„Dieses ist meine Berufung“

Gespräch mit Deutschlehrerin Dr. Gabriela Adam, stellvertretende Generalschulinspektorin des Kronstädter Kreises

Dr. Gabriela Adam in ihrem Arbeitsraum im Kronstädter Kreisschulamt

Eine deutschsprachige Abteilung gibt es auch am Fogarascher Kolleg „Doamna Stanca“. Von der Vorschulklasse bis zum Abitur sind an dieser im gegenwärtigen Schuljahr 259 Schüler eingeschrieben. An dieser Schule kann auch das Deutsche Sprachdiplom erworben werden.
Fotos: Dieter Drotleff

Seit 1989 unterrichtet Gabriela Adam Deutsch als Muttersprache. Die in Weidenbach/Ghimbav geborene Lehrerin besuchte da auch die Grundschule in deutscher Sprache, die es damals hier noch gab, anschließend die deutsche Abteilung des Energetischen Lyzeums von Kronstadt/Braşov, um dann Germanistik in Bukarest zu studieren. Da schloss sie auch ein Masterstudium im Bereich Interkulturalität ab. Ihre Dissertation zum Thema „Das ‘Füreinander’ und ‘Gegeneinander’ in Heinrich Zillichs Roman ‘Zwischen Grenzen und Zeiten’“ verteidigte sie an der Lucian-Blaga-Universität von Hermannstadt/Sibiu bei Prof. Dr. Maria Sass. Mit Dr. Gabriela Adam führte der ADZ/KR-Redakteur Dieter Drotleff in ihrem Büro im Kronstädter Schulamt, gelegen in der Katharinen-Gasse (Constantin Brâncoveanu-Straße), folgendes Gespräch:

Anfang November 2016 wurden Sie in das Amt als stellvertretende Generalschulinspektorin des Kronstädter Kreises ernannt. Es ist zum ersten Mal nach der Wende, dass im Kreisgebiet eine deutsche Lehrerin in dieses Amt berufen wird. Welches sind nun Ihre Zuständigkeitsbereiche?

In dieser Funktion bin ich zuständig für alle Schulen der Minderheiten aus dem Kreisgebiet und diejenigen, die eine Minderheitenabteilung haben. Natürlich aber auch für Probleme, die die rumänischen Schulen betreffen. Die Generalschulinspektorin des Kreises, Ariana Bucur, teilt Mirela Blemovici, ebenfalls eine ihrer Stellvertreterinnen, und mir gelegentlich weitere Probleme zu, die nicht unbedingt in ihren Zuständigkeitsbereich fallen. Zudem möchte ich die sehr gute Zusammenarbeit unter uns in der Leitung des Schulamtes unterstreichen.

Bisher haben Sie für den deutschsprachigen Unterricht im Kreis verantwortet. Werden Sie das auch weiterhin tun?

Natürlich, nachdem ich voller Energie und Kraft bin. Mindestens vorläufig, bis die freistehende Stelle wieder belegt wird.

Außer dem Johannes-Honterus-Lyzeum findet auch an weiteren Schulen im Kreis deutschsprachiger Unterricht statt. Welche  sind diese und wie steht es mit den deutschsprachigen Lehrern an diesen?

Gehen wir von dem Kreisvorort aus. Da besteht noch die Allgemeinschule Nr. 12, die über eine starke deutschsprachige Abteilung verfügt. Im Wachsen ist die deutsche Abteilung des theoretischen Lyzeums „Ioan Pascu“ in Zeiden/Codlea begriffen. Desgleichen ist die Abteilung aus Reps/Rupea zu nennen. In Viktoriastadt/Oraşul Victoria wird von der Vorschul- bis zur 4. Klasse in deutscher Sprache unterrichtet, ohne aber als Abteilung eingestuft zu sein. Weitere Abteilungen bestehen an der Allgemeinschule Nr. 2 „Peter Thal“ in Rosenau/Râşnov, an dem „Doamna Stanca“-Kolleg in Fogarasch/Făgăraş, und nun seit drei Jahren auch an der Allgemeinschule in der Gemeinde Drăguş. In Neustadt/Cristian gab es bis vergangenes Schuljahr auch eine deutsche Klasse, die aber nicht mehr existiert. Seit drei Jahren gibt es wieder eine deutsche Abteilung am Energetischen Lyzeum von Kronstadt. An diesem bestehen nun je eine halbe Klasse in den 9., 10. und 11. Jahrgängen, gemeinsam mit der ungarischen Abteilung. Diese Abteilung ist vielversprechend, da die Schüler einen gefragten Beruf mit Fachlehrern erlernen, die die deutsche Sprache sehr gut beherrschen. Der Bedarf an Deutsch sprechenden Lehrern ist nicht überall gedeckt.

Gibt es noch Interesse für den Unterricht von Deutsch als Fremdsprache?

Deutsch ist allgemein sehr begehrt bei Eltern und Schülern. Dieses ist auch darauf zurückzuführen, dass es im Umfeld viele deutsche Unternehmen gibt, die Arbeitsplätze anbieten. Und natürlich ist das Kennen der deutschen Sprache ein Vorteil bei der Einstellung. Außerdem besteht in Kronstadt die duale Berufsschule „Kronstadt“, die als Beispiel für das ganze Land gilt. Diese findet auch entsprechende Unterstützung seitens der deutschen Betriebe, sodass sie unter sehr guten Voraussetzungen funktionieren kann.

Kürzlich fanden die Wettbewerbe für die Belegung der Stellen für Direktoren und ihre Stellvertreter statt. Im Kreisgebiet wurden 183 Direktorenstellen und 82 für Stellvertreter ausgeschrieben. Die neuen Leitungsträger haben am 9. Januar ihre Tätigkeit aufgenommen. Wer sind diese an der Honterusschule?

Der Termin stimmt. Die Ernennungen wurden vorgenommen. Neuer Schuldirektor ist Prof. Radu Chivărean, vom Fach Erdkundelehrer und bisheriger Direktor der Allgemeinschule von Weidenbach/Ghimbav. Er ersetzt Prof. Helmuth Wagner im Amt nach einer über 20-jährigen Tätigkeit als Leiter dieser Schule. Im Vorjahr hat dieser das Rentenalter erreicht, wird aber weiter da unterrichten. Neue stellvertretende Schuldirektorin ist Raluca Ioana Petrăreanu.

Bauen Sie in Ihrer Tätigkeit auf die Zusammenarbeit mit dem Kronstädter Deutschen Kreisforum und den Ortsforen, wo es deutschsprachige Abteilungen gibt?

Unsere Zusammenarbeit mit dem Demokratischen Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt (DFDKK) und dem Ortsforum ist sehr gut. Die engste Zusammenarbeit gibt es mit dem DFDKK-Vorsitzenden, Herrn Wolfgang Wittstock, sodass sich diese Schulen aus dem Kreisgebiet der völligen Unterstützung des Forums erfreuen konnten. Die anderen Ortsforen, wie beispielsweise in Fogarasch, wo auch die Kirche genauso in diesen Prozess involviert ist, bieten auch ihre Unterstützung. Um ein Beispiel zu geben. Bis vor drei Jahren gab es an der Schule in Drăguş keine deutsche Abteilung. Da dort aber eine deutsche Klasse sehr erwünscht war, konnte in Zusammenarbeit mit dem Forum das Problem gelöst werden. Aus Deutschland kam je ein deutscher Lehrer. Auch wenn diese noch nicht völlig qualifiziert sind, ist das wichtig, damit sie dort etwas aufbauen. Das ist auch übers Forum gelaufen. Das Forum ist somit auch eine Anlaufstelle. Die nun schon zur Tradition gewordenen Pressekonferenzen zu Beginn des jeweiligen neuen Schuljahres, die vom DFDKK einberufen werden, bieten vermittels der Medien eine Übersicht der Sachlage, aber auch der Probleme, die es an dem Johannes-Honterus-Lyzeum und den anderen deutschen Schulabteilungen gibt. Dabei werden Probleme, wie Mangel an Fachlehrern oder an Schulbüchern, Schwierigkeiten mit dem Unterrichtsprogramm u. a. angesprochen, sodass die gesamte Bevölkerung des Kreisgebietes darüber informiert wird.

Der deutschsprachige Unterricht wird bekanntlich durch verschiedene Formen aus Deutschland unterstützt. Ist das eine weitere Garantie für dessen Fortbestand?

Diese Unterstützung hilft bei der Qualitätssteigerung des Fachunterrichtes an den deutschen Schulen. Das bedeutet, dass immer mehr Kollegen, die sehr gut ausgebildet sind, sich wünschen, an einer deutschen Abteilung zu unterrichten. Das führt dazu, dass sie Deutschkurse übernehmen, auch weil sie sich dieser Unterstützung erfreuen. Diese bezieht sich auf die finanzielle Beihilfe, die an die Unterrichtenden vom Kindergarten bis zum Abitur geht. Aber auch die Sprachkurse, an denen sich die Lehrenden beteiligen, werden unterstützt und sie sind eine große Hilfe. Wir sollten uns dessen bewusst sein und nicht denken, dass wir das selbstständig machen können. Wenn ein starker Wille ist, kann man die deutsche Sprache auch erlernen – nicht auf dem Niveau eines Muttersprachlers, aber unsere Kollegen bemühen sich ernsthaft. Von Bedeutung ist weiterhin die Teilnahme an dem jedes Jahr vom Siebenbürgen-Forum organisierten Lehrertag wie auch an Kursen im Fortbildungszentrum von Mediasch/Mediaş.

Bekanntlich ist das Deutsche Sprachdiplom ein weiterer Anziehungspunkt für Schüler. Bleibt das weiterhin so?

Dieses wird am Johannes-Honterus-Lyzeum, dem Fogarascher Kolleg „Doamna Stanca“ und dem Kronstädter Kolleg „Dr. Ioan Meşotă“ verliehen. An letzterem wird Deutsch als Fremdsprache unterrichtet. Die schriftliche Prüfung fand am 13. Dezember unter besten Bedingungen statt. In Fogarasch legten die Schüler auch schon die mündliche Prüfung ab. Wir haben die Versicherung bekommen, dass das Deutsche Sprachdiplom fortgeführt wird. Dieses ist natürlich ein weiterer Anziehungspunkt für unsere Schulen, da die Schüler dadurch die Möglichkeit bekommen, in Deutschland zu studieren, ohne eine Sprachprüfung ablegen zu müssen.

Sie unterrichten weiterhin Deutsch als Muttersprache an der Honterusschule. Wie finden Sie sich zeitlich zurecht mit den vielen Aufgaben?

Erstens, dieses ist meine Berufung. Da wir Mangel an Lehrern für Deutsch als Muttersprache haben und gegenwärtig auch eine Kollegin in Mutterschaftsurlaub ist, durfte ich meine Stunden weiterhin behalten. Und das ist eine sehr große Freude für mich, weil man das eigene Können auch in den Klassen weitergibt. Und das ist die größte Zufriedenheit, die man als Lehrer in einer Klasse, in einer Schule erleben kann, wenn die Schüler die Prüfungen sehr gut schaffen. Und wenn die ehemaligen Schüler nach zehn oder fünfzehn Jahren einen auf der Straße mit einem Lächeln begrüßen, und sagen, es war sehr schön in der Schule und dank Ihnen beherrsche ich die deutsche Sprache – dann hat man auch als Lehrer seine Freude.

Wird es auch eine Fachinspektorin für die deutschsprachigen Schulen im Kreisgebiet geben, nachdem Sie dieses Amt bis zu Ihrer Ernennung als stellvertretende Generalschulinspektorin ausgeübt haben?

In diesem Augenblick kann ich das noch nicht sagen. Voraussichtlich ja, denn der Posten dafür ist frei. Erforderlich wäre eine neue Fachkraft, da es an den von mir genannten Schulen auch in diesem Jahr eine große Anzahl von Schülern gibt. Es sind insgesamt 3009 Schüler in diesem Schuljahr im Kreisgebiet, beginnend mit der Vorschulklasse bis zum Abitur. Auch müssen die Tätigkeiten mit den Lehrern dieser Schulen außer von den jeweiligen Schulleitungen auch vom Schulamt koordiniert werden. Daher ist eine solche Fachkraft von besonderer Bedeutung.

Sie sind nicht nur Lehrerin, sondern auch Mutter. Wie vereinbart man diese beiden Eigenschaften?

Ich glaube sehr gut. Meine Tochter Iris legt heuer das Abitur ab. Mein Sohn Philipp ist Schüler der fünften Klasse. Beide sind an der Honterusschule und ich hoffe, dass sie auch weiterhin zu den Besten in ihrem Jahrgang zählen. Zwischen uns gibt es das beste Einvernehmen. Mein Sohn pocht in der Schule immer darauf, dass sein Name richtig mit „Ph“ geschrieben wird.

Vielen Dank für Ihre Ausführungen und viel Erfolg im neuen Jahr 2017, da man bekanntlich im Schulwesen immer wieder auch mit Überraschungen, mit neuen Verfügungen rechnen muss.