Eine Nacht im Museum

Party mit Gatsby-Thema löste heftige Diskussionen aus

Zeitreise in die 20er Jahre - laute Musik, Clublichter, Champagner und Zigarren sollen an die opulenten Partys aus dem Film „The Great Gatsby“ erinnern. Austragungsort einer solchen Party war vor Kurzem der Barocksaal des Kunstmuseums in Temeswar. Darüber zeigten sich viele Bürger und Kulturmenschen aus der Stadt entrüstet.
Foto: Zoltán Pázmány

Oldtimer stehen in der Nähe des Barockpalais am Domplatz von Temeswar geparkt. Daraus steigen Damen und Herren in Kleidung der 20er Jahre aus und gehen in das Palais. Hier warten auf sie laute Musik, Clublichter, Schaumwein und Zigarren. Man könnte sich vorstellen, der Große Gatsby würde hier eine Party schmeißen. Und die Idee einer opulenten Feier kommt nicht von ungefähr, denn der Gastgeber möchte für eine Nacht in die Schuhe von Jay Gatsby schlüpfen. Eines der wichtigsten historischen Gebäude hat er für seine Zeitreise in die Zwischenkriegszeit gewählt – das Barockpalais in der Temeswarer Innenstadt.

Marcel Mărtinaş ist ein Temeswarer Geschäftsmann, der seinen Geburtstag auf eine einzigartige Art und Weise feiern wollte. Er mietete den Barocksaal im Kunstmuseum an und machte Party mit seinen Freunden. All das wäre wahrscheinlich niemandem aufgefallen, wenn der Geschäftsmann keine Bilder und Videos von seiner opulenten Fete auf Youtube hochgeladen hätte. Die Videoaufzeichnung bestürzte rasch die Bürger und sorgte für eine heftige Debatte sowohl in den sozialen Medien als auch in der Presse. Denn auf dem Video kann man den Barocksaal in der ersten Etage des Kunstmuseums sehen, der bunte Clublichter durch die Fensterscheiben des historischen Baus durchdringen lässt. Die laute Musik konnten aber auch Passanten am Domplatz hören. Fotos der Anwesenden zeigen die Räume des Barockmuseums ähnlich wie in einem Club. Dabei sieht man überall im Saal Rauch, Gäste auf dem polierten Parkettboden tanzen, Sekt trinken und die Geburtstagstorte schneiden.

Hatte man über-haupt das Recht, eine solche Party in einem historisch geprägten Raum zu veranstalten? Das fragten sich einstimmig zahlreiche Leute auf dem sozialen Netzwerk Facebook. Die Antwort war einfach: Ja! Nichts Illegales ist dabei vorgegangen, denn in einem Beschluss vom 16. Dezember 2015 hat der Temescher Kreisrat die Vermietung des Barocksaals für jegliche Veranstaltungen legitimiert. In der Verordnung wurden auch die Tarife dafür festgelegt. 4000 Lei kostet es, um den Saal für einen Tag zu mieten. Auf dieser Grundlage hat die Leitung des Kunstmuseums den Saal für eine Privatparty vermietet, die als Thematik den Film „The Great Gatsby“ hatte. „Mir ist nichts Unpassendes dabei aufgefallen. Museumsräume werden überall auf der Welt gemietet“, sagte Victor Neumann, der Leiter des Temeswarer Kunst-museums, im Nachhinein.

Das Barockpalais stammt aus dem Jahr 1754. Sogar der Komponist und Pianist Franz Liszt spielte am 2. November 1846 im Barocksaal. Seit mehreren Jahren befindet sich das Gebäude in einem umfangreichen Konservierungsprozess. Allein ein Teil des Gebäudes ist für die Öffentlichkeit frei – hier ist das Temeswarer Kunstmuseum mit der permanenten Gemäldeausstellung von Corneliu Baba untergebracht. Jeder Raum des Museums ist mit einem besonderen Gerät für die Erhaltung einer idealen Raumtemperatur versehen. Fenster aufmachen oder Tageslicht reinlassen sind nur in Ausnahmefällen erlaubt. Ein Ausnahmefall war auch die private Gatsby-Party Ende August. Denn während der Feier wurden die Fenster des Barocksaals geöffnet und im Saal habe man Rauch schweben sehen, behaupten Internetbenutzer - dies sei auf dem auf Youtube hochgeladenen Video deutlich zu sehen. Dabei waberte künstlicher Nebel auch ab und zu über die improvisierte Tanzfläche.

Internetnutzer fragten sich noch, ob Musikvibrationen nicht vielleicht auch den Saal beschädigen würden, vor allem, wenn die Musik so laut gespielt wird, dass man sie vom Domplatz hören kann. Egal welche Argumente noch dazu kommen, eines steht fest: Der seit dem 18. Jahrhundert bestehende Saal sei für derartige Partys ungeeignet. Das finden Temeswarer, die auf Facebook die Leitung des Museums heftig kritisierten, aber auch der ehemalige Museumsleiter Marcel Tolcea, der behauptete: „Das, was hier passiert ist, ist eine Form der Verachtung des künstlerischen Aktes, selbst des Museumsaktes. Tänzer mit Champagner zu bringen und eine Party an einem Ort, an dem Gemälde eines Künstlers ausgestellt sind – dafür sollen keine Ausreden gefunden werden“.

Die strenge Kritik seitens des ehemaligen Museumsleiters Tolcea richtet sich vor allem an den aktuellen Leiter des Temeswarer Kunstmuseums, Victor Neumann. Die Museumsleitung verteidigt aber ihre Entscheidung, indem sie in einer offiziellen Pressemitteilung bekannt gibt, dass laut Vertrag keine alkoholischen Getränke im Raum serviert wurden, die Geburtstagstorte bloß ein Requisitenmodell war und man im Saal allein elektronische Zigaretten rauchte. „Auch andere historische Räume und Museen werden überall auf der Welt für private Veranstaltungen vermietet: Man hat hier nichts Falsches gemacht, sondern nur das Barockpalais für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht“, sagte Victor Neumann in einer lokalen Fernsehsendung. Auch seine Frau, Simona Neumann, die Vorsitzende des Vereins „Temeswar Kulturhauptstadt Europas 2021“ unterstützt diese Idee und wies darauf hin, das dieser Skandal gerade dann ausgebrochen war, als die Stadt die Kandidatur für den Titel der europäischen Kulturhauptstadt eingereicht hat.

Nachdem die Vermietung des Barocksaals für Diskussionen gesorgt hatte, versprach der Temescher Kreisratsvorsitzende Sorin Grindeanu, weitere Vermietungen selbst abzusegnen und das ganze Unterfangen strengstens unter die Lupe zu nehmen.