Eisenbahnen in Siebenbürgen 1867-1914

Eine Ausstellung in der „Ion Creangă“-Bibliothek in Bukarest

Blick in die Ausstellung Foto: die Verfasserin

Für Kinder und Erwachsene gleichermaßen von Interesse erweist sich die vom ungarischen Museum für Verkehr und Technologie (Müszaki Magyar Múzeum és Közlekedési) erstellte Fotodokumentation der Pionierzeit des Eisenbahnausbaus in Siebenbürgen, die bis zum 20. Oktober in der Bukarester Ion-Creangă-Bibliothek (Str. Gen. Christian Tell Nr. 10 – Eintritt frei) noch gezeigt wird. Kindgerecht sind vor allem die kleine Modelleisenbahn samt beleuchtetem Häuschen und Verkehrsampeln sowie das größere Holzmodell einer historischen Dampflok. Die 15 großen Stellwände richten sich jedoch inhaltlich eher an Erwachsene und zeigen reproduzierte historische Fotografien berühmter Fotografen wie György Klösz, Erdélyi Mór oder Josef Löwy sowie Aufnahmen unbekannter lokaler Zeitgenossen (hier vermisst man doch einen Fotonachweis), die den Ausbau des Eisenbahnnetzes, aber auch die Landschaften und Einwohner Siebenbürgens dokumentieren. Eine gedruckte Broschüre gibt dreisprachig, wie die gesamte Dokumentation, auf Ungarisch, Rumänisch und Deutsch – letzteres nicht fehlerfrei, doch durchaus verständlich –, im Wesentlichen die Inhalte der Ausstellung wieder und kann kostenfrei mit nach Hause genommen werden.

Im internationalen Vergleich relativ spät, konkret erst nach dem sogenannten Ungarisch-Österreichischen Ausgleich von 1867, konnte auch in Siebenbürgen begonnen werden, das Fernverkehrsnetz in Richtung Westen auszubauen. Verzögernd auf den Start des Eisenbahnbaus wirkte sich auch ein Streit um die erste Trassenführung aus, bei der man sich nicht einig war, ob der Linie von Arad über Karlsburg/Alba Julia (hier Weißenburg genannt) nach Hermannstadt/Sibiu oder zunächst von Großwardein/Oradea über Klausenburg/Cluj nach Kronstadt/Braşov der Vorzug gegeben werden sollte. Schließlich setzte sich die vom Haus Rothschild finanzierte „k.k. priv. Erste Siebenbürger Eisenbahn“-Gesellschaft durch und konnte bereits am 22. Dezember 1868 das erste Teilstück Arad-Karlsburg eröffnen. Die wirtschaftlich für Siebenbürgen wesentlich bedeutendere Verbindung von Großwardein nach Klausenburg und Kronstadt konnte ab 1868 durch die „Ungarische Ostbahn-Gesellschaft“ in Angriff genommen werden, an der die wohl berühmtesten Eisenbahningenieure der damaligen Zeit, „die Waring Brothers“ (u. a. East Indian Railway 1862), beteiligt waren. Dennoch dauerte es bis 1873, bis der erste Zug Kronstadt erreichte. Um die auch aufgrund der topografischen Gegebenheiten enormen logistischen Anstrengungen zu verdeutlichen, sei hier nur erwähnt, dass die 633 Kilometer Schienenstrecke etwa 20.000 Arbeiter für ihre Fertigstellung benötigten. Langfristig wurden dem ungarischen Staat durch das System des garantierten Zinses die privaten Gesellschaften jedoch zu teuer, und bis 1884 wurden beide Gesellschaften vom Staat gekauft und gingen in der Staatlichen Ungarischen Eisenbahngesellschaft (MÁV) auf.

Eine Stellwand ist daher auch ganz den ungarischen Verkehrsministern gewidmet, die sich visionär, wie Graf Imre Mikó und mit großer Leidenschaft – hier sei nur der früh verstorbene charismatische Gábor Baross, auch „Eisenbahnminister“ genannt – dem Ausbau des Fernverkehrs verschrieben hatten. Ein Schritt, um letztendlich dem Traum von der Verbindung zwischen Adria und Schwarzem Meer näherzukommen, wurde mit dem Anschluss an das Verkehrsnetz des rumänischen Königreichs mit der Verbindung Temeswar/Timişoara–Orschowa/Orşova und Kronstadt-Predeal im Jahr 1879 erreicht. Dennoch entstanden auf lokaler Ebene in einem zweiten Bauboom viele kleinere Privatgesellschaften, die Lokal-Bahnen betrieben, die jedoch durch die MÁV verwaltet wurden. Siebenbürger Sachsen werden sich vielleicht freuen, hier Bilder der heute nicht mehr existierenden Schmalspurbahn Agnetheln/Agnita-Schäßburg/Sighişoara, in Siebenbürgen liebevoll-ironisch auch „Wusch“ genannt, zu sehen, so den ersten Zug auf der Großen Kokelbrücke 1896. Bis zur Jahrhundertwende wurde auch das Szeklerland durch die Eisenbahn erschlossen. In dem knappen halben Jahrhundert bis zum Ersten Weltkrieg wurde ein Schienennetz von 2384 Kilometer Länge erbaut. Ohne diese Pionierleistung wären die Modernisierung und der wirtschaftliche Aufschwung Siebenbürgens in dieser Zeit wohl kaum vorstellbar gewesen. Insofern dokumentiert die Ausstellung, wenn auch bisweilen etwas verkürzt und mit bescheidenen Mitteln, ein wichtiges Stück Siebenbürger Geschichte.