Es herrscht wieder Leben im Hause Hochmeister

Dort wo einst Druckerpressen heiß liefen, duftet es heute nach großer weiter Welt

Wolfgang Köber wollte sein Restaurant zunächst nicht „Hochmeister“ nennen. Aufgrund des Schillerplatzes wollte er zunächst den Namen des deutschen Dichters verwenden. Dessen Name ist zudem für die Rumänen einfacher auszusprechen. Letztlich entschied er sich doch für Hochmeister, der übrigens nicht um die Ecke des Schillerplatzes, sondern am Wiesenplatz lebte. Den Namen Schillers erhielt der Platz erst zu dessen 100. Todestages im Jahr 1905.
Foto: Michael Mundt

Wolfgang Köber ist in Hermannstadt aufgewachsen. Fünf Jahre nach dem politischen Umsturz verließ er die Stadt in Richtung Deutschland, kam aber zehn Jahre später wieder dauerhaft zurück. Zunächst als Vertriebsleiter, später hat er die Michael-Schmidt-Stiftung in leitender Position vertreten und die „Kulturwoche Haferland“ aufgebaut. Heute engagiert er sich ehrenamtlich im Wirtschaftsausschuss der evangelischen Kirche in Hermannstadt und hat mit Jens Kielhorn das Projekt einer deutschen Privatschule, der Charlotte-Dietrich-Schule, umgesetzt. Seit diesem Sommer ist er zudem Kleinunternehmer im Gastronomiebereich.

Mit dem Unternehmergeist habe er sich von Michael Schmidt anstecken lassen, sagt er. Über ein Jahr hat es von der Idee bis zur Eröffnung des „Hochmeister“ gedauert. Benannt ist es nach dem Verleger und Bürgermeister Martin von Hochmeister, eingerichtet in dessen ehemaligem Wohnhaus und der Druckerei. In letzter Zeit ist der Name eines der einflussreichsten Hermannstädters etwas verblasst, die Namenswahl ist auch eine Hommage. Köber sagt, er sei ein Mensch, der der Geschichte und den großen Persönlichkeiten sehr verbunden ist und Hochmeister habe es verdient, dass sein Name im Gedächtnis bleibt: „Viel zu wenige wissen von ihm und der Stellung, die er in der Gesellschaft hatte.“

Der Neu-Gastronom verbringt viel Zeit in seinem Restaurant am Schillerplatz, genauer gesagt in der Wintergasse 9. Es wirkt modern-minimalistisch. Die handgefertigten Tische und Stühle kommen aus Schäßburg, das Konzept für die Einrichtung hat ein renommierter Innenarchitekt aus Bukarest entworfen. Lässt der Gast seinen Blick schweifen, entdeckt er die alte Decke des Hauses. Erst jetzt lässt sich das ganze Ansinnen erkennen, der Kontrast zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Mit viel Liebe für das Detail hat Köber die Räume originalgetreu herrichten und dabei auch die alte Decke freilegen lassen. Er erklärt, dass das Haus in mehreren Etappen gebaut wurde. „Hier und dort wurde immer wieder etwas angebaut, was man an der Decke sehr gut erkennen kann.“

Dort, wo früher die Druckerpressen standen und später die Oma eines Klassenkameraden wohnte, befindet sich heute der Tresen. Er ist Köbers Büro. „Wenn die Katze nicht zu Hause ist, tanzen die Mäuse auf dem Tisch“, sagt er halb im Spaß, halb doch sehr ernst gemeint. Wenn Köber redet, spürt man, wie sehr ihm „Hochmeister“ am Herzen liegt, wie viel Energie er hineinsteckt und schon hineingesteckt hat. „Der Gastronomiebereich ist ein sehr anstrengender Bereich, sehr zeitaufwendig und zeitverschoben zum normalen Leben. Man hat weder Wochenende noch Feiertage.“

Die Gastronomie habe ihn auch deshalb gereizt, weil er selbst zu Hause sehr viel Wert auf gutes und vielfältiges Essen lege. Fast alle Gerichte hat Köber im Laufe der Jahre schon selbst gekocht. Mit Begeisterung spricht er von dem aus Argentinien importierten Rindersteak und der Frittata, die sich, so die italienischen Gäste, von der heimischen lediglich darin unterscheidet, dass Köber sie in einer Tonschale servieren lässt, während sie in Italien im Pfännchen kommt. Die kulinarischen Einflüsse der Speisekarte entstammen allen Teilen der Welt, der südamerikanischen, der arabischen, der mediterranen und der europäischen Küche. Und mit dem siebenbürgischen Hackbraten, serviert mit Kartoffelsalat – „ohne Mayonnaise und Joghurt, aber mit roten Zwiebeln und ein wenig Öl und Essig“ – gibt es auch echte sächsische Hausmannskost. „Wir machen ihn nach der Rezeptur aus meiner Kindheit. Meine Frau war zu Beginn nicht recht davon überzeugt, siebenbürgische Hausmannskost ins Menü aufzunehmen, da es kein Sterneessen ist. Es ist vielmehr ein sehr einfaches Gericht, doch eines, das repräsentativ für Hermannstadt und die Siebenbürger Sachsen ist, und die Gäste lieben es. Vor einigen Wochen kam eine Dame in höherem Alter zu uns, die vor 40 Jahren von Kronstadt nach Frankreich emigriert ist. Sie war gerührt, nach vielen Jahren mal wieder ein Gericht aus ihrer Kindheit zu essen. Das sind die Momente, die uns motivieren.“

