian Goga erklärt das in Versen: „Unsere Berge tragen Gold/Doch wir gehen von Tor zu Tor hausieren“. Während der kommunistischen Zeit, vor allem im Ceauşescu-Regime, hat die offizielle Parteipropaganda zur Stärkung der patriotischen Gefühle der Volksmassen gezielt Lobeshymnen auf das Vaterland, das wie keines auf dieser Erde reich an Bodenschätzen und Naturschönheiten sein sollte, angestimmt. Im Nachhinein betrachtet, ist das Kuriose daran, dass die Partei sogar recht hatte! Nur brachte dieser ganze Reichtum von Gott und der Natur damals wie auch heute dem rumänischen Volk, dem Normalbürger wenig ein. Rumänien hat sich in zwei Jahrzehnten nach der Wende zu einem Großimporteur in allen Bereichen entwickelt. 

Kommt der Erdölboom auch nach Pankota?

Entdeckt wurde das schwarze Gold von Pankota, 35 Kilometer nordöstlich von Arad am westlichen Rand des Erzgebirges gelegen, von der Firma Universal Premium Bukarest, zu deren Hauptinvestoren Erdölgesellschaften aus Rumänien, Belgien, Holland, Luxemburg und der Schweiz gehören. Durch eine Versteigerung von 2010 hat die Firma auch das Prospektionsrecht für drei Gebiete aus der Westregion des Landes gewonnen. Laut Geschäftsführer Victor Roşu hat die Firma bisher rund zehn Millionen Euro in Forschung und Prospektion investiert, bis zum Förderstart wird diese Summe auf 15 Millionen Euro anwachsen. Die Ausbeutung wird hier auf 20 Jahre geschätzt. Das Vorkommen bietet exzellente Ausgangsbedingungen, die weit günstiger als die in anderen Landesgebieten sind: Das Erdöl befindet sich in der relativ geringen Tiefe von 500 bis 2100 Meter. Die Bohrungen auf dem Gelände Pankota E 2 wurden schon im August 2011 gestartet und wurden nach einer Unterbrechung in den Wintermonaten Anfang April wieder aufgenommen. Laut der Firmenleitung soll schon in der zweiten Jahreshälfte mit der Förderung begonnen werden. Letztlich wird das neue Erdölfeld bei Pankota rund 250 Erdölsonden ausmachen. Laut den optimistischen Schätzungen der Firma wie auch der Fachleute könnte die Ausbeutung dieses Vorkommens zu einer beachtlichen Steigerung von 7-9 Prozent der jährlichen Erdölproduktion Rumäniens führen. Weitere Prospektionen wurden von der Firma auch schon für die Gegend um Paulisch angekündigt. Hier soll das Erdölvorkommen noch vielversprechender sein.

Hoffnung auf neue Arbeitsplätze

In den Reihen der Bevölkerung scheint man den so groß angekündigten Erdölboom direkt vor ihrer Haustür erst mal abwartend und mit zwiespältigen Gefühlen zu betrachten. Von einer Entzückung bei den Einheimischen ist vorläufig gar nichts zu spüren. Und die Stadtverwaltung möchte auch mal handfeste Ergebnisse abwarten und u. a. die obligaten Umweltschutzmaßnahmen überprüfen.

Der erfahrene Bürgermeister Josef Retter, schon viele Jahre hier als Stadtoberhaupt im Amt, kommentiert das „Wunder von Pankota“ in einem Ton, der von vorsichtig bis pragmatisch reicht: „Als Bürgermeister muss ich das so sehen: Für unsere Stadt bedeutet das erstens die Schaffung von 250 neuen Arbeitsplätzen. In der derzeitigen Situation ist das eine ganze Menge!“
Pankota mit seinen 7500 Einwohnern hat es mit etwas Industrie (Ziegelfabrik, Fabrik für Autozubehör, Holzverarbeitung, Konfektionsfabriken, Bäckerei und Mühle) sowie Getreide- und Weinbau in den letzten Jahren genauso schwer wie andere rumänische Kleinstädte gehabt, die Hürden der Wirtschafts- und Finanzkrise zu meistern. Immerhin hält die Stadt mit 10,2 Prozent der Industrieproduktion des Landkreises Arad den dritten Platz nach Arad und Lippa. Die Pankotaer haben ihre reichen Bodenschätze jedoch nicht vergessen: Im 19. Jahrhundert hatte die Baronin Bohus hier ihre in der ganzen Gegend bekannten Schönheitsbäder eingerichtet. Das hiesige Mineralwasser, „Szent István Borviz“, war eine der gesuchten Marken der k.u.k.-Zeit und errang Ende des 19. Jahrhunderts gar eine Goldmedaille in Paris. Die Quelle ist bis heute nicht versiegt. Vor Einbruch der Wirtschaftskrise hatte der neue Eigentümer der Quelle gar den Bau eines SPA-Centers und einer Mineralwasserfabrik angekündigt. Mit der Krise mussten jedoch die meisten Stadtprojekte auf Eis gelegt werden. Ein weiterer Schatz der Zone, die Weingärten, befinden sich derzeit in einer Neubepflanzungsphase und längst notwendigen Verjüngungskur.

Gerade Angst hat man in Pankota nicht vor den „Erdölleuten“, obwohl diese im Volksmund auch den unrühmlichen Ruf als Abzocker genießen und da und dort im Land nicht wiedergutzumachende Umweltschäden produziert und hinterlassen haben. Pankota ist übrigens der nördlichste Ort, in dem sich deutsche Ansiedler im Laufe der Schwabenzüge niedergelassen haben, im Jahr 1787 kamen 46 Familien aus Württemberg als die Gründer der Gemeinde. Die Leute hier haben schon alles probiert, was zu probieren war, von Landwirtschaft, Viehzucht, Weinbau, Kürschnerei oder Möbeltischlerei bis zur Herstellung von Autozubehör in einer modernen Fabrik. Warum also nicht auch mal Erdöl fördern?