Einen Kaffee, bitte!

Symbolfoto: sxc.hu

Kaffeetrinken ist nicht nur Gewohnheit oder gar Sucht, sondern auch Sozialisierungsstrategie und Prestigegehabe. Vor allem aber reflektiert es eine Lebensphilosopie. Der eine zelebriert seinen Kaffee im kupfernen Kännchen auf glühendem Sandbett, der andere quirlt ihn mit Milchschaumhäubchen und Schokostreusel auf, wahlweise in der blinkenden Edelstahl-Designermaschine oder im dreiteiligen manuellen Mokkagerät – „ganz einfach zu bedienen“, wie uns mein Schwager aus Deutschland freudestrahlend verriet, der uns vorsorglich einen solchen mitgebracht hatte. Weil er nämlich nur Kaffee aus diesem trinkt. Wohlgemerkt, er. Bei uns gibts den Kaffee nämlich aus Prinzip „la ibric“: Kaffeepulver, Wasser, umrühren, Kännchen auf die Flamme, fertig! Mit Satz, der zwischen den Zähnen knirscht, ohne fette Dosenmilch oder ungesunden Zucker. „Simplify your Life“ lautet das dahinterstehende Lebensmotto.

Spartanisch, zugegeben. Wo es doch heutzutage zum guten Ton gehört, wenigstens über eine Espressomaschine zu verfügen. Oder am besten gleich über ein Multifunktionsteil, das von tintenschwarzer Plörre bis zum cremig süßen Eisfrappe alle Herzenswünsche erfüllt, bis auf die wirklich wichtigen natürlich: den Abwasch, die Korrespondenz, Staubsaugen und Kloputzen. Ein vollautomatisches Fabrikchen, so teuer wie ein Kleinwagen, wo man nur noch einen Knopf drücken muss, dann kommt der Kaffee fertig unten raus. Genial.

Wenn nicht gerade der grüne Knopf blinkt, weil das Kaffeepulver aus ist. Oder der rote, weil kaum noch Wasser drin ist. Oder der für die Lade, die nicht ganz schließt. Oder der für den fehlenden Filter. Wo waren nur gleich die Filter? Zu dumm, wenn man zu Besuch ist und nicht weiß, wo der Gastgeber die Dinger verstaut. Schnell das Telefon geschnappt: „Wo sind bei euch die Filter?“ Die Antwort hätt ich mir denken können. Mal rasch zum nächsten Laden rennen geht auch nicht, denn die formschönen italienischen Designerpads in rund, so feinporig wie ein Virenfilter aus der Reinraum-Hochtechnologie, gibt es schließlich nicht in jedem popeligen Geschäft. Ob’s ein zurechtgeschnittenes Taschentuch nicht auch tut? Hmm, schmeckt ein bisschen nach Menthol. Von den Fusselchen im Gebräu wird man schon nicht gleich sterben. Hauptsache Kaffee!

„Praktisch, unser neuer Kaffeeautomat, nicht?“ feixt der Gastgeber, als er wieder zur Tür hereinspaziert. Ich zupfe mir einen mentholierten Fussel von der Zunge und lisple mit unverhohlener Begeisterung: „Ja, thuper-praktith!“
Auch aus Konferenzen, Business-Meetings, Büroklatschrunden oder dem Nachbarschaftsschwätzchen ist das Türkengebräu nicht mehr wegzudenken. Leider herrscht trotz Vielfalt an Sorten und Rezepten in der hiesigen Gastronomielandschaft klägliche Einfalt. „Espresso oder Cappucino“, wird man auch in Rumänien überall automatisch gefragt, und nicht mehr „filtru“ oder „la ibric“, wie vor zehn Jahren, als es noch kein Lavazzo-Einheitspulver und keine idiotensicheren Vollautomaten gab. Als der Kaffee noch mit satzgesprenkeltem Schaum am Rand in der leicht angeschlagenen Blümchentasse daherkam...

Immerhin Luxus nach der „goldenen Zeit“ vor 1989, wo „Kaffee“ aus Kichererbsen gebraut wurde! Weil ich unbedingt mal wissen wollte, was mir da entgangen war, röstete ich neugierig ein paar solche im Rohr. Zuerst roch es im ganzen Haus nach widerkäuenden Kühen. Dann verzog sich der Mief und es begann tatsächlich verführerisch nach „Kaffee“ zu duften. Potzblitz, das Gebräu war sogar trinkbar! Nun könnten wir eigentlich nicht nur die Maschine, sondern auch gleich das Kaffeepulver einsparen. Zum Schluss ein Geheimtipp, wenn auch (noch) unerprobt: mit Eicheln soll‘s auch funktionieren...