Ein geläuterter (?) Altkommunist

Der Albtraum der Wendejahre Rumäniens, Altpräsident und Ewigkommunist Ion Iliescu, hat sich zurückgemeldet. Erst durch ein Gespräch, das er einem Journalisten des „Figaro“ gewährte und dessen Hauptaussagen er nach der Veröffentlichung verneinte – obwohl es die Aufzeichnung des Gesprächs gibt und dort seine Stimme genau das sagt, was in der konservativen französischen Zeitung steht. Danach mit einem Blogeintrag, der einiges Rumoren auslöste.

Seine Stellungnahme auf der Sozialisierungsplattform bezieht sich auf die Rolle Rumäniens in diesem Halbjahr, wo Bukarest für die EU ein bisschen Brüssel spielen darf. Das markiere, so Altkommunist Iliescu, das Ende einer Etappe, jener des EU-Beitritts Rumäniens. Und eröffne die Etappe der EU-Integration des Landes. Damit hat der Altpräsident grundsätzlich recht. Wenn am 10. Januar nur nicht die politische Amateurclique aus Bukarest, allen voran die immer gockelhaftere Premierministerin Dăncilă und der Rechtsstaatskiller Iordache, jenes peinliche Spektakel an Falschheit, Irreführung und Täuschung vorgeführt hätten, das wohl, außer ein paar Naivschädeln, niemand als Köder geschluckt hat. Andrei Pleșu formulierte es in anderem Kontext so: „Ein Erfolg unserer Politik: die öffentliche Verwirrung“. Oder, mit den Worten der Psychologin Maria Iordănescu: „Ein authentisches rumänisches Spektakel“, bei dem „mit falscher Stimme Romanzen über Würde und Respekt“ interpretiert wurden. Die wieder mal beim Ablesen in der Wortwahl falsch liegende Premierministerin Vasilica Dăncilă forderte Europa auf, „uns, die Rumänen“, wie ihresgleichen zu behandeln. Sie sprach vorgeblich im Namen aller Rumänen (wohlgemerkt: NICHT der Bürger Rumäniens!).

Iliescu setzt sich als Blogger für mehr Diskussionseinbezug und -implizierung Rumäniens ein. Da hat er recht. Nur so könnte die Theorie der konzentrischen Kreise der EU unterlaufen und eine authentische Demokratie gelebt werden. Er selber hat das als zweieinhalbmaliger Staatschef nicht ganz so gehalten. In der Theorie hat er aber recht. Nur: Wer unter den Regierenden sollte und könnte im Namen der Bürger Rumäniens diskutieren?

Recht hat Iliescu auch, wenn er die rumänischen Politiker auffordert, zurückzukehren zur Politik, was die einzig passable Lösung für die innenpolitische Dauerkrise Rumäniens in den vergangenen zwei Jahren sei. Eine gute Gelegenheit dazu seien die Europawahlen im Mai: „Die Würde, EU-Parlamentarier zu sein, kann keine Belohnung sein für Politiker oder deren Klientel, sondern muss die Erfüllung einer exemplarischen politischen Karriere sein im Dienste der Bürger und der Nationen Europas. Es ist der Augenblick gekommen, wo die politischen Eliten sich wieder mit den Bürgern an einen Tisch setzen müssen, um eine gemeinsame politische Agenda zu besprechen, ein gemeinsames Projekt, jenes der europäischen Integration. An der können sich alle Bürger Europas erfreuen.“ Auch wenn Iliescu unter „Integration“ wohl eher „(proletarischen) Internationalismus“ verstehen sollte – seine Aussage bleibt überlegenswert.

Iliescu ist der Mann, durch dessen politischen Filter ein Großteil der heutigen politischen Akteure Rumäniens gegangen sind. Oder zumindest mit ihm Reibungspunkte hatten. Iliescu kennt sie alle – und sie ihn. Auch die Scheingegner. Allen fehlt Ideologie. In diesem Sinn ist Iliescu auch schuld am heutigen Zustand der politischen Landschaft Rumäniens. Obwohl er Freidenker ist (wie er sich selber definierte), hat er das paternalistische Ideal des orthodoxen Rumänentums bedient und den Weg seines Nachfolgers Dragnea zum Diktator freigeschaufelt. Daran gilt es noch zu knabbern.

Auch sein „Vetternkapitalismus“, wo „interessierte Individuen als Parasiten die Staatsfinanzen plündern, die Verluste verstaatlichen und die Gewinne persönlich einstreichen“, hat Bestand.