„Gott will mich hier“

Radu Carp veröffentlicht einen Band mit Interviews mit Eginald Schlattner

Ein ungewöhnliches Ereignis fand in der vergangenen Woche in der Buchhandlung „Sophia“ in Bukarest statt. In diesem Buchladen der orthodoxen Kirche am Fuße des Patriarchatshügels wurde erstmals ein Buch über einen evangelischen Pfarrer vorgestellt. Es handelt sich um eine Reihe von Interviews mit dem Titel „Dumnezeu mă vrea aici“, die ein Bukarester Politikwissenschaftler und Uni-Professor namens Radu Carp mit dem bekannten siebenbürgischen Schriftsteller und Pfarrer Eginald Schlattner in rumänischer Sprache geführt und nun als Buch herausgebracht hat. Zugegen war der Leiter des Verlags „Lumea Credinței“, Răzvan Bucuroiu, der anfangs Bedenken hatte, ob so ein Buch überhaupt Leser finden würde. Dem widersprach der beliebte orthodoxe Pfarrer Petru Moga aus Câmpina, der aus Fogarasch stammt und ein großer Anhänger seines sächsischen Landsmanns ist, den er nie getroffen hat. Er hat die Romane gelesen und die Verfilmungen des Regisseurs Radu Gabreas gesehen, durch dieses Buch jedoch entdeckte er den Menschen und Theologen Schlattner und war tief beeindruckt. Was ihn erschütterte, war die Tatsache, dass man, als Rumäne und Sachse, nebeneinander lebt und doch so wenig weiß von Geschichte, Kultur, Religion und Lebensweise dieses sächsischen „Nachbarn“. Man ist fest überzeugt, dass die Orthodoxie die richtige Religion ist und entdeckt verwundert, dass auch Anhänger anderer Glaubensrichtungen den Weg zu Gott suchen und finden, wie das der evangelische Pfarrer Eginald Schlattner aus Rothberg getan hat.

Der Autor des Buches, Prof. Radu Carp, ist viel mehr als nur ein Universitätsprofessor: Er ist ein bekannter Wissenschaftler und Mitglied vieler internationaler Gremien aus mehr als zehn Ländern. Seine Interessengebiete umfassen auch Probleme europäischer Minderheiten und Glaubensrichtungen. Kein Wunder, dass er auf Eginald Schlattner stieß, den er schon lange kennt, desgleichen dessen Bücher, Verfilmungen und alles, was über ihn geschrieben wurde. Er hatte das Empfinden, dass Eginald Schlattner als Mensch hinter Geschichte, Ortsangaben und literarischem Werk verschwindet und sein inneres Leben unbekannt bleibt. Es war nicht einfach, ihn für ein ausführliches Gespräch zu gewinnen, alles musste gut durchdacht werden. Doch in dieser Art, so offen und ehrlich, gab es hierzulande kaum noch ein Buch über die Geschichte und das Schicksal der Siebenbürger Sachsen im Lauf der Zeiten, und dazu noch in rumänischer Sprache! Es scheint, als ob Eginald Schlattner, der bei der Buchvorstellung nicht anwesend war, schon lange auf solche Fragen gewartet hatte. Und Prof. Radu Carp gelingt es, einfühlsam die „zweite Geige“ zu spielen, die richtigen Fragen zu stellen und als Außenstehender die nötige Distanz zu den Dingen zu bewahren. Ein erstes Echo in Bukarest beweist es: Er hat ein bemerkenswertes Buch geschrieben!