Größte Universitätsbibliothek in Westrumänien

Die Rolle der Bibliothek in der Internet-Ära

Die Universitätsbibliothek umfasst mehrere Tausend deutschsprachige Bücher aus dem Bereich der Geisteswissenschaften aus den 1990er Jahren bis in die Gegenwart sowie aus dem Bereich Theaterwissenschaften. Unterstützung erhielt die Bibliothek von verschiedenen Institutionen, unter anderem vom Deutschen Konsulat, dem DAAD und der Herder-Stiftung.

Bei einer szenischen Lesung aus Jan Lauwers „Isabellas Zimmer“ mit Studenten der Temeswarer Schauspielabteilung unter der künstlerischen Leitung von Eleonora Ringler-Pascu und Daniela Magiaru.
Fotos: Uni-Bibliothek

„Der klassische Sinn einer Bibliothek ist nach wie vor die Informationsvermittlung“, so Dozent Dr. Vasile Docea, Leiter der Zentralen Universitätsbibliothek „Eugen Todoran“ (BCUT) in Temeswar/Timişoara. Die Informationsvermittlung erfolge auf waagrechter und senkrechter Ebene. Die erste, so der Bibliotheksdirektor, erleichtere den Zugang zu den bisher veröffentlichten Büchern und Zeitschriften und verbreite neue Inhalte, um Wissen zu vermitteln. Die senkrechte Informationsvermittlung sei hingegen eine Wissensakkumulation im Laufe der Zeit sowie die Weitergabe dieses Wissens an künftige Lesergenerationen. Diesbezüglich verweist Docea auf die bedeutende Rolle der Bibliothek, die das Speichern und die Verbreitung der wissenschaftlichen Kenntnisse ermögliche, wobei die Universitätsbibliothek in diesem Sinne eine besondere Rolle einnehme. „Das Prestige einer Bibliothek entscheidet sich durch ihre Größe und die Qualität ihrer Büchersammlungen“, betont der Dozent, denn: je reicher eine Sammlung, desto wertvoller der Bestand.

Die vermeintliche Bedrohung der Bibliothek durch das Internet bereitet Docea kein Kopfzerbrechen – selbst wenn manche der Meinung seien, dass Bibliotheken derzeit keine besondere Rolle mehr spielen, da man im Internet ohnehin sämtliche Informationen finden könne. Diese Auffassung schreibt der Hochschullehrer indessen jenen zu, die „die Bedeutung einer Bibliothek schwer einschätzen können, entweder weil sie bisher keine besucht haben, oder weil sie ihre eigenen Ressourcen und Grenzen nicht genügend erforscht haben“. Er nennt in diesem Zusammenhang auch die Buchhandlungen, die trotz der „explosiven Expansion“ des Internets nicht verschwunden seien. Auch könne man nicht alles, was eine Bibliothek zu bieten habe, im Internet finden – beispielsweise zahlreiche Bücher, Zeitschriften und Manuskripte, die nicht im elektronischen Format zugänglich seien.

Die Bibliothek fördert Wissen

Die Zentrale Universitätsbibliothek „Eugen Todoran“ wurde 1992 durch eine Ministerverordnung gegründet und baute damit auf die bisherige Bibliothek der West-Universität in Temeswar/Timişoara auf. Die Anfänge der BCUT sind indessen auch mit dem Pädagogischen Institut verbunden, welches von 1948 bis 1962 in Temeswar bestand. Die 1948 begründete Kernbibliothek hat sich danach ständig weiterentwickelt, bis sie 1992 in Größe und Bedeutung schließlich die Kriterien einer zentralen Universitätsbibliothek erfüllte, erläutert Docea. „Als zentrale Universitätsbibliothek beliefert sie das gesamte Universitätszentrum, also alle Universitäten in Temeswar, mit Informationen“, so der Dozent. Die BCUT unterstehe direkt dem Ministerium für Bildung und wissenschaftliche Forschung. Auch bestünden zwischen der „Eugen Todoran“-Bibliothek und der Temeswarer West-Universität engste Beziehungen, erläutert der Bibliotheksleiter. Mit einem Bestand von über einer Million Publikationen, davon unter anderem Bücher, Zeitschriften, Dokumente, Postkarten und Neue Medien, ist die BCUT die größte Bibliothek in der Westregion. Nicht zuletzt gehört sie neben den Universitätsbibliotheken in Bukarest, Klausenburg/Cluj-Napoca und Jassy/Iaşi zu den wenigen derartigen Einrichtungen in Rumänien.

