Ehrung für ein bemerkenswertes Lebenswerk

Annemarie Podlipny-Hehn erhielt Opera-Omnia-Preis für ihr schriftstellerisches Gesamtwerk

Cornel Ungureanu, Vorsitzender der Temeswarer Zweigstelle des Rumänischen Schriftstellerverbands, überreicht Annemarie Podlipny-Hehn die Preisurkunde.
Foto: Zoltán Pázmány

Von der Temeswarer Zweigstelle des Rumänischen Schriftstellerverbands wurde die bekannte Temeswarer deutsche Schriftstellerin, Kunsthistorikerin und Publizistin zum Jahresende in feierlichem Rahmen mit dem Opera-Omnia-Preis für ihr schriftstellerisches Gesamtschaffen ausgezeichnet. Das vielseitige Oeuvre dieser Autorin mit Werken ineinander verfließender Genres weist die Publizistin, Kunsthistorikerin und -kritikerin heute als eines der aktivsten Mitglieder der 1949 gegründeten Temeswarer Schriftstellervereinigung und seiner derzeit 17-köpfigen deutschen Fraktion aus. Hervorzuheben wäre da auch ihr Beitrag zur Verständigung und zum Zusammenwirken innerhalb der multikulturellen Zweigstelle in Temeswar (230 Mitglieder) zwischen rumänischen, deutschen, ungarischen und serbischen Literaten.

Als langjähriges Mitglied der Schriftstellergilde, jahrelang auch im Leitungsrat der Zweigstelle und viele Jahre als Mitglied des deutschen Literaturkreises „Adam Müller-Guttenbrunn“ hat die Autorin, vor allem nach der Wende, für die Bewahrung der Banater deutschen Schriftstellergruppe gewirkt. Stets hat sie sich für die Förderung junger Talente, für die Veröffentlichung ihrer Werke und deren Aufnahme in den Rumänischen Schriftstellerverband eingesetzt.

Und das mit Erfolg in mehrerlei Hinsicht: Ihr Hauptverdienst ist nämlich – ein Glücksfall für die rumäniendeutsche und Banater deutsche Literatur und Kultur überhaupt –, dass sie nach der Wende den Temeswarer deutschen Literaturkreis „Stafette“ im Rahmen des Temeswarer Forums gründete, den sie als langjährige Leiterin zum Nachfolger des AMG-Literaturkreises etablierte und so ein Weiterwirken der Banater deutschen Literatur nach 1989 ermöglichte. Das Resultat in einem Vierteljahrhundert waren zahlreiche Stafette-Sammelbände von Autoren aller Kategorien (von 20 bis 90 Jahren), Anthologien, und als Krönung die Herausgabe von zahlreichen Einzelbänden der Autoren, wobei das Hauptaugenmerk der Förderung und Veröffentlichung der Werke den Jungautoren galt. Etliche von ihnen wurden in den Schriftstellerverband aufgenommen, erhielten Preise, beteiligten sich an Lesereisen im In- und Ausland, vier der Stafette-Mitglieder, darunter auch Annemarie Podlipny-Hehn, wurden vor einigen Jahren gar in den renommierten PEN-Klub aufgenommen. Annemarie Podlipny-Hehn hat als Vorsitzende und umsichtige Herausgeberin im Rahmen der „Stafette“ sichere Weichen für die Zukunft gestellt.

Der bekannte Literaturkritiker Cornel Ungureanu, Vorsitzender der Temeswarer Schriftstellervereinigung, hat einmal die Persönlichkeit und das Schaffen dieser Autorin einfühlsam beschrieben: „Annemarie Podlipny-Hehn ist ein lebendiges Beispiel dafür, wie die persönliche Geschichte sich mit der Geschichte der Banater Kultur deckt.“ Die 1938 in Lowrin geborene Autorin war nach dem Studium an der Temeswarer Germanistikfakultät (Abschluss 1961) Lehrerin und darauf 1964-1991 unentwegt als Kustodin des Banater Museums tätig. Mit ihren Chroniken, Studien, Porträts, Werkstattgesprächen hat die Kunsthistorikerin und -kritikerin jahrzehntelang beispielhaft das Schaffen der Banater Künstler begleitet und und sachkundig widergespiegelt. Sie hat grundlegende Monografien über Künstler wie Stefan Jäger, Franz Ferch, Oskar Szuhanek, Hildegard Kremper-Fackner veröffentlicht.

Eine gute Zusammenfassung ihres kunstkritischen und -historischen Schaffens bildet der Sammelband „Werte aller Zeiten“. Vielseitig ist auch ihr literarisches und publizistisches Schaffen. Hervorzuheben wäre der 2010 veröffentlichte Memoirenband „DA-SEIN“ (mit einem Preis des Schrifstellerverbands ausgezeichnet), ein bemerkenswertes Zeitdokument des 20. Jahrhunderts, das die Erinnerungen ihres Lebensgefährten, des Temeswarer Malers Julius Podlipny, parallel mit ihren eigenen beinhaltet. Nicht minder wichtig sind ihre Studien über das Werk von Nikolaus Lenau, Oskar Walter Cisek oder Carmen Sylva. 2014 brachte sie den Band „Kulturspiegel. Beiträge zur Kulturlandschaft einer Vielvölkerregion“ heraus. Der Sammelband vereinigt ihre im Laufe der Jahrzehnte veröffentlichten literarischen und publizistischen Schriften und erweist sich als wichtiger Spiegel des vielseitigen Banater Kulturgeschehens der letzten Jahrzehnte.

Annemarie Podlipny-Hehn wurde bisher für ihre Verdienste mit mehreren Ehren- und Sonderpreisen des Rumänischen Schriftstellerverbands, des Demokratischen Forums der Deutschen im Banat und des Demokratischen Forums der Deutschen in Temeswar sowie mit Preisen der Stadt Temeswar ausgezeichnet. Seit 1990 wirkt sie im Vorstand des Temeswarer Forums, das sie 2005-2007 als Vorsitzende geleitet hat. Seit Jahren ist sie Mitglied der Deutschen Schiller-Gesellschaft und der Internationalen Lenau-Gesellschaft.