Ein Brief an Premier Victor Ponta

Gespräch mit Dr. Paul-Jürgen Porr, dem Vorsitzenden des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien

Die DFDR-Delegation im Bayerischen Landtag (v. l.): Uwe Fabritius (Referat Bayerische Rumänienhilfe), MdP Ovidiu Ganţ, Unterstaatssekretärin Christiane Cosmatu, Dr. Paul-Jürgen Porr, Landtagspräsidentin Barbara Stamm, MdB Bernd Fabritius (v.l.)
Foto: Pressestelle Bayerischer Landtag

Anfang März wurde Dr. Paul-Jürgen Porr zum Vorsitzenden des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien (DFDR) gewählt, nachdem Klaus Johannis dieses Amt niedergelegt hatte. Der Mediziner Dr. Porr gehört zu den Gründungsmitgliedern des Forums in Klausenburg/Cluj, war bis 1995 dessen Vorsitzender und seither der Vorsitzende des Siebenbürgenforums. Für den Chefarzt der Abteilung für Innere Medizin im Hermannstädter Universitätsklinikum ist der Vorsitz des DFDR eines seiner zahlreichen Ehrenämter im gesellschaftlichen und medizinischen Bereich. ADZ-Redakteurin Hannelore Baier bat Dr. Porr, eine Bilanz der bald einjährigen Tätigkeit als Landesvorsitzender des Deutschen Forums zu ziehen, und fragte nach Einzelheiten zu den Gesprächen, die kürzlich in München mit der bayerischen Landtagspräsidentin Barbara Stamm, der Staatsministerin Emilia Müller und den Vertretern der Landsmannschaften stattgefunden haben.   

Um wie viel hat sich Ihr Arbeitsvolumen vergrößert, seit Sie der Vorsitzende des Landesforums und nicht mehr jener des Siebenbürgenforums sind?

Was den Zeitaufwand angeht, so ist der nicht stark gestiegen, aber die Reisen sind länger geworden. Fuhr ich vorher bis Kronstadt/Braşov oder Schäßburg/Sighişoara oder Bistritz/Bistriţa, selten bis München, zum Verband der Siebenbürger Sachsen, fahre ich jetzt nach Suceava, Bukarest oder Temeswar/Timişoara. Auch vor dem Amtsantritt als Landesvorsitzender bin ich täglich zum Forumssitz gekommen – es sei denn ich war nicht in Hermannstadt. Die Arbeit zu Hause – denn in den Forumssitz komme ich vor allem, um Papiere zu unterschreiben und dringende Anliegen zu klären – nimmt nicht viel mehr Zeit in Anspruch. Verändert hat sich jedoch die Verantwortung: Es ist der Landesverband, dem ich nun vorstehe, bisher hat aber eigentlich alles gut geklappt.

Das ist das Fazit des ersten Jahres im Amt?

Es ist erst ein dreiviertel Jahr vergangen. Politisch hat es mehrere Treffen gegeben, darüber hatte ich vor dem Vorstand und der Vertreterversammlung berichtet. Zwei andere Probleme aber, in denen wir uns engagiert haben, halte ich für besonders bedeutend: Zum ersten unseren frühen Protest im Falle des geplanten Roşia Montană-Projektes, der sehr gut angekommen ist. Inzwischen sind viele gegen das Vorhaben, das Deutsche Forum gehörte aber zu den ersten Organisationen, die Stellung dagegen eingenommen hat. Das zweite Anliegen sind die Prospektionen im Norden des Kreises Hermannstadt und Süden des Kreises Muresch. Vergangene Tage haben wir diesbezüglich – auf Initiative von Martin Bottesch – einen Brief an Premierminister Victor Ponta gesandt, den ich zusammen mit dem Abgeordneten Ovidiu Ganţ und Bischof Reinhart Guib unterschrieben habe.

Zur Problematik wurde einiges in der Presse berichtet, nicht bestätigen konnten wir die Aufregung in Meschen/Moşna, aber in Waldhütten/Valchid wurde tatsächlich neben der Kirchenburg gebohrt und an den Häusern rund um die Kirchenburg sind Risse infolge der Bohrungen entstanden. Die Leute haben eine Entschädigung erhalten, was soviel bedeutet, dass die Prospektionsfirma ihre Schuld daran eingestanden hat, sonst hätte sie auch die paar Hundert Lei nicht gezahlt. Die Kirchenburg in Waldhütten steht unter UNESCO-Denkmalschutz und in ihrer Schutzzone hätten keine Bohrungen durchgeführt werden dürfen.

