Die Straßenbahn, „ein totes Ding“

Außer den Schienen ist alles Dazugehörige weg, zuerst die Fahrzeuge

Die Oberleitungen sind abmontiert (Kupfer bringt auf dem Schrottmarkt schönes Geld...), nur noch massenweise Kabel der Internet- und Kabelfernsehgesellschaften hängen an den langsam verrostenden Masten. Die Schienen der Straßenbahn sollen als Verkehrshindernis bald herausgerissen und von der Stadt verwertet werden.
Foto: Zoltán Pázmány

120 Millionen Euro stehen vier Vororten der Verwaltungskreise Westrumäniens – Arad, Deva, Reschitza/Reşiţa und Temeswar/Timişoara – in der laufenden EU-Haushaltsperiode bis 2020 zur Verfügung. Von seinem Anteil – wie viel das genau ist, weiß noch keiner so recht – hofft Reschitza, sein Nahverkehrsproblem nachhaltig und, zumindest mittelfristig, zu lösen. Denn zusätzlich gibt es (theoretisch) für die vier Städte auch weitere 132 Millionen Euro, speziell für die Lösung von Nahverkehrs- und Abstellproblemen der Fahrzeuge. Davon rechnet Reschitza mit einem der Stadt zustehenden „gerechten Anteil“ von 33 Millionen Euro, sinniert Vizebürgermeister Ioan Crina.

„Wir müssen unseren Anspruch auf diese Gelder erst mal durch Projekte untermauern“, meint der seit November 2015 als Bürgermeister tätige Vize von Reschitza. „Projekte sind dabei eine Rechtfertigung für unseren Anspruch darauf. Nur: ein Projekt darf als Kosten nicht 20 Millionen Euro überschreiten. Also müssen mehrere Projekte präsentiert werden, wenn die Lösung eines größeren Problems angestrebt wird. Ich rede jetzt nicht nur als Reschitzaer, sondern auch als einer, der einiges von Technik und von der Implementierungstechnik solcher Projekte versteht. Konkret: um die Straßenbahn wieder einzuführen, aber auch, um Trolleybusse durch Reschitza fahren zu lassen, dazu reichen 20 Millionen Euro nicht in dieser langgestreckten Stadt. Bis Jahresende müssen die Projekte bei der Regionalen Entwicklungsagentur ADR West eingereicht sein. Wir sind darauf vorbereitet, es schneller zu tun. Unser Projekt ist bereits vom Stadtrat genehmigt worden (ADZ/BZ berichtete).“

Allerdings stehen noch die „Präliminarien“ mit den Fachleuten von ADR West aus, um genauere Schätzungen der realen Kosten zu machen. Fest steht aber, so Vize Ioan Crina, dass „die Reschitzaer Straßenbahn ein totes Ding“ ist, denn außer den zum Teil mit Asphalt zugeschmierten Schienen auf der Hauptstraße gibt es nichts mehr von den dazugehörenden Ausstattungen, vor allem kein Depot mehr, „und auch Platz für den Bau eines neuen Straßenbahndepots hat die Stadt keinen“, unterstreicht Crina. Damit sei auch dem Spott vom „größten Dorf mit Straßenbahn“, wie Reschitza von Nichtreschitzaern gern genannt wurde, ein Ende gesetzt, meint der Vize.

Dass der Verkauf des Straßenbahndepots ein Werk der ominösen Insolvenz-Liquidationsfirma „Tudor şi Asociaţii“ (Sitz: Temeswar) ist, darauf geht der Vize von Reschitza nicht näher ein, auch auf die ganzen Prozesse gegen mehrere der Exponenten dieser Firma, in welchen auch der Reschitzaer Insolvenzrichter Nicuşor Maldea knietief verwickelt ist. Außerdem haben diese auch die Straßenbahnschienen im ehemaligen Innenhof des aufgelösten Kommunalwirtschaftsunternehmens Prescom verkauft – während jene auf Stadtgebiet der Stadt Reschitza gehören und nun eher für den Verkehr (oder eine ordentliche Instandsetzung und Pflege des Straßenbelags der Hauptstraße) hinderlich sind.

Ideal für Reschitza, so nicht nur das Ergebnis einer Umfrage unter der Bevölkerung der Stadt, sondern auch der Bukarester Experten, die mit der Nahverkehrsstudie betraut waren und sogar von Vizebürgermeister Crina: „sind entweder Trolleybusse, für die eine Endhaltestelle mit Depot auf dem uns verbliebenen Gelände in der Neustadt Richtung Câlnic/Köllnick eingerichtet werden kann, vor allem aber elektrisch oder mit modernen Verbrennungsmotoren (vielleicht alternativ mit Elektromotoren) angetriebene Nahverkehrsbusse“, meint er.

„Ich habe mich in den vergangenen Monaten eingelesen in die Problematik der elektrisch angetriebenen Nahverkehrsbusse und musste meine ursprüngliche Meinung revidieren: auf diesem Gebiet sind merkliche Fortschritte verzeichnet worden und ich denke ernsthaft darüber nach, dem Stadtrat diese Lösung zu empfehlen“, sagte Crina jüngst den Medien. „Aber das Problem der unredlichen Konkurrenz und der Kopien aus China bleibt eine ernsthafte Hürde bei jeder Ausschreibung hierzulande. Und bei den Chinesen lässt die Qualität und Dauerhaftigkeit in der Tat noch viel zu wünschen übrig, heißt es in der internationalen Fachpresse...“

Egal, welche Entscheidung schließlich getroffen wird, nun müssen als Erstes die Straßenbahnschienen herausgerissen werden. „Davon war ich auch überzeugt, als vor zwei Jahren der Straßenbelag erneuert wurde, aber der öffentliche Druck und die Hoffnung, doch noch Straßenbahnen wieder einzuführen, war zu groß. Da jetzt dafür keinerlei Hoffnung mehr besteht, muss die Sache angegangen werden. Von mir oder jenen, die uns ab der zweiten Jahreshälfte, nach den Kommunalwahlen, folgen.