Die „Vorarbeiter“ im Recyceln

Müllsammelstellen werden immer wieder verwüstet

Mülltrennung bleibt mit wenigen Ausnahmen in Kronstadt ein Vorhaben, dessen Umsetzung noch in weiter Ferne liegt. Die ersten Ansätze waren vielversprechend: Getrennte Container für Hausmüll, Glas, Altpapier und Plastik wurden in manchen Wohnblockvierteln in überdachten Bretterverschlägen untergebracht. Gedacht waren diese Müllsammelplattformen für die Bewohner benachbarter Wohnblocks, wobei jeder auch einen Schlüssel für den Zugang zu diesen Stellen erhielt. Es dauerte aber nicht lange, bis die Türen aufgebrochen wurden. Viele Sammelstellen wurden zu einem Ort, der eher mit Widerwillen betreten wird.

Die Übeltäter sind Personen, die da regelmäßig auftauchen und in den Containern herumwühlen, um das herauszufischen, was ihnen irgendwie als nützlich oder eben wiederverwertbar erscheint. Ihre Besuche sind inzwischen auf das Programm der Müllabfuhrteams abgestimmt. Denn es macht keinen Sinn, alle Müllboxen durchzugehen, in denen nur leere Container anzutreffen sind. Ausgestattet sind diese „Recycel-Vorarbeiter“ – in der Regel Roma aus den Nachbarortschaften Kronstadts und Obdachlose – mit Tragtaschen, Säcken und manchmal auch Wägelchen. Dazu gehört noch ein Stock, mit dem man leichter in den Containern zwischen den Müllbeuteln suchen kann, wobei diese oft auch durchstochen werden, um ihren Inhalt besser zu überprüfen. So kommt es, dass nach einem solchen Stöbern der gesamte Müll durcheinandergebracht und verstreut wird. Manchmal werden die Container einfach umgestülpt und entleert. Sich mit diesen „Müll-Kontrolleuren“ anzulegen, ist riskant, weil diese oft angetrunken und gewaltbereit sind.

Die Müllsammelstelle ist zum indirekten Treffpunkt zwischen jenen geworden, die in ihrer Armut und Not keine Hemmungen kennen, im Müll nach etwas zu suchen, das ihnen zu Hause oder, warum nicht, durch Abgabe bei Recycling-Stellen, irgendwie weiterhilft. Die anderen sind jene, die auf Sachen verzichten können, welche für sie zu alt, kaputt oder einfach überflüssig geworden sind. Dabei handelt es sich um Kleidung und Schuhwerk, Möbel und Haushaltsgeräte, Werkzeug und Lebensmittel. Der wahrscheinlich liebste Traum der Müllsucher bleibt wohl, auf Schmuck oder Geld zu stoßen, die versehentlich in der Mülltonne gelandet sind.

Dass es dadurch, vor allem an heißen Sommertagen, zu Zuständen kommt, die nicht nur für die im Müll Stöbernden sondern für die gesamte Gegend gefährlich ungesund werden, muss nicht besonders hervorgehoben werden. Denn diese Sammelstellen werden auch als Ersatz von öffentlichen Toiletten genutzt und von streunenden Katzen und Hunden aufgesucht. Dass täglich gekehrt werden muss und ab und zu Chlor gestreut wird, ist das Mindeste, um die Gefahr zu bannen, die von diesen potenziellen Infektionsherden ausgehen kann.

Es gibt verschiedene Vorschläge, um den Zugang unbefugter Personen zu den Müllcontainern zu verhindern, um also den Müll, so absurd es erscheinen mag, „abzusichern“. Außer Schloss und Riegel könnten unterirdisch angebrachte Container oder solche, die über ein Klappensystem verfügen, das sich nur nach innen und nicht nach außen öffnen lässt, die Roma und Obdachlosen entmutigen, weitere Streifzüge zu den Müllstellen zu planen. Die Initiative, die Container einfach vor dem Bretterverschlag aufzustellen, da dadurch die ganze Müllplünderung sichtbarer wird, erwies sich als nutzlos, denn diese Aktion läuft ungestört weiter – mit oder ohne Zuschauer.
Vorläufig hat die Kronstädter Polizei eine Kontrollaktion in Sachen Müll-Sicherheit unternommen. 202 Personen wurden auf ihre Identität geprüft und 37 Strafgelder in Höhe von insgesamt über 10.000 Lei sollen verhängt worden sein für „antisoziales Verhalten“ – was sich wohl nur in geringem Maße mit Verunreinigung der öffentlichen Flächen gleichsetzen lässt.

Das ist aber nur die Spitze des Eisbergs. Das größere Problem liegt bei der Einstellung des Durchschnittsbürgers gegenüber einer ernst gemeinten und konsequenten Mülltrennung. Auch die Müllabfuhrfirmen, die für ihre Dienstleistungen bezahlt werden und bei denen, ironischerweise, gerade viele Roma eine Arbeitsstelle finden, könnten mehr tun. Denn es ist total entmutigend zu hören, dass der vorher getrennte Müll trotzdem als Massenlieferung in demselben Mülltransport oder auf derselben mehr oder weniger ökologischen Müllhalde landet.