Die Initiative zu diesem Brief ist, wie gesagt, vom Deutschen Forum ausgegangen, wir haben die Evangelische Kirche A.B. hinzugezogen, in deren Eigentum sich die Kirchenburgen befinden, und Bischof Guib war sofort bereit, ebenfalls zu unterzeichnen. Gebeten haben wir im Schreiben an den Premier, die Bohrungen nicht in Ortschaften und erst recht nicht in der Nähe von Kulturdenkmälern durchzuführen. Abgesehen von diesen beiden Problemen war das Jahr relativ ruhig.

Ein Problem, in dem das Deutsche Forum sich einsetzt, ist die Sicherung des deutschsprachigen Unterrichts …

Ja, da hatten und haben wir tatsächlich große Schwierigkeiten. Eine Frage konnte gelöst werden, und zwar erhalten die Studierenden in dem von Dr. Liane Junesch geleiteten Studiengang für Grundschul- und Vorschulpädagogik an der Lucian-Blaga-Universität dieses Jahr ein Stipendium von der Michael-Schmidt-Stiftung – mit der Bedingung, dass sie nach dem Absolvieren drei Jahre lang als Erzieherinnen arbeiten. Aufgetaucht aber ist bei diesem Studiengang nun ein neues Problem: Ein Teil der Lehrenden werden im Stundenlohn bezahlt und bekommen 5 (fünf!) Lei für die Unterrichtsstunde. Es gibt tatsächlich einen diesbezüglichen Senatsbeschluss und ich war dabei, als einige der Dozenten protestierten, dass sei eine Beleidigung.

Fachleute, die nicht an der Uni angestellt sind, erhalten also nur 5 Lei pro Stunde und werden es sich verständlicherweise überlegen, weiter hier zu wirken. Keine Unterstützung konnte ich bislang leider für die Hermannstädter Außenstelle der Babeş-Bolyai-Universität aus Klausenburg/Cluj, die ebenfalls Kindergarten- und Grundschullehrerinnen für den deutschsprachigen Unterricht ausbildet, finden. Bemüht habe ich mich beim Deutschen Wirtschaftsclub Siebenbürgen, eine Firma zu finden, die die Spritkosten der wöchentlich aus Klausenburg anreisenden Dozenten mitzutragen bereit ist, was nicht gelungen ist. Desgleichen konnte auch keine billige Unterkunft für die Dozenten gefunden werden.

Es besteht folglich nach wie vor die Gefahr, dass diese Außenstelle der Klausenburger Uni geschlossen wird, denn die staatlichen Universitäten haben alle in diesem Hochschuljahr 30 Prozent weniger Geld als im Vorjahr erhalten und aus diesem Grund denken sie an das Schließen der Außenstellen, denn jeder schneidet dort, wo es weniger weh tut. Für uns ist das Lösen des Problems der Ausbildung deutschsprachiger Erzieher vital: Wenn wir weniger Lehrer ausbilden, haben wir in ein paar Jahren weniger Erzieher, es müssen deutschsprachige Klassen geschlossen werden, entsprechend weniger Kinder lernen Deutsch und es werden auch weniger junge Leute in der Wirtschaft des Deutschen mächtig sein, sodass dann auch die Wirtschaft das Interesse an Hermannstadt zum Beispiel zunehmend verlieren wird.

In der Vorstandssitzung im September war beschlossen worden, dass eine Delegation des Deutschen Forums bei Bildungsminister Pricopie vorspricht, u. a. auch wegen des Mangels an Räumlichkeiten für die Vorbereitungsklassen ...

Die Delegation sollte die Schulkommission des Landesforums bilden und zusammen mit Unterstaatssekretärin Christiane Cosmatu und dem Abgeordneten Ovidiu Ganţ um eine Audienz ansuchen, geschehen ist aber nichts.

