Erster Miniaturenmarkt landesweit im Miniaturenpark „Mini Transilvania“ in Oderhellen

Ileana Sădean hebt als Pionierin im Bereich Miniaturen winzige Objekte hervor

Ileana S˛dean freut sich über eine ihrer Kreationen.
Fotos: privat/ilisminiatures.com

Die Geige ist im Maßstab 1:12 nachgebaut

Diese Minipizza passt auf die winzigen Tische, die Ili.S Miniaturen anbietet.

Das Werkzeug neben dem Zimmerchen zeigt, wie klein die Gegenstände sind.

Seit ihrer Kindheit liebt Ileana S˛dean ganz kleine Gegenstände. Als Mädchen hat sie davon geträumt, Säcke mit Modellautos zu finden und jedes einzelne zu bewundern. Nach ihrem Studienabschluss vor 17 Jahren hat die studierte Ökonomin das erste Gerät zum Herstellen von Miniaturen gekauft, und nach dem Empfangen ihres Doktortitels in Anthropologie (2013) machte sie ihre Leidenschaft zum Beruf. In ihrer Werkstatt stellt sie Puppenhäuser her und baut u.a. Gästezimmer, Restaurants, oder Fabriken im Maßstab 1:24 nach. Derzeit bereitet sie den landesweit ersten Miniaturenmarkt vor: „Ili.S Miniatures Expo“. Er wird zwischen 26. und 28. August in Oderhellen/Odorheiu Secuiesc abgehalten, wo sich der einzige Miniaturenpark des Landes befindet.

Wer in Rumänien mit Miniaturen zu tun hat, kennt oder sollte Ili.S Miniatures kennen. In ihrem Atelier in Deva im Kreis Hunedoara stellt sie winzige Objekte her, die bei Miniaturenfreunden oder in der eigenen Kollektion stehen. Sie arbeitet alleine und geht dabei sehr präzise mit Geräten wie Dekupiersäge, Winkelschleifern oder Heißluftpistole um.

Die ganze Werkstatt ist voller professioneller Apparate und Zubehör, und mit der Pinzette in der Hand und der Schutzbrille auf der Nase sieht sie wie eine Chirurgin aus. So schafft sie beispielsweise Bänke oder Sofas, die etwa so lang sind wie ein ausgestreckter Finger. Die dazu passenden Kissen bastelt die Künstlerin in der Größe einer Rosine. Früchte und Gemüse, Pizza, Pasta, Wanduhren, Schaukelstühle oder Schränke, deren Türen man nur mit der Pinzette öffnen kann, fertigt sie im Maßstab 1:12 an.

Sie liebt es, Universen wie Puppenstuben oder andere Innenräume wie auch Objekte aus dem Alltag zu schaffen und versinkt in diesen zwergigen Welten. An manchen Kreationen arbeitet sie mehrere Wochen lang, pflegt in der Zwischenzeit manchmal kaum Kontakte zu anderen. „Es nimmt mich so sehr in Anspruch, dass ich nicht einmal merke, wie die Tage vergehen“ erklärt sie.
„Diese Leidenschaft ist mir angeboren. Ich habe sie nicht im Laufe des Lebens erworben, sie ist einfach da. Es gab und gibt in Rumänien ja keine Vorbilder, keine beruflichen Miniaturisten, von denen ich hätte etwas lernen können. Alles habe ich alleine gelernt und ausprobiert, weil es mich interessiert.“ Den Beruf des Miniaturisten gibt es in Rumänien nicht. Dass Ileana S˛dean vom Herstellen kleiner Gegenstände lebt, ist eine Neuheit hierzulande.

Begeisterte Autodidaktin

Wegen der fehlenden Kultur für Miniaturobjekte im Land war der Lernprozess der Autodidaktin sehr lang. Wie und woraus stellt man sie her, wo findet man das nötige Holz, die notwendigen Werkzeuge dazu? Wem verkauft man sie? Das sind alles Fragen, deren Antworten mit den Jahren gekommen sind.

In kommunistischen Zeiten waren Modellautos die einzigen kleinen Objekte, die Ileana S˛dean sah. Ausstellungen, Geschäfte oder Bücher zum Thema gab es keine. Erst als Studentin in Bukarest hat sie Mitte der 1990er Jahre ein Geschäft mit einem reichen Angebot an kleinen Objekten gefunden und nach unzähligen Besuchen dort verstanden, dass sie selbst so etwas herstellen könnte. „Leicht war es nicht, alles selber zu entdecken. Aber ich habe viel ausprobiert und wurde immer besser“. In anderen Ländern, wie beispielsweise England, Frankreich, Deutschland oder Italien, wo mikroskopische Repliken gesucht, geschätzt, gesammelt und von Generation zu Generation weitergegeben werden und viele Leute Sammlungen besitzen, wäre es ihr viel leichter gefallen diesen Beruf auszuüben, ist S˛dean überzeugt.

