Eine Gemeinde sagt „Danke“

Hundertjähriges Kirchenjubiläum in Rekasch gefeiert

Bürgermeister Pavel Teodor (r.) hieß die Gruppe im Rekascher Museum willkommen, Veronica Andruseac führte durch das ehemalige Dr. Stitzl-Haus. Mit dabei: HOG-Vorsitzender Erwin Lehretter (l.).

Pfarrer Anton Butnaru und Erwin Lehretter schauen sich die viersprachige Jubiläumstafel in der Rekascher Kirche an.

Ihr hundertjähriges Bestehen beging die katholische Kirche in Rekasch in diesem Jahr. Die Gemeinde wird von Pfarrer Anton Butnaru betreut.

Die Festmesse zum hundertjährigen Kirchenjubiläum zelebrierte Generalvikar Johann Dirschl zusammen mit Ortspfarrer Anton Butnaru.
Fotos: Raluca Nelepcu, Zoltán Pàzmány

„Zahvalnost“, „Dankbarkeit“, „Hála“, „Recunoștință“: Das Wort in vier Sprachen – Schokatzisch/Kroatisch, Deutsch, Ungarisch und Rumänisch – steht seit Anfang September auf einer Marmortafel in der römisch-katholischen Kirche der Temescher Kleinstadt Rekasch, da, wo am Sonntag, dem 9. September, das hundertjährige Jubiläum der Ortskirche feierlich begangen wurde. Zu diesem Anlass war eine Gruppe Banater Schwaben aus Deutschland angereist – die Reise organisierte die Heimatortsgemeinschaft (HOG) Rekasch unter der Leitung von Erwin Lehretter.

1914 – das Jahr, in dem der Erste Weltkrieg ausgebrochen war. Für die katholische Gemeinde aus Rekasch hat dieses Jahr aber auch eine andere Bedeutung. Im März 1914 begann nämlich der Bau der Ortskirche, die trotz schwieriger Zeiten fertig wurde, nachdem auch der Krieg vorbei war. Eine noch junge Kirche, würde man heute meinen, doch bekanntlich war an jenem Ort bereits zu Beginn des 18. Jahrhunderts, als die ersten Deutschen in diesem Landesteil angesiedelt wurden, zunächst eine Holz- und später eine Kirche aus Stein gestanden. An die ab 1769 erbaute Kirche erinnert eine Inschrift auf der rechten Seite vor dem Eingang in das Gebetshaus. Der neugotische Sakralbau im Stadtzentrum hat ein schlichtes, elegantes Aussehen. Besonders beeindruckend sind die Glasmalereien, die verschiedene Heilige und Schutzpatrone darstellen.

Für die römisch-katholische Gemeinde aus Rekasch ist Pfarrer Anton Butnaru zuständig. Zusammen mit Generalvikar Johann Dirschl zelebrierte er den Festgottesdienst anlässlich des hundertjährigen Kirchenjubiläums. Das Gotteshaus war voll, Jung und Alt waren gekommen, um sich an der Zentenarfeier zu beteiligen. In den ersten Bänken links saßen Kinder in ungarischer, kroatischer, rumänischer und deutscher Volkstracht – für die Mitglieder der HOG Rekasch waren die Bänke vorne rechts reserviert. „Wir sind voller Emotionen. Die gesamte Vorbereitung war unheimlich schön. Wir sind schon heute Morgen mit dem Bus angereist und es war keiner da, nur die Kirche und wir – das war ein Empfang mit Gott allein. Die absolute Steigerung war, als die Blasmusik und die Kinder in Volkstracht zur Kirche gekommen sind. Da war, glaube ich, kein Auge trocken geblieben. Auch die Messe war sehr, sehr schön. Man hat richtig gemerkt, dass nicht nur wir uns freuen, sondern dass wir mit der gleichen Freude auch empfangen werden“, sagt Waltraud Rumesz, die vor 33 Jahren aus dem Banat nach Deutschland gezogen ist. „Rekasch hat sich sehr verändert. Das ist nicht mehr unser Dorf, das wir aufgebaut haben, denn in den Häusern leben heute andere Leute, aber wir sind zur Kirche, zum Friedhof und zu den Plätzen unserer Erinnerung zurückgekommen und dort haben wir unser Rekasch vorgefunden“, sagt die in Augsburg lebende Lehrerin.

