Endlosgeschichte Industrieseilbahn

Costel Ciobanu will die Reschitzaer Industrieseilbahn der Stadt verkaufen

Die aus den 1960er Jahren stammende Industrieseilbahn in Reschitza ist für manche das „Symbol der Stadt“.

Der Reschitzaer Immobilienspekulant Costel Ciobanu, genannt „Barbălată”, hat der Stadt das Angebot unterbreitet, ihr die stillgelegte Industrieseilbahn zu verkaufen, die das Reschitzaer Stadtzentrum überquert und bis 1989 dem Transport von Dolomit über zwei Täler hinweg ins Erzsinterwerk im Ţerova-Tal diente. TMK, die russischen Besitzer des Stahlwerks von Reschitza, hatten dieses Erbstück aus kommunistischen Zeiten (es wurde in der 1960er Jahren im Rahmen einer der letzten großen Ausbauphasen der Reschitzaer Schwerindustrie, zeitgleich mit zwei Hochöfen, gebaut) im Januar 2012 für 150.000 Dollar verkauft. Seit TMK 2011 bekanntgegeben hatte, dass es das still vor sich hin rostende Erbe aus Zeiten, als in Reschitza noch Eisenerz geschmolzen wurde, loswerden möchte, diskutiert man im Reschitzaer Rathaus mit an- und abschwellendem Eifer (Champion dabei ist wieder mal Bürgermeister Mihai Stepanescu) über Sinn und Un-Sinn eines Kaufs zwecks Erhalt dieses zeitweilig (sogar von ehemaligen Stadtarchitekten und Bürgermeistern) als „Symbol der Stadt” dargestellten Objekts.

Naheliegende Lösung: Verschrotten!

Gekauft hat es schließlich der umstrittene Geschäftsmann Costel Ciobanu (ADZ berichtete unlängst von Durchsuchungen in seinen Firmengebäuden durch die Staatsanwaltschaft zur Bekämpfung des Organisierten Verbrechens DIICOT und die Antikorruptionsbehörde DNA – die Untersuchungen laufen zur Stunde noch), der die Industrieseilbahn verschrotten und damit versilbern wollte, denn das Stahlwerk TMK braucht und kauft (auch gegen Barzahlung, wenn´s sein muss) unaufhörlich Schrott zum Schmelzen. Die Stadt erteilte Ciobanu zum Verschrotten ausdrücklich keine Genehmigung. Nach drei Jahren ist „Barbălată” nun das Warten auf Genehmigungen und die Verhandlungen satt (aus Rathauskreisen ist zu hören, dass die Stadt ihm die Aufforderung zukommen ließ, das Roststück im nächsten Frühjahr frisch streichen zu lassen) und hat dem Rathaus Reschitza das Angebot unterbreitet, die Seilbahn an die Stadt für die selbe Summe abzutreten, um die er sie vor drei Jahren gekauft hat: 150.000 Dollar. Dazu hat Ciobanu seinem schriftlichen Angebot die Kopien der Verkaufsdokumente beigefügt, um zu zeigen, dass er nur sein Geld rausholen möchte, ohne dabei am Symbolding etwas zu verdienen. Auf der Dezembertagung des Stadtrats wurde darüber nicht entschieden, Bürgermeister Stepanescu setzte zu diesem Thema eine öffentliche Debatte mit den Bürgern und einen Beschluss in der Januartagung in Aussicht.

Kaufpreis vernünftig, Kaufziel ungewiss

Vizebürgermeister Crina: „Wir haben nun ein Verkaufsangebot seitens des Besitzers. Das geht um keinen Cent über das hinweg, was er selber dafür an TMK bezahlt hat. Uns liegen der Verkaufsvertrag und auch alle Quittungen vor, alles ist also sehr transparent. Und die Seilbahn gehört dem Verkaufswilligen, weil er sie voll ausgezahlt hat. Nun müssen die Ratsherren entscheiden, in welche Richtung wir gehen möchten. Wir könnten die Seilbahn kaufen und um sie herum ein Projekt ausarbeiten, aber die Situation muss vorher genauestens überprüft werden. In den vergangenen Jahren war der Preis, der dafür gefordert wurde, weit übertrieben gewesen. Jetzt scheint mir die Summe vernünftig. Aber das Problem bleibt ein anderes: Was machen wir damit, wenn das Objekt uns gehört? Nutzt uns das Ding zu etwas? Passt das Ding irgendwie in einen größeren Rahmen oder nicht? Kann es überhaupt zu jener touristischen Attraktion werden, die angestrebt wird?”

Was kostet das Gesamtpaket?

Damit ist eigentlich alles zur Frage der Industrieseilbahn von Reschitza gesagt und man fragt sich, was das viele Herumgerede soll. Die Ratsherren sind geteilter Meinung. Die einen möchten die alternde Seilbahn kaufen, „aus lauter Liebe zur Industriegeschichte von Reschitza”. Und hoffen, dass nach dem Kauf dort oben eine Promenade eingerichtet wird, von wo „Touristen” Reschitza von oben bewundern können. Die anderen sind strikt gegen diese „Geldverschwendung”. Am prägnantesten drückte dies ein Ratsherr vor der letzten Ratstagung im Dezember aus: „Die besaufen sich mit Quellwasser! Wer meint, dass eine verrostete Industrieseilbahn ruckzuck zu einer touristischen Attraktion der Stadt wird und dass bald Tausende „Touristen” dort oben rumlaufen, um Wohnblocks anzuschauen, Eisenbahngeleise, die Reste des Hüttenwerks, die dahindämmernden Hallen des Maschinenbauwerks UCMR, die Friedhöfe auf den Berghängen rundum und ein paar vergammelte Hinterhöfe der Wohnhäuser beim ehemaligen Arbeiterheim (sofern der Betrachter ein Fernglas dabei hat), der ist auf dem Holzweg. Das kann doch nicht jemandes Ernst sein!”

Die Frage, woher die Stadt das Geld zum Kauf nehmen wird, stellt sich bisher überhaupt keiner, denn es ist offensichtlich: Auch dazu müssten die künftigen Generationen der Stadt über einen langfristigen Kredit zur Kasse gebeten werden. Und dass die Seilbahn erst mal in Schuss gebracht und eingerichtet werden müsste – einschließlich mit Sicherheitsmaßnahmen, auch gegen Selbstmordabsichten! – dass die erträumte Promenade erst mal überhaupt angelegt werden muss, auch auf den umliegenden Hügeln, und dass das Ganze bei Betrieb auch Personal braucht – welches zu bezahlen ist! – davon redet keiner, geschweige denn, dass irgendjemand bisher auf die Idee gekommen wäre, mal einen Kostenvoranschlag für das Gesamtpaket ausarbeiten zu lassen, nur so, um zu wissen, wovon man redet. Wen wundert‘s, dass Reschitza unter solchen Bedingungen, mit oder ohne Industrieseilbahn, beharrlich stagniert?