Zum Restauranttest kamen kurz nach der Eröffnung auch Mitarbeiter der Lokalzeitung „Turnul Sfatului“. Ihr Fazit: „Bezüglich der Speisekarte und Atmosphäre könne das ‘Hochmeister’ leicht in jeder europäischen Großstadt zu Hause sein.“ Köber fühlt sich bei solch einer lobenden Bewertung zweigespalten. „Einerseits freut man sich darüber sehr, andererseits ist es ein sehr großes Versprechen an die Gäste, das dann auch eingehalten werden muss, aber das ist meine Motivation. Ich möchte mich ungern auf den Lorbeeren ausruhen und mich zurücklehnen. Ich nehme es als Ansporn, um noch besser zu werden, denn im kulinarischen Bereich in Hermannstadt haben wir noch einen langen Weg vor uns.“

Aus der Küche zieht derweil ein leichter Geruch des Hackbratens in Richtung Tresen. Von diesem wird jeden Tag eine Portion gebacken. Ist diese aus, gibt es ihn am nächsten Tag wieder frisch, so Köber. Auf den Speisekarten anderer Restaurants hat er seine Gerichte noch nicht entdeckt und es würde ihn auch nicht stören. „Ich habe eine sehr gute Lektion von unserem Innendesigner erhalten. Wir sind an einem Lokal am Kleinen Ring vorbeigegangen, welches sich an einem Lokal in Bukarest inspiriert hat. Eine dritte Person, die dabei war sagte: „Das sieht doch genauso aus wie das Lokal, welches du eingerichtet hast.“ Mich wunderte im ersten Moment, dass der Innendesigner sich nicht ärgerte. „Nein, ich fühle mich geschmeichelt, dass Leute meine Ideen schön finden und das als Anreiz nehmen, es auch so zu machen“, war seine Antwort. Und da gebe ich ihm vollkommen recht. Auch wir sind kreativ genug, um neue Gerichte zu kreieren.“

Im „Hochmeister“ findet man den wohl einzigen Flammkuchen in ganz Hermannstadt, so Köber. „Und mit unserem argentinischen Rindersteak scheuen wir keinen Vergleich.“ Der amerikanischen Küche wiederum entstammt das Lieblingsgericht der Gäste, die Maiscremésuppe mit Pinienkernen und angebratenen Pfifferlingen – und die müsse man unbedingt probieren, meint Köber während des Gespräches. „Ab 11 Uhr werden sie von den Köchen vorbereitet, außer montags, da ist Ruhetag.“

Von der Heltauergasse bis zur Lügenbrücke reiht sich ein Restaurant an das nächste. Die Auswahl der Köche ist allerdings nicht nur deswegen schwierig. „Viele Hermannstädter Köche lassen sich überbezahlen und bieten nicht die Qualität, die sie sollten oder könnten. Das fängt bei der Sauberkeit und Hygiene an und endet beim Fleiß und dem Drang, etwas zu tun. Das geht allerdings Hand in Hand mit einigen Gastronomen, die die Angestellten nur ausbeuten. Ich war verwundert, dass niemand von den Personen, die wir angestellt haben, jemals einen Hygienekurs gemacht hat, der aber rechtlich verpflichtend ist. Zu dem haben wir sie gleich erst mal geschickt.“

Was Köber auch aufgefallen ist: Den Angestellten im Gastronomiebereich fehlt es oft am Weitblick, was eine gute Dienstleistung auch für den Kellner oder die Kellnerin ausmacht. „Leider sehen es viele so, als würden sie nur für den Chef arbeiten. Doch gerade im gastronomischen Gewerbe ist es wichtig, dass man nicht meint, nur für den Chef zu arbeiten, denn die Gäste orientieren ihr Trinkgeld auch an der Dienstleistung des Kellners.“ Und im „Hochmeister“ sollen sich die Gäste zu Hause fühlen und merken, dass ihr Wohlbefinden im Vordergrund steht und nicht der Profit. „Ich bin der Meinung, wenn der Service am Gast stimmt, dann kommt er von alleine wieder und bringt andere mit. Ich sehe das schon seit einigen Wochen, eine kleinere Gruppe von Leuten kommt und ein paar Tage später kommt eine Person aus der Gruppe mit drei anderen Leuten wieder.“

Die Gäste sind dabei nicht vornehmlich Touristen, sondern in erster Linie junge und dynamische Hermannstädter zwischen 25 und 45 Jahren, die offen dafür sind, etwas Neues auszuprobieren, so Köber. „Schon während der Bauphase haben wir unsere potenziellen Gäste über die Fortschritte via Facebook informiert. Dort ist auch ein großer Teil unser Zielgruppe anzutreffen. Viel Werbung haben wir nicht geschaltet, aber der Dominoeffekt ist sehr stark und das ist eine Bestätigung für unsere Arbeit. Die Leute selbst machen Werbung für uns und das ist das Beste was passieren kann.“

Zum Abschied möchte ich noch wissen, was Köber für den heißen Spätsommertag empfiehlt. „Quinoabällchen und leckere Cremesuppe und als krönenden Abschluss die hausgemachte Zitronencreme mit Mascarpone und Minzeblatt als i-Tüpfelchen.“ Begeistert spricht der Neu-Gastronom von jedem einzelnen seiner Gerichte. Nachdem es nun aber schon sehr abgekühlt ist, empfiehlt Köber etwas Deftiges, ein Wohlfühlessen, den Hackbraten zum Beispiel.