Außer den Publikationen im Printformat haben die Nutzer Zugang zu ungefähr 50.000 Zeitschriften, darunter auch akademische Veröffentlichungen weltweit. Für die Abos dieser Zeitschriften zahlt die Universitätsbibliothek jährlich 10.000 Euro, wobei allein auf die akademischen Publikationen die Hälfte entfällt. „Was die elektronischen Zeitschriften betrifft, gibt es den besonderen Vorteil, dass wir diesen über ANELIS PLUS, den Nationalen Verband für den Zugang zur Elektronischen Wissenschaftlichen Literatur, abwickeln“, so Docea. ANELIS PLUS zählt 88 Mitglieder, darunter Universitäten, Forschungs- und Entwicklungsinstitute und die vier landesweiten zentralen Universitätsbibliotheken. Die Mitglieder des Vereins entrichten etwa 25 Prozent der Abokosten an die elektronischen Datenbanken selbst, während die verbleibenden 75 Prozent vom Bildungsministerium übernommen werden. Dies, so der Bibliotheksdirektor, sei für die BCUT sehr vorteilhaft: „Heutzutage ist es unmöglich vorstellbar, ohne diese wissenschaftliche Literatur Forschung betreiben zu können – die Qualität der wissenschaftlichen Forschung hätte sonst sehr zu leiden“, betont Docea.

Die Universitätsbibliothek – eine lebendige Einrichtung

Eine Initiative des Bibliotheksleiters ist die Herausgabe einer Fachpublikation für die „Eugen Todoran“-Universitätsbibliothek: „Lecturn“. Eine der Lesekultur und -zivilisation gewidmete Publikation, die im Großen und Ganzen als eine Kulturzeitschrift betrachtet werden könne, so der Dozent. „Lecturn“ erscheint seit zwei Jahren einmal pro Quartal und wird unentgeltlich vertrieben. Jede Nummer enthält eine wissenschaftliche Studie und mehrere Beiträge zu verschiedenen Themen: Lektüre, Bücher, Literaturgeschichte und zudem zahlreiche Rezensionen (Besprechungen, Buchvorstellungen). Außerdem ist die Zeitschrift reichhaltig illustriert, und sie enthält eine Bildrevue über die wöchentlich in der BCUT organisierten Kulturveranstaltungen.

Ein reichhaltiges Kulturprogramm mit Vorträgen, Buchvorstellungen und Konzerten rundet die Aktivitäten der Universitätsbibliothek ab. Veranstaltungen, die bereits zur Tradition geworden sind, wie etwa Filmvorführungen, „Der literarische Samowar“ und das Projekt „Theater in der Bibliothek“ finden in der Bibliotheksaula statt. Diese kulturellen Ereignisse werden gemeinsam mit verschiedenen örtlichen Kultur- und Bildungseinrichtungen organisiert, wie etwa dem Förderverein für den „Literarischen Samowar“ und der Rumänischen und der Deutschen Schauspielabteilung an der Musik- und Schauspielhochschule der West-Universität Temeswar. Zuständig für die Zusammenarbeit mit der Schauspielabteilung ist die Universitätsprofessorin Dr. Eleonora Ringler-Pascu.

Die Universitätsbibliothek umfasst mehrere Tausend deutschsprachige Bücher aus dem Bereich der Geisteswissenschaften aus den 1990er Jahren bis in die Gegenwart sowie aus dem Bereich Theaterwissenschaften. Unterstützung erhielt die Bibliothek von verschiedenen Institutionen, unter anderem vom Deutschen Konsulat, dem DAAD und der Herder-Stiftung.