Im Jahr 2014 ging ein Traum in Erfüllung: Sie eröffnete einen Laden in Hermannstadt/Sibiu, wo sie ihre Artefakte verkaufte. „Es war eher ein Experiment, um zu sehen wie die Leute sie aufnehmen. Ich fühlte mich wie eine Außerirdische, niemand schien sich für Miniaturen zu interessieren. Sie wurden eher als Spielsachen betrachtet, nicht als eigenständige Objekte.“ Nach rund einem Jahr hat sie das Geschäft wieder geschlossen, ihre Arbeit führt sie aber fort.

Seit etwa drei Jahren kann sie davon leben. Als Pionierin hat sie Wege auch für andere geöffnet und hofft, eine Gemeinschaft Miniatur-Schaffender zu gründen. Auf ihrer Facebookseite „Ili.S Miniatures“, wo sie ihre neuesten Kreationen vorstellt, hat sie eine Gemeinschaft von über 7500 Fans um sich gesammelt.

Erster Miniaturenmarkt Rumäniens in Oderhellen

Ein neues Publikum erhofft sie sich ab diesem Wochenende, da der erste Miniaturenmarkt in Rumänien stattfindet. Gezielt organisiert sie ihn im Miniaturenpark „Mini Transilvania“, weil über 10.000 Besucher jährlich die Schlösser, Burgen, Türme und Kirchen in Siebenbürgen, die dort im Kleinformat ausgestellt sind, bewundern. „Vielleicht entdecken auch andere Leute die spannende Welt der Miniaturen und fangen an, selber zu schnitzen“. Ileana S˛dean ergänzt die Dauerausstellung im Park, die ausschließlich Fassaden zeigt, mit acht Innenräumen. Diese werden permanent in Oderhellen ausgestellt bleiben.

Eine komplexe Kunst

„Miniaturen herzustellen ist sehr komplex“, meint Ileana S˛dean. Es erfordere sehr viele Fertigkeiten und sehr viel Ausdauer. Sie erklärt, dass alles, was sie bislang in ihrem Leben gemacht hat, ihr im Beruf behilflich ist. Dabei meint sie etwa ihre Geometrie-Kenntnisse, den Blick der Wissenschaftlerin, die die Welt bis ins kleinste Detail mit Objektivität analysiert, aber auch die wirtschaftlichen Strategien, die sie jahrelang in komplexen Projekten anzuwenden lernte. „Auch das Schachspielen hat mir gedient, es strukturiert das Denken und verbessert die Konzentrationsfähigkeit“.

Dass Ileana S˛dean in den ersten Jahren seit der Gründung des Unternehmens mehr Geld investiert hat als zu verdienen, nimmt sie gelassen. „Ein Glück, dass ich bescheiden bin. Ich fahre Rad, freue mich an den Geschenken der Natur, ich habe alles, was ich brauche“. Dafür aber ist sie sehr glücklich. „Das Gehirn muss Endorphin ausschütten, sonst hält man es auf die Dauer nicht durch und bleibt einfach Amateur, der Miniaturen in der Freizeit, nicht als Beruf herstellt“, weiß sie.

Der Versuchung, durch Herstellen beispielsweise volumetrischer Buchstaben einfacher Geld zu verdienen, hat sie problemlos widerstanden. Der Prozess sei zwar kurz und gut bezahlt, spricht sie aber ganz und gar nicht an. „Jeder Umweg bringt mich aus dem Konzept, lenkt mich von meinem Weg ab“ erklärt sie. „Das Herstellen winziger Objekte bereitet mir so große Freude wie nichts anderes auf der Welt“.

Ihre Ausdauer hat sich gelohnt. Mittlerweile werden ihre Sets zum Selberbasteln häufig bestellt, auch Miniaturenfreunde kaufen ihre Werke zum Verschenken. Außerdem schafft sie für sich selbst Exponate, die sie im Wohnzimmer aufbewahrt.

Mit der Zeit ist ihre Sammlung gewachsen, sodass sie an eine neue Ausstellung, an ein kleines Museum denkt. Begeistert erzählt sie über die Teilnahme am größten Miniaturenmarkt der Welt, bei dem sie im April 2023 in Chicago ihre Werke zum Verkauf stellen wird.

Traum vom Mini-Miniaturistendorf

Ileana S˛dean träumt davon, ihre Werkstatt aus Deva nach Salzburg/Ocna Sibiului zu übersiedeln, wo sie einen großen Garten hat. Hätte sie dort Elektrizität und Wasseranschluss, könnten sogar andere Miniaturisten oder Künstler in der warmen Jahreszeit dorthin ziehen und sie könnten gemeinsam arbeiten, Ideen austauschen.

„Ich stell mir das so vor: Ich wache auf, sehe überall Natur, stelle Miniaturen her und verbringe meine Pausen im Grünen. Das wäre eine unglaubliche Atmosphäre, so mitten in der Natur. Das wäre für mich der Himmel auf Erden“.