„Digitale Zukunft“ Rumäniens

Fortschritte in der Digitalisierung des Bildungswesens

Die digitalen Übungen können an einer interaktiven Tafel, einem Computer, Tablet oder Handy gelöst werden.

Lernkit „Bunte Schule” | Fotos: Art Klett Verlag

Mihai Jurca, Stadtverwalter im Bürgermeisteramt von Großwardein, Constantin Toma, Bürgermeister von Buzău, Dr. Ilinca Pandele, Mitglied im Vorstand der AHK, der deutsche Botschafter Dr. Peer Gebauer, Mariana Brebenariu, die gekürte digitale Lehrerin des Jahres, Ioan-Florian Lixandru, Staatssekretär im Bildungsministerium, Sonja Gebauer, Leiterin des Pressereferats der deutschen Botschaft in Bukarest, Rok Kvaternik, Leiter des Ernst Klett Verlags für Osteuropa und die Baltischen Staaten (v.l.n.r.)

Obwohl digitale Mittel im Bildungsvorgang im Ausland wie in Rumänien in den letzten Jahren gelegentlich eingesetzt wurden, haben die jüngsten Ereignisse einen noch stärkeren Akzent auf die Notwendigkeit der Digitalisierung des Bildungswesens gelegt. Während der Corona-Lockdowns ermöglichte allein die Technologie der Online-Kommunikationsplattformen die Fortführung des Schulunterrichts weltweit. In den betroffenen Gemeinden waren wenige Schulen richtig vorbereitet auf die Umstellung auf Online-Unterricht. Die meisten bedürften wichtiger Investitionen in technische Geräte und Fortbildungskurse für Lehrkräfte zur Aneignung digitaler Kompetenzen. Darüber hinaus war in Rumänien auch die Finanzierung der Infrastruktur nötig, da nicht alle Haushalte über Internetanschluss verfügten. Persönliche und öffentliche Investitionen in Tablets und andere Geräte erfolgten in diesem Notfall. Gefahr überstanden – doch wird die Digitalisierung des rumänischen Schulwesens nun fortgeführt?

Digitale Kompetenzen sind von entscheidender Bedeutung für den Erfolg der Schüler auf allen Ebenen und folglich für die Entwicklung der Gesellschaft. Bei der Analyse der Veränderungen, die hauptsächlich in Ländern aufgetreten sind, deren Kinder die besten Ergebnisse in internationalen Tests funktionalen Wissens erzielen, wurde festgestellt, dass diejenigen, die in Klassenzimmerausstattung, digitale Inhalte und Lehrerausbildung investieren, die besten Ergebnisse erzielen. Ein Schlüsselfaktor in all dem ist die Rolle digital ausgebildeter Lehrer.

Der Ansatz zur Integration digitaler Inhalte in den Bildungsprozess war im Laufe der Zeit und von Land zu Land unterschiedlich. In der Praxis hat sich das sogenannte Modell des „blended learning“, das von Lehrern, Schülern und Eltern weithin akzeptiert wird, letztendlich als das effektivste Modell der Bildungsdigitalisierung erwiesen. In diesem Modell existieren gedruckte Lernmaterialien und damit verbundene digitale Lernressourcen nebeneinander und kombinieren traditionelle Ansätze mit den Vorteilen moderner Technologie. Dies geschieht auf mehreren Ebenen: durch Werkzeuge, die das Lernen erleichtern, sowie durch multimediale und interaktive Inhalte, die Schüler ansprechen und motivieren, verständliche Visualisierungen bieten und es den Kindern ermöglichen, Objekte zu manipulieren oder sogar entfernte Orte virtuell zu besuchen, ohne das Klassenzimmer zu verlassen.

Im Gegensatz zu gedruckten Materialien können Schülerinnen und Schüler, die digitale Formate verwenden, ihr Wissen dank der Technologie kontinuierlich überprüfen und festigen, indem sie interaktive Aufgaben und Quizze lösen. Dabei können sie sofort sehen, ob ihre Antworten und Lösungen richtig sind, und nützliche Hinweise erhalten, die gedruckte Materialien nicht bieten, insbesondere beim Festigen ihres Wissens zu Hause.

Digitale Zukunft Rumäniens

Ein Pilotprojekt zur Förderung digitaler Fähigkeiten bei Vorschullehrern und zur Schaffung eines dynamischen Lernumfelds durch den Einsatz digitaler Lernressourcen wurde in Zusammenarbeit mit den Stadtverwaltungen von Buzău, Großwardein/Oradea und Reschitza durchgeführt. 

Dieses Projekt mit dem Titel „Digitale Zukunft“ erstreckte sich über das gesamte Schuljahr 2022-2023 und fand in den Schulen der drei Gemeinden statt. Dabei wurden 880 Kinder der Vorschulklassen mit Bildungsmaterialien in gedruckter und digitaler Form versorgt. Mehr als 40 Lehrerinnen und Lehrer sowie vier Mentoren waren an diesem Projekt beteiligt.

Dessen Umsetzung erfolgte mit Unterstützung der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Rumänien und durch die Deutsch-Rumänische Industrie- und Handelskammer (AHK Rumänien) in Zusammenarbeit mit dem Art Klett Verlag. Letzterer entwickelte das Bildungsprogramm „Școala colorată“ (bunte Schule) in Partnerschaft mit National Geographic.

Das Pilotprojekt wurde vorige Woche am 12. September – pünktlich zum Schuljahresbeginn – auf einer Pressekonferenz in der Bukarester Residenz S.E. Dr. Peer Gebauer, des Botschafters der Bundesrepublik Deutschland, und seiner Ehefrau Sonja Gebauer, Leiterin des Pressereferats der deutschen Botschaft, in der Anwesenheit von Staatssekretären, Projektpartnern, Lehrkräften und der Bürgermeister der beteiligten Städte vorgestellt.

„Wir sind erfreut, dass diese Initiative Unterstützung von den lokalen Behörden, Bildungseinrichtungen und Lehrern gefunden hat. Wir alle glauben an eine digitale, interaktive und ansprechende Bildung für Kinder und sind sehr erfreut darüber, dass die Initiative auf lokaler Ebene auf positive Resonanz gestoßen ist“, erklärte Dr. Gebauer in seiner Eröffnungsrede. Der deutsche Botschafter bedankte sich danach bei den Bürgermeistern, Schuldirektoren und Lehrern für ihre Offenheit und Vision. „Dieser Ansatz trägt zur Entwicklung der digitalen Bildung in Rumänien bei und unterstützt somit die Entwicklung einer Gesellschaft und eines Landes, die den Anforderungen der Zukunft gerecht werden“, betonte er noch. 

Ziel des Pilotprojekts ist Ioan-Florian Lixandru, Lehrer und Staatssekretär im Bildungsministerium, zufolge, die Digitalisierung in der Fortbildung und Kompetenzentwicklung von Lehrern der Vorbereitungsklasse zu unterstützen und die Förderung einer differenzierten, personalisierten Didaktik durch integrierte Lehr-, Lern- und Bewertungsmethoden. Das Projekt zielt auch darauf ab, eine motivierende, wirkungsvolle Lernumgebung zu schaffen und neue Maßstäbe für die Weiterentwicklung von qualitativ hochwertigen Bildungsinhalten in Rumänien zu setzen.

Inhalt und Verlauf des Projekts

Neben den von lokalen rumänischen Autoren verfassten gedruckten Materialien wurden auch multimediale Bildungsinhalte von renommierten internationalen Bildungsanbietern wie National Geographic, Twig und Lifeliqe bereitgestellt. Zudem erhielten Lehrerinnen und Lehrer umfassende Schulungen für den Unterricht in Vorschulklassen.

Das Pilotprogramm umfasste auch fünf Webinare mit Demonstrationsstunden, eines für jedes Modul, Schulungen für die Teilnehmer zur Nutzung von elektronischen Geräten im Unterricht sowie integrierte Unterrichtsmethoden, zwei Schulungssitzungen für Mentoren und drei von ihnen organisierte Workshops.

Das Konzept „Școala colorată“ (bunte Schule) bietet alle für den Unterricht benötigten Ressourcen, sowohl in gedruckter als auch in digitaler Form, wie Arbeitsbücher für den Unterricht und zu Hause, ein Selbstbewertungsheft, einen illustrierten Kalender, anschauliche Karten, motivierende Aufkleber, Videos, Spiele, Lieder und digitale Übungen. Der Lernkit „Bunte Schule“ gewährleistet attraktives und effektives Lernen, indem er diese gedruckten und digitalen Ressourcen integriert, um die Aufmerksamkeit und das Interesse der Schüler aufrechtzuerhalten.

Dennoch reichen Lernmaterialien allein nicht aus, Lehrkräfte spielen dabei eine entscheidende Rolle. Aus diesem Grund wurde am Dienstag der Reschitzaer Grundschullehrerin Mariana Brebenariu die Auszeichnung „Digitaler Lehrer des Jahres“ verliehen, zumal sie außergewöhnlich zum Erfolg des Projekts beigetragen hat. Die Plakette wurde von Dr. Ilinca Pandele, Mitglied des Vorstands der AHK Rumänien, überreicht. 

„Die AHK Rumänien hat sich stets aktiv für Digitalisierung und Innovation eingesetzt. Diese sind Voraussetzungen für die gesunde Entwicklung der Gesellschaft und das Wohlergehen von Städten und ihren Bürgern. Mit der Pandemie hat sich die Digitalisierung von einem Wunsch zu einem Bedürfnis entwickelt, und das effektivste Mittel zur Umsetzung eines umfassenden Konzepts, um Denkweisen zu ändern, ist zweifellos die Schule“, sagte Dr. Ilinca Pandele, Mitglied des AHK-Vorstands. Im Namen der AHK gratulierte sie dem Art Klett Verlag zur Initiative und den am Projekt beteiligten Bürgermeistern zu ihrer Vision und  nachhaltigen Entscheidung, in die Zukunft der Gemeinschaft und der Kinder zu investieren. 

Nach Ansicht von Rok Kvaternik, Leiter des deutschen Verlags Ernst Klett für Osteuropa und die Baltischen Staaten, „hat das Pilotprojekt ‚Digitale Zukunft‘ ein klares und ehrgeiziges Ziel verfolgt, nämlich ein umfassendes Modell zur Digitalisierung der Bildung in verschiedenen Bildungsumgebungen in Rumänien zu entwickeln und aufzubauen, um einen allgemeinen Referenzpunkt für zukünftige Digitalisierungsinitiativen im ganzen Land zu schaffen und letztendlich allen rumänischen Lehrern und Schülern zugute zu kommen“.

Das Projekt „Digitale Zukunft“ wird auch im gerade begonnenen Schuljahr in der Pilotphase verbleiben, um eventuelle Projektverbesserungen zu ermöglichen und es für Erweiterungen auf andere Gebiete vorzubereiten.