Dragnea ist Ceauşescu II

„Wer gegen uns ist, ist gegen den Fortschritt!“ So das nachhaltigste machtpolitische Vermächtnis des Kommunismus. Die Allzweckwaffe gegen jeglichen Gegner. Diese Schlussfolgerung ziehen George Orwell, der Bolschewismusforscher Thierry Wolton oder (bereits in den 1940er Jahren) Karl Popper in „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“. „Feinde“ sind, laut Popper, „rot, braun, grün, Islamisten“.

Schauen wir aufs heutige Rumänien, dessen deklaratives Ideal die „offene Gesellschaft“ ist. Wer deren Feinde sind? Genau die, die sich an der Macht befinden: die Roten. Es gibt für sie keine größere Beleidigung, als sie „Rote Pest“/„Ciumă Roşie“ zu nennen. Und doch: Ihre Herrschaft soll ewig währen. Deshalb alle paar Monate (auch jede Woche...) politische Kurskorrekturen. Deshalb das eiserne Festhalten am Führer: Dragnea ist Ceauşescu II. Paranoia inklusive. Sein innerparteilicher Kosename, „Daddy“, spricht für die Volkssehnsucht nach dem Übervater (=Diktator). Ein Führer voller panischer Angst vor Machteinschränkung. Und Gefängnis. Sie setzen offensichtlich ungeeignete Personen an die Spitze ihrer Regierung(en). Grindeanu, Vasilica. Stürzen sie nach Gutdünken; Lenin: „Die Köchin wird das Land führen!“

Sie sind „Revolution“(-sbesessen): fiskalisch, juristisch, privilegienuntermauernd, radikal. Links? Ein Paradox: die PSD ist eine konservativ-reaktionäre Partei, erneuerungsscheu bis -unfähig. Sie posaunt das Ideal der „Revolution“ aus. Posiert als „Avantgarde“. Ändern soll sich nichts.

Daher die Gewichtung auf Propaganda und Lüge: eines sagen, etwas andres meinen, was ganz andres tun. Fiskalische „Erleichterungen“, „Lohnsteigerungen“, „Autobahnbau“. „Regierungsprogramm“ als Götze. Regieren ist Götzendienst.

Ihre Intoleranz gegenüber „Fraktionismus“ ist akut: Spitzen-Opponenten innerhalb der Partei werden beiseitegeschoben. Oder ausgeschlossen: Ponta, Chiric². Auf die Abschussliste gesetzt: Andronescu, Bădălău.

Poststalinistisch: „Die Partei hat immer Recht!“. „Partei“ ist die Meinungsdirektive des Vorsitzenden. Noch nie haben die PSD-Spitzen sich für ihre unzähligen Fehler entschuldigt. Dragnea hat immer Recht. Wenn nicht, waren andre schuld. Die pausenlosen Korrekturen zum Überleben des Staats: nie hat sich für vorangegangene Fehlgriffe jemand entschuldigt. Lohngesetzgebung, Justizgesetze, „alles war korrekt“. Bürgerliche Gesellschaft? Von Soros manipuliert! EU-Kommission? Falsch informiert! Die Botschaften alliierter Staaten? Auf dem Holzweg! Letztes Argument, allerklärend: Kritiker sind Feinde. Punktum!

Warum das alles? „Weil wir es können!“ Im Kampf gegen den „Parallelstaat“ passieren den Postkommunisten bloß „Kommunikationsfehler“. Die Unfähigkeit, Fehlentscheidungen einzugestehen, der Hochmut, der Zynismus und die Ignoranz der heute regierenden Spitzenleute führten in jedem anderen Staat zum Vertrauensverlust. Und bei uns? Für mich ist Arbeitsministerin Lia Olguţa Vasilescu, eine Ziehtochter des verstorbenen Rechtsradikalen und Ultranationalisten C. V. Tudor, ein Paradebeispiel: Gefragt, wie es denn um die „fiskalische Revolution“ stehe (die gründlich in die Hosen ging), antwortete sie: „Die Löhne sind gestiegen – die Einkommen sind gesunken“...

Zu alldem kommt die Verachtung gegen-über (rechts-)staatlicher Organisation (Bolschewismus und Anarchie gingen lange Hand in Hand) – es sei denn, sie dient zur primitiv-primären persönlichen Bereicherung. Emsig wird an ihrer gesetzlichen Unterhöhlung gearbeitet. Lange wird „die Partei“ nicht mehr vom Phantom des „Parallelstaats“ gejagt, so der (trotz Verurteilung) Regierungsberater Darius Vâlcov und der PSD-Generalsekretär Codrin Ştefănescu.

Erleben wir den Triumph stalinistischer Erziehung der 1950er Jahre? Post Faktum?