EU-Bürgerinitiative kann jetzt online unterstützt werden

Minority-Safepack-Initiative will Schutz nationaler und sprachlicher Minderheiten verbessern

Der Jahreskongress der Föderalistischen Union Europäischer Nationalitäten (FUEN), der zwischen dem 17. und 21. Mai in Klausenburg/Cluj-Napoca abgehalten wurde, stand in diesem Jahr im Zeichen der „Minority SafePack Initiative“ (MSPI), einer Europäischen Bürgerinitiative, die es anstrebt, den Schutz der nationalen und sprachlichen Minderheiten zu verbessern und die kulturelle und sprachliche Vielfalt in der Europäischen Union zu stärken. Seit 15. Juni können EU-Bürger die Initiative unter www. minority-safepack.eu unterzeichnen. Anders als bei einem Volksbegehren in Österreich, richtet sich die Europäische Bürgerinitiative nicht an das Parlament, also die Legislative, sondern an die Exekutive, die Europäische Kommission. Auch gleicht die Bürgerinitiative mehr einer Petition, denn die Kommission muss sich mit einer erfolgreichen Bürgerinitiative lediglich beschäftigen und eine Stellungnahme abgeben. Eine Verpflichtung der Kommission, die Bürgerinitiative umzusetzen, besteht nicht. Bisher hat keine einzige EU-weite Unterschriftensammlungen eine Gesetzesänderung bewirkt.

Start der Bürgerinitiative sollte bereits im Jahr 2013 sein, doch lehnte die Europäische Kommission die Registrierung zunächst ab. Der Rechtsstreit vor dem Europäischen Gerichtshof endete erst im Februar diesen Jahres mit einem Sieg für die FUEN. Die von der FUEN geforderten politischen Maßnahmen betreffen die Bereiche Regional- und Minderheitensprachen, Bildung und Kultur, Regionalpolitik, Partizipation, Gleichheit, audiovisuelle Mediendienste und andere mediale Inhalte sowie regionale und staatliche Förderungen. Doch welches sind die geforderten Maßnahmen?
Im ersten Punkt heißt es, dass die Europäische Union einen systematischen Ansatz für ihre Sprach- und Kulturpolitik benötigt. Aus positiven Beispielen solle die EU die besten Ansätze zum Schutz und zur Förderung von kultureller und sprachlicher Vielfalt definieren, „im Besonderen im Hinblick auf den Gebrauch von Regional- und Minderheitensprachen in den Bereichen öffentliche Verwaltung, öffentliche Dienstleistungen, Bildung, Kultur, Medien im Justizwesen, Gesundheitswesen, Handel und Verbraucherschutz.“

Des Weiteren soll die Empfehlung Lösungen präsentieren und vorschlagen, wie dem Aussterben von Sprachen und Kulturen entgegengewirkt werden kann und welche Maßnahmen im Bereich der Sprachenplanung die Besten sind. Weiter heißt es, dass bestehende Förderprogramme in Bildung, Kultur und Medien aufgrund ihrer Kriterien Minderheitensprachen noch immer ausschließen. Die nächste Programmgeneration, zum Beispiel von „Erasmus für Alle“ und „Kreatives Europa“ soll darauf verzichten und auch einen Aktionsbereich für bedrohte Sprachen, wie dem Sorbischen, schaffen. Auch schlägt die Initiative die Einrichtung eines Zentrums für Regional- und Minderheitensprachen vor, welches das Bewusstsein für Regional- und Minderheitensprachen stärken und die Vielfalt auf allen Ebenen fördern soll.

Der zweite Themenkomplex der Initiative betrifft die EU-Regionalpolitik. Dort heißt es zunächst: „Die gemeinsamen Bestimmungen für die regionalen Fördermittel sollen dahingehend angepasst werden, dass Minderheitenschutz und Förderung kultureller und sprachlicher Vielfalt als thematische Ziele einbezogen werden.“ Viele nationale Minderheiten sind mit ihrer Region stark verwurzelt, dementsprechend sollen Projekte begünstigt werden, „die Pluralismus stimulieren und nationalen Minderheiten im Interesse der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung und der Stärkung des territorialen Zusammenhalts zu Gute kommen.“ Auch soll das Rahmenprogramm für Forschung und Innovation „Horizont 2020“ den „Beitrag der nationalen Minderheiten sowie der kulturellen und sprachlichen Vielfalt, in Hinblick auf den demografischen Wandel, die grenz-überschreitenden, wirtschaftlichen und soziale Entwicklungen sowie deren Bedeutung für die Regionen Europas einbeziehen.“

Im dritten Teil, der Partizipation, wird gefordert, die unterschiedlichen Regelungen der Mitgliedsstaaten zur Wahl der Abgeordneten ins Europäische Parlament zu überprüfen sowie einen Vorschlag zu unterbreiten, der die Anliegen von Bürgern, die einer Minderheit angehören, besser berücksichtigt. Im Bereich Gleichstellung soll eine zu entwerfende Richtlinie Maßnahmen zur Förderung der Gleichberechtigung beinhalten und die Mitgliedsstaaten verpflichten, positive Maßnahmen zu ermöglichen. Darüber hinaus soll diese auf die grundlegende Gleichheit von Minderheitenangehörigen hinwirken sowie angemessene Vorkehrungen gegen Diskriminierung schaffen. Eine annähernde Gleichstellung soll auch staatenlosen Minderheiten in der Europäischen Union zukommen, die häufig marginalisiert werden und denen der Zugang zu Bildung, zum Gesundheitswesen sowie zur Sozialhilfe verweigert wird, was besonders oft Roma trifft.

Im Bereich der audiovisuellen Medien fordert die Initiative die Einführung eines einheitlichen europäischen Urheberrechts, „wodurch die ganze Union als ein Binnenmarkt für Urheberrechte betrachtet wird.“ Diese Lösung würde zur Beseitigung bestehender Lizenzbarrieren innerhalb der Union führen und den Angehörigen nationaler Minderheiten den Zugang zu medialen Inhalten in gleicher Weise ermöglichen, wie Bürgern von Mitgliedsstaaten, in denen die Dienstleistung angeboten wird. Außerdem fordert die Initiative eine Änderung der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste, mit dem Ergebnis, „dass freie Dienstleistung und freier Empfang von audiovisuellen Inhalten in den Regionen mit nationalen Minderheiten zugänglich sind.“

Der abschließende Punkt der Initiative behandelt die regionale und staatliche Unterstützung für Minderheiten. Dabei wird gefordert, dass Gruppenfreistellungen für Vorhaben, die Minderheiten und ihre Kulturen fördern, ermöglicht werden. Gruppenfreistellungen wurden in einigen Wirtschaftszweigen für Beihilfen eingeführt und befreien die Mitgliedsstaaten von ihrer Mitteilungspflicht an die Kommission, wenn die Auflagen zu ihrer Vergabe erfüllt sind. Diese Freistellung gilt bisher u. a. für den Bereich „Kultur und der Erhaltung des kulturellen Erbes”, soll aber, nach Forderung der Initiative, auch auf Vorhaben, die Minderheiten und ihre Kulturen sowie Sprache und regionale Vielfalt fördern, erweitert werden.
Der ausführliche Forderungskatalog ist ebenfalls unter www.minority-safepack.eu abrufbar. Die Initiative kann jeder EU-Bürger über 18 Jahren bzw. österreichische Staatsbürger über 16 Jahren bis zum 2. April 2018 unterzeichnen. Um sie der Europäischen Kommission vorzulegen, müssen eine Million Unterschriften in mindestens 7 der 28 EU-Mitgliedstaaten gesammelt werden.