Harald Weissgerber verbrachte seine Kindheit bis zu seinem sechsten Lebensjahr in Rekasch. „Ich habe nicht mehr so viele Erinnerungen. Aber es ist trotzdem schön, das alles, nach 34 Jahren, mal wieder zu erleben und die ganze Geschichte von denen zu erfahren, die sie selbst miterlebt haben“, sagt er. Nikolaus Lutz wanderte 1985 aus. Der 1937 in Rekasch geborene Deutsche erinnert sich an seine Zeit im Banat: „Es war schön, weil wir jung waren. Ich habe den jetzigen Aufenthalt hier als wunderbar empfunden. Diese Gastfreundlichkeit, mit der wir empfangen wurden, die habe ich nicht erwartet“, sagt er. „Ich kenne das ganze Dorf. Ich bin hier überall zu Hause gewesen. Es ist zwar nicht mehr so, wie es mal war – die Weingärten waren früher Parzellen, aber heute wird alles großwirtschaftlich bearbeitet. Trotzdem muss ich sagen: Es steht dem Westen in nichts nach“, sagt Nikolaus Lutz, der den Rekascher Wein auch in Deutschland gern kauft.

Mehr als 40 Banater Schwaben aus Deutschland traten die Reise in die „alte Heimat“ an. Besuche in Temeswar und Maria Radna standen u. a. auch auf dem Programm. In Rekasch konnten die Rekascher das dortige Geschichtsmuseum besichtigen, wo Veronica Andruseac, die jahrelang für das Museum zuständig gewesen und inzwischen in Rente gegangen ist, die Reisenden empfing. Auch Bürgermeister Pavel Teodor hieß die Rekascher herzlich willkommen. Er informierte die Gruppe, dass das Museum aus dem ehemaligen Haus von Dr. Josef Stitzl in das städtische Kulturheim umsiedeln wird – der neue Standort sei zentraler, außerdem könnte man das Museum auch bei anderen Gelegenheiten, die im Kulturheim stattfinden, besichtigen. Das Rekascher Museum umfasst eine Geschichts-, Ethnografie- und Anthropologie-Abteilung – auf einigen der ausgestellten Fotos, die bedeutende Momente aus dem Leben der Gemeinde darstellen, konnten die angereisten Banater Schwaben bekannte Gesichter wiedererkennen. „Wir haben hier ein wunderbares Rekascher Museum, wo alle Nationalitäten vertreten sind. Es geht um Nationalitäten, die hier gelebt haben und weiterhin hier leben – Rumänen, Ungarn, Roma, Deutsche und Schokatzen“, sagt Erwin Lehretter, seit 2009 Vorsitzender der HOG Rekasch und Veranstalter der Reise. Die HOG Rekasch verzeichnet aktuell etwa 1050 Menschen – zu den regelmäßigen Treffen, die jährlich in Deutschland stattfinden, kommen bis zu 200 Leute zusammen, verrät Erwin Lehretter. Der HOG-Vorsitzende kam im Rekascher Dr. Stitzl-Haus zur Welt, wo früher ein Krankenhaus eingerichtet war. Mit 28 Jahren reiste er nach Deutschland aus. „Ich habe die schwere Zeit erlebt, wo es verboten war, in die Kirche zu gehen. Aber als Kinder ist man hinten in die Kirche hineingegangen und es wurde nicht kontrolliert, wer in der Kirche ist“, erinnert er sich an die Zeiten im Kommunismus.

Eine Besonderheit der Kirche aus Rekasch ist die schwarze Madonna linker Hand vom Hauptaltar. Mit dieser Madonna stehen verschiedene Legenden in Verbindung, verrät Pfarrer Anton Butnaru. „Eine Legende erzählt, dass es früher eine Holzkirche gegeben hat, die abgebrannt ist, wobei die Statue unversehrt zurückgeblieben ist. Laut einer anderen Legende soll die Statue in einer Baumhöhle in der Nähe der Kirche gefunden worden sein. Das alles sind nur Legenden. Die Statue ist aus Holz und schwarz übermalt. Deswegen wurde sie von der Roma-Ethnie besonders geliebt – bereits in den 1930er Jahren pilgerten die Roma nach Rekasch“, erzählt der Seelsorger. Heute zählt die römisch-katholische Gemeinde in Rekasch ungefähr 400 Seelen – die meisten davon ungarischer Ethnie.

Die Multikulturalität des Ortes hat sich über Jahrhunderte bewährt – auch heute noch leben in Rekasch Rumänen, Ungarn, Schokatzen, Deutsche, Roma u. a. Diese Vielsprachigkeit und unterschiedliche Volkszugehörigkeit wurde auch in dem Flyer hervorgehoben, der im Anschluss an die Jubiläumsmesse an alle Teilnehmer verteilt wurde. Der Flyer, herausgegeben von der HOG Rekasch, wurde von Waltraud Rumesz und Stefan Lehretter gestaltet – zu den Übersetzungen der deutschen Texte ins Rumänische, Ungarische und Kroatische trugen Claudiu Călin, Anton Butnaru und Maria Lațchici bei.