Der Zehn-Prozent-Mann

Die Beweise für das Korruptionssystem Ionesie Ghiorghionis mehren sich

Der Noch-Vizepräsident des Kreisrats Karasch-Severin: Ionesie Ghiorghioni

Der Noch-Vizepräsident des Kreisrats Karasch-Severin, Ionesie Ghiorghioni, der langjährigen rechten Hand des Kreisratsvorsitzenden Sorin Frunzăverde, erweist sich zunehmend als Zehn-Prozent-Mann: Inzwischen gibt es bereits drei Firmen, die zugeben, von jedem Auftrag, den sie durch den Kreisrat Karasch-Severin an Land gezogen haben, dem stets die offene Hand hinhaltenden Ghiorghioni zehn Prozent als Schmiergeld überlassen zu haben, wenn sie die Sicherheit haben wollten, dass sie pünktlich und in vollem Umfang bezahlt werden und vor allem, dass ihre Auftragsarbeit – meist Reparaturen von Kreisstraßen – trotz bewusster und bekannter Qualitätsmängel (die zum Teil sogar auf Hinweis von Ghiorghioni durch Verwendung minderwertigerer Materialien, damit für ihn genug „übrig“ bleibt, entstanden sind), abgenommen wird.

Ghiorghioni wurde in flagranti erwischt und festgenommen. Die Nationale Antikorruptionsbehörde DNA hatte den Vorfall aufgrund der Anzeige einer Firma inszeniert, die von Ghiorghioni über Jahre zu seinen „Beitragszahlern” gezählt und mit Aufträgen aus öffentlichen Geldern versorgt wurde. Inzwischen sind jenseits der offiziellen DNA-Mitteilung und aufgrund der Verhöre der Angestellten des Kreisrats, die Ghiorghioni unterstellt waren und die sich DNA nun nach und nach vorknöpft, zahlreiche Details über die durchwegs primitiven, aber effizienten „Methoden” Ghiorghionis an die Öffentlichkeit gelangt.

Öffentliche Gelder in die eigene Tasche

Übereinstimmend steht zum gegenwärtigen Zeitpunkt fest: Keiner der bisher untersuchten Aufträge des Kreisrats, die über Ghiorghionis Büro gingen und mit öffentlichen Geldern bezahlt wurden, ist ohne die „Zehn-Prozent-Regel” abgewickelt worden. Im Klartext: Ein Zehntel jeder Summe ging an den, der für die Zahlung öffentlicher Gelder zuständig ist und unterschreibt, also Ghiorghioni.

Und das war auch die Garantie für die prompte Verrechnung der Arbeiten, denn Ghiorghioni übte innerhalb des Kreisrats heftigen Druck auf die durchführenden Beamten aus, damit „seine” Firmen prompt bezahlt wurden – und also auch er „seine” zehn Prozent bekam. Inzwischen handelt es sich laut DNA um drei Firmen, bei denen er so vorging, aber man vermutet, das sei erst die Spitze des Eisbergs.
Denn in der Gerichtsklage von DNA, in welcher die Antikorruptions-Staatsanwälte um U-Haft für Ghiorghioni ansuchen, heißt es: „Der Vertreter des Justizministeriums geht davon aus, dass der Beschuldigte GI (Ghiorghioni Ionesie) auch mit anderen Personen bzw. Handelsgesellschaften derartige Abmachungen getroffen hat, um solche Taten zu begehen, gegenüber welchen unsere Nachforschungen in der vorliegenden causa erweitert werden.”

Legalität und Qualität waren ihm egal

Der Richter für Rechte und Freiheiten vom Kreisgericht Temesch, dem der Fall Ghiorghioni von DNA mit Antrag auf Untersuchungshaft vorgelegt wurde, befand, dass es bereits „ausreichend Beweismittel” gibt, welche die „wohlbegründete Vermutung” rechtfertigen, dass, jenseits der durch die  nachgewiesene Schmiergeldannahme von 20.000 Lei, der Beschuldigte massiv unlautere Einflussnahme ausgeübt hat, indem er den Anzeige erstattenden Firmen Verträge nach deren Bereitschaft zum Schmiergeldzahlen zugeschanzt habe, „ohne Beachtung irgendwelcher legalen Vorschriften“.

Dazu liegen bereits eidesstattliche Erklärungen von einem Ghiorghioni untergeordneten Beamten aus dem Kreisrat vor, „auf die wir uns im Obigen bezogen haben”, heißt es in den Unterlagen des Temescher Gerichts. Daraus geht deutlich hervor, dass die problemlose Abnahme der Baumaßnahmen (trotz allen bekannten Qualitätsmängeln) und vorrangige Bezahlung der ausgeführten Arbeiten unter dem Druck des Vizepräsidenten geschah. Wie strikt und bedingungslos die hierarchischen Strukturen des Kreisrats dazu von Ghiorghioni eingespannt wurden, geht aus einer Bemerkung der DNA-Anklageschrift hervor: „...kein einziger der Angestellten hat die Anweisungen des Beschuldigten hinterfragt und diese strikt und wortgetreu durchgeführt, unabhängig von deren Rechtmäßigkeit”.

Strikte Hierarchie in Dienst und Familie

Nach gegenwärtigem Stand der Ermittlungen erwartet Ghiorghioni eine Gefängnisstrafe zwischen zwei und sieben Jahren. Es wird allerdings erwartet, dass die Anzahl der Straftaten im weiten Feld der Korruption, wegen welchen er belangt wird, mit Fortgang der Untersuchungen wächst. Erschwerend kommt nach gegenwärtigem Stand der Ermittlungen und Einschätzungen der Antikorruptionsstaatsanwaltschaft hinzu, dass Ghiorghioni über die Jahre eine „öffentlich exponierte Person” war, deren Straftaten einen besonders schädlichen Eindruck und Einfluss in der Öffentlichkeit hinterlassen haben.

Was seinen Neffen Cosmin Ghiorghioni betrifft, der als Handlanger seines Onkels bei der aufgeflogenen Schmiergeldübernahme wirkte, so steht fest, dass Ionesie Ghiorghioni diesen nach dem Unfalltod seines eigenen Sohnes vor etwa zehn Jahren wie seinen Sohn ansah und für ihn auf väterliche Weise sorgte, wobei ein für heutige Zeiten etwas seltsames Hierarchieverhältnis entstand: Cosmin Ghiorghioni wurde in einem strikten Abhängigkeitsverhältnis zu seinem Onkel gehalten. Er behauptet zwar standhaft, nicht gewusst zu haben, um was für Geld es sich jeweils gehandelt hat, wenn er Schmiergeld für den Onkel „in Sicherheit” brachte (meist zu seiner Tante, der umstrittenen Schulleiterin Rozina Ghiorghioni am Colegiul Bănăţean in Ferdinandsberg/Oţelu Roşu – ADZ berichtete wiederholt), aber er wurde fast jedes Mal von der Tante für seine Dienste „belohnt”, einmal mit einer Armbanduhr, ein andermal mit Vergleichbarem. Immer galt in der Familie Ghiorghioni ein striktes Unterordnungsverhältnis aller dem Oberhaupt gegenüber, genauso wie Ghiorghioni auch in dem ihm untergeordneten Beamtenapparat des Kreisrats eine strikte Hierarchie einführte. So bleibt auch in den Akten der Antikorruptionsbehörde die causa Cosmin Ghiorghioni streng an den Straffall Ionesie Ghiorghioni gekoppelt.