Die rumänische Bahn

Symbolfoto: sxc.hu

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Dass man sich mit viel Geduld wappnen muss, wenn man vor hat eine Reise mit der rumänischen Bahn zu machen, ist bestens bekannt. Jahr um Jahr wurde zum Beispiel die Strecke zwischen Hermannstadt/Sibiu und Bukarest immer länger – gemessen an der Zeit, die für das Zurücklegen benötigt worden ist. Anfang der 1990er Jahre fuhr man 4,5 bis maximal 5 Stunden, jetzt braucht der Zug für dieselbe Strecke mindestens eine Stunde mehr. Ja, die Infrastruktur ist nicht modernisiert worden oder es wird dran gearbeitet. Wieso aber muss der Kunde für die verschlechterten Dienste mehr zahlen?

Infrastrukturmodernisierungen werden seit dem Frühjahr nun zwischen Hermannstadt und Schäßburg/Sighişoara durchgeführt. Weil man bei dergleichen stets zum Wohle der Bürger plant, erfolgen Arbeiten parallel dazu auch auf der Nationalstraße. Auf der Straße sind die Baustellen auf den gesamten rund 90 Kilometer verstreut, auf der Bahnlinie – oh Wunder! – nur zwischen Hetzeldorf/Aţel und Dunnesdorf/Daneş (weil die Strecke Kleinkopisch/Copşa Mică – Hermannstadt keine Hauptlinie ist). An der Straße wird mal hier mal dort gebuddelt, von der Bahnverbindung wurde streckenweise ein Gleis entfernt, um den Unterbau stabil zu erneuern. Im Auto oder Bus wartet der Fahrgast an Ampeln, im Zug in Bahnhöfen auf die Weiterfahrt. Und wartet und wartet. Verspätungen von 20 bis 30 Minuten gehören zum Alltag und man ist glücklich, wenn es nicht mehr werden.

Nach zwei negativen Erfahrungen mit dem aus Bistritz nach Hermannstadt via Schäßburg verkehrenden Kleinbus – an einem Samstagabend kam er gar nicht, an einem anderen Abend mit einstündiger Verspätung – wählten wir vergangene Tage erneut den Zug. Nicht einen der mittlerweile viermal täglich verkehrenden Direktzüge Schäßburg – Hermannstadt, weil deren letzter bereits gegen 15 Uhr aus Schäßburg abfährt, sondern bis Mediasch den aus Kronstadt/Braşov nach Teiuş fahrenden Personenzug (nun Regio genannt), der um 19.03 Uhr Abfahrt hat. In Mediasch hätten wir nach acht Minuten den Anschlusszug Richtung Hermannstadt gehabt und um 21.11 Uhr angekommen sollen. Theoretisch keine schlechte Verbindung also – die mir sowohl am Bahnhof in Schäßburg als auch im Reisebüro in Hermannstadt anempfohlen worden war. Weil die Bahnschalterdamen keine Ahnung haben von der Wirklichkeit. 

Der Zug traf in Schäßburg bereits mit geringer Verspätung ein (die dreckigen, vergammelten Wagen mit stinkenden Toiletten seien an dieser Stelle nur erwähnt). Angesichts der Geschwindigkeitsbegrenzung wegen der Arbeiten und also voraussichtlich verspätetem Eintreffen in Mediasch fragte ich den Schaffner, ob der Anschlusszug wohl auf diesen Zug wartet – was ich bereits bei früherem Umsteigen erlebt hatte. Ja, lautete die Antwort. Weder er, noch ich hatten jedoch damit gerechnet, dass der Zug dann über 2,5 (zweieinhalb!) Stunden bereits am ersten Halt in Dunnesdorf stehen sollte. Die Pendler im Zug begannen zunächst zu witzeln und raten, ob sie vor 22 Uhr ins Bett kommen, sie hatten seit 8 Uhr morgens gearbeitet. Auf unsere Fragen, wie lang der Zug denn meist steht, meinten sie, es könnte auch eine Stunde werden, sie hätten auch das schon erlebt. Der Schaffner und der Bahnhofsvorsteher beschwichtigten uns mal mit 20 Minuten, zu denen dann noch mal 30 Minuten dazukamen, mal hieß es, bis der Schnellzug vorbei ist, dann, noch weitere zwei Züge hätten Vorfahrt. Schließlich fuhren fünf Züge aus beiden Richtungen vorbei. Der Bahnhofsvorsteher sagte, der Verkehr werde von der Bahnregionale in Kronstadt koordiniert. Dort scheint man die Kilometeranzahl zwischen den Bahnhöfen nicht zu kennen. Der Zug, in dem wir schmorten, hätte den Gegenzug problemlos am nächsten Bahnhof vorbeiziehen lassen können, denn 30 Minuten bedarf es bis dorthin nicht. Der zuständige Verkehrskoordinator war offensichtlich eingeschlafen oder auf ein Bierchen gegangen und hatte diesen Zug vergessen.

Zu meinen, dass der Zug in Mediasch so lang wartet, wäre Unsinn gewesen. Also begannen wir uns nach späteren Möglichkeiten zu erkunden, um nach Hermannstadt zu gelangen. Es gab nur frühe: den Zug um 4.25 Uhr, etwas später dann auch einen Bus. Eine Nacht am Mediascher Bahnhof zu verbringen war schon immer mein (Alb-)Traum! Inzwischen waren jene Fahrgäste, die nur bis Elisabethstadt/Dumbrăveni wollten (ca 10 Kilometer entfernt) entweder zu Fuß losgegangen oder hatten Bekannte gebeten, sie per Auto abzuholen. Jene, die weiter reisen mussten, fluchten und legten sich schließlich auf die Bänke zum Schlafen hin. Wir bestellten in Schäßburg ein Taxi, nahmen bis Mediasch auch eine verzweifelte junge Frau mit, deren Kinder allein zu Hause waren, und kamen schließlich um 23.30 Uhr in Hermannstadt an.
Das Fazit: Wer mit der rumänischen Bahn reisen möchte, muss sich mit Geduld und viel Geld wappnen. Der Taxifahrer erzählte, dass wir nicht seine ersten Kunden seien, denen es so ergangen sei. Erst kürzlich habe er eine Frau nach Oderhellen/Odorhei fahren müssen.