Das Problem deutschsprachiger Unterricht wurde auch bei den Gesprächen mit Landtagspräsidentin Barbara Stamm und Emilia Müller, der bayerischen Staatsministerin für Arbeit und Soziales, beim  Besuch Anfang Dezember in München angesprochen …

In Deutschland ist der Bereich Bildungswesen Sache der Bundesländer und also auch das Lehrerentsendeprogramm, das wir angesprochen und um Fortsetzung gebeten haben. Die entsendeten Lehrer aber sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein, weswegen wir im Gespräch mit Landtagspräsidentin Stamm auch eine mögliche finanzielle Förderung der Lehrer angesprochen haben, die an den deutschsprachigen Schulen unterrichten. Geprüft werden soll nun, ob eine Unterstützung über die Bavaria-Stiftung möglich ist, damit die ausgebildeten ErzieherInnen im Lehramt bleiben und nicht in besser bezahlte Jobs wechseln. Das war aber erst eine Diskussion – hoffen wir, dass sich Lösungen finden.

Laut „Siebenbürgischer Zeitung“ wurde im Gespräch mit den Vertretern des Verbands der Siebenbürger Sachsen und der Landsmannschaft der Banater Schwaben über das Stellen  „grenzüberschreitender gemeinsamer EU-Förderanträge“ gesprochen. Worum handelt es sich dabei?

Ab 2014 gibt es bekanntlich einen neuen EU-Finanzrahmen und andere Förderprogramme. Kundig tun sollten wir uns, welche „Töpfe“ es geben wird und ob Projekte aus dem Bereich Kultur und Bildung nicht auch auf dieser Schiene finanziert werden können. Zum Beispiel könnten sich die Evangelische Kirche, das Forum und der Verband der Siebenbürger Sachsen für das Renovieren und Nutzen von weiteren Kirchenburgen zusammenschließen. Die Projekte haben mehr Chancen, angenommen zu werden – das weiß ich aus dem medizinischen Forschungsbereich – wenn sie grenzüberschreitend sind. Man muss sich also möglichst bald kundig machen, ob es die Möglichkeit gibt, EU-Mittel für Projekte aus dem Bereich Kultur und Bildung zu beschaffen, denn es dauert dann erst recht lang, bis das Projekt geschrieben und bewilligt ist.

Diese Programme könnten eine Chance sein, die sich im nächsten Jahr auftut, und die wir nicht an uns vorbeiziehen lassen sollten, um nicht nur an rumänischen und deutschen Haushaltsmitteln zu hängen – die wann immer reduziert werden können. Bei dem Gespräch waren nur die Vertreter des Verbands der Siebenbürger Sachsen und der Banater Schwaben anwesend, sie waren es aber stellvertretend auch für die Sathmarschwaben oder Buchenlanddeutschen, wir wollen da niemanden ausschließen.

Gedankt haben die Vertreter des DFDR beim Besuch in Bayern für die bisher erfolgte BMI-Förderung. Weiß man schon, ob für 2014 dieselbe Fördersumme zur Verfügung stehen wird bzw. wird es eine Jahresplanungskonferenz geben?

Heuer hat es erstmals keine Jahresplanungskonferenz gegeben, da die Fördersumme seit Jahren kaum Veränderung erfahren hat und die Mittel ohnehin weitgehend verplant sind. Wir hoffen, dass die Summe für 2014 in etwa die gleiche bleibt, per E-Mail und Telefon kann an sich auch die Vergabe geklärt werden, sodass vermutlich auch 2014 keine Jahresplanungskonferenz stattfinden wird. Konkrete Angaben haben wir bislang keine – da ja die Bundesregierung noch nicht steht, geschweige denn der Bundeshaushalt. Wir hoffen aber sehr, dass der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Christoph Bergner weiterhin der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten bleibt.

Was steht für das Deutsche Forum 2014 an?

Nächstes Jahr finden bekanntlich die Wahlen für das Europaparlament statt. Einen eigenen Kandidaten wird das Deutsche Forum nicht haben, da keine Chance besteht, landesweit die 5-Prozent-Hürde zu schaffen. Wir werden Gespräche führen mit Vertretern der politischen Parteien, um zu sehen, ob und welche Partei wir eventuell anempfehlen. Vorerst müssen wir jedoch abwarten und sehen, wen die Parteien als Kandidaten nominieren werden. Ansonsten wird es wohl im Großen und Ganzen keine Veränderungen in der Tätigkeit der unterschiedlichen Strukturen des Forums geben. Fortgesetzt werden die Förderungen von Wirtschaftsprojekten über die Stiftungen, es wird die traditionellen Feste und Treffen geben und es werden neue Bücher